Urteil des Schiedsgerichts Poker um TV-Bundesligarechte startet neu
Die im Streit mit DAZN im Frühjahr gestoppte Übertragungsrechte-Auktion für die Fußball-Bundesliga muss neu gestartet werden. Das hat ein Schiedsgericht entschieden. Was heißt das für Fans und Streaminganbieter?
Nach einem Schiedsgerichtsurteil muss die Deutsche Fußball-Liga (DFL) die Auktion der TV-Bundesligarechte neu starten. Das teilten der Verband und der Streaming-Anbieter DAZN mit. Es geht um insgesamt 15 TV-Pakete, die an die meistbietenden Sender vergeben werden sollen.
Warum wird die Auktion neu gestartet?
DAZN hatte für das begehrteste und teuerste "Rechtepaket B" für die 196 Erstliga-Spiele am Freitagabend und Samstagnachmittag so viel mehr geboten als die Konkurrenz von Sky, dass das Portal nach den geltenden Regeln sofort den Zuschlag hätte erhalten müssen. Doch die DFL forderte Bankgarantien für die Summe, die DAZN nicht schnell genug liefern konnte. Der Ligaverband erteilte deshalb Sky den Zuschlag für die Live-Spiele.
DAZN monierte eine Ungleichbehandlung mit anderen Bewerbern und rief daraufhin das Schiedsgericht an. Die DFL legte die Ausschreibungen für die weiteren Rechtepakete Mitte April auf Eis. "DAZN ist erfreut, dass das Gericht zu unseren Gunsten entschieden hat", hieß es vom Unternehmen, das zur Investmentfirma Access Industries des Milliardärs Len Blavatnik gehört. Bei einer anderen Entscheidung des Schiedsgerichts hätte ein langwieriger Rechtsstreit gedroht, der die Einnahmen der 36 Erst- und Zweitliga-Klubs gefährdet hätte.
Wie haben die DFL und Sky reagiert?
Die DFL wollte sich inhaltlich nicht zu der Entscheidung äußern. Intern wertet sie den Spruch nach SID-Informationen als "Unentschieden", weil DAZN nicht direkt das fragliche Paket zugesprochen wurde. Wie die anderen Parteien will wohl auch Sky den Spruch akzeptieren. "Wir nehmen die Entscheidung des Schiedsgerichts zur Kenntnis", ließ der Sender wissen: "Wir sind sehr gut aufgestellt für die Medienrechte-Vergabe und zuversichtlich, unseren Zuschauern weiterhin das beste Bundesliga-Erlebnis bieten zu können und der führende Sport-Anbieter zu bleiben."
Was bedeutet das für die Fans?
Durch die Verzögerung der Auktion wissen die Fans erst verspätet, welche Abonnements sie für die Spiele in der kommenden Spielzeit benötigen. Theoretisch kann es sein, dass zukünftig nur noch ein Vertrag notwendig ist. Möglich ist aber weiterhin auch, dass ab 2025 mehr als zwei Abonnements nötig sind. Doch nicht nur in Bezug auf das Live-Rechte-Duell ist für Spannung gesorgt.
Je nach dem Ausgang der Auktion müssen die Zuschauer ab 2025/26 auf Zusammenfassungen der Spiele im frei empfangbaren Fernsehen am Samstag womöglich länger warten. Die DFL hat die Highlight-Rechte in zwei Varianten ausgeschrieben: entweder für einen Beginn der Bundesliga-Sendung am Samstag ab 18.30 Uhr - wie bisher in der ARD-"Sportschau" - oder erst ab 19.15 Uhr.
Für die aktuelle Saison der Fußball-Bundesliga hat die Verzögerung derweil zunächst einmal keine Folgen. Die Verträge der Fußballfans mit Sky und/oder DAZN gelten weiter.
Was passiert nun konkret?
Die DFL nimmt die Rechtevergabe für die vier Spielzeiten von 2025/26 bis 2028/29 wieder auf. Wann und wie, werde "nach weiterer inhaltlicher Abstimmung im DFL-Präsidium entschieden", teilte sie mit. Das Bundeskartellamt hatte der DFL nach acht Jahren wieder erlaubt, die Pay-TV-Rechte an einen einzigen Bieter zu vergeben. Umso bedeutender ist der Zuschlag für das wichtigste Rechtepaket.
Genau an der Vergabe dieses Pakets B hatte sich der Streit zwischen der DFL und DAZN entzündet. Es enthält die Spiele am Samstag um 15.30 Uhr und am Freitagabend sowie die Relegations-Partien. Das sind insgesamt 196 Live-Spiele. Die DFL beginnt den abgebrochenen Prozess der Auktion um dieses bereits vergebene Paket jetzt ganz von vorne, es kommt also neu auf den Markt.
Warum ist das Paket so wertvoll und welche sind noch wichtig?
Bisher stammen mehr als 80 Prozent der Einnahmen von durchschnittlich rund 1,1 Milliarden Euro pro Saison aus der Vermarktung des Bezahl-Bereichs - und dieses Verhältnis zum Free-TV dürfte sich auch nach der neuen Auktion kaum ändern. B ist dabei das größte Pay-Paket und dürfte damit auch den größten Anteil an den Gesamteinnahmen haben.
Wertvoll sind auch die Pakete A, C und D. Sie beinhalten weitere Pay-TV-Rechte für die Live-Übertragungen der 1. Liga: A enthält die Konferenzen. C ist das Paket mit den Topspielen am Samstag um 18.30 Uhr und dem Supercup. Es ist zwar das Kleinste mit 34 Partien, dank der Top-Spiele aber sehr begehrt. Das Paket D umfasst die Sonntagsspiele und enthält bei insgesamt 79 Live-Spielen die Möglichkeit, auch mehrmals Partien im Free-TV zu zeigen.
Welche Folgen hat der Neustart für die Auktion?
Sky und DAZN wissen nun, wie viel dem Konkurrenten das Paket B wert ist. Das gab es noch nie. DAZN hatte nach dpa-Informationen rund 400 Millionen Euro jährlich für das Paket B geboten - also rund 1,6 Milliarden Euro für die vierjährige Rechteperiode. Über diesen Zeitraum von vier Spielzeiten gerechnet soll das Angebot sogar rund 320 Millionen Euro über dem der Konkurrenz gelegen haben. Diese Zahlen dürften vor allem Sky bei der Berechnung eines neuen Angebots helfen. DAZN weiß dagegen nun, dass eine Bankbürgschaft notwendig ist und kann rechtzeitig alle formalen Voraussetzungen erfüllen, um mit einem höheren Angebot zum Erfolg zu kommen.
"Die Wiederholung derselben Bieterrunde hat es noch nie gegeben", sagte der Sportmarketing-Experte Marco Klewenhagen. Der Geschäftsführer des Unternehmens SpoBis erklärte: "DAZN und Sky wissen jetzt voneinander, was der jeweils andere bereit war, zu bieten. Das ist wie Pokern, wo die Hälfte der Karten des anderen offen auf dem Tisch liegen." Das deutlich höhere Angebot von DAZN lasse sich auch dahingehend interpretieren, dass das Unternehmen sehr willens ist, strategische Investitionen zu tätigen, um sich in Deutschland zu etablieren und gleichzeitig den direkten und stärksten Konkurrenten vom Markt zu drängen.
Was bedeutet das für die DFL?
Die DFL sah beim Abbruch der Auktion nicht gut aus. Das Schiedsgericht bemerkte einen Verfahrensfehler und hat der "Klage gegen die Vergabe des Rechtepakets B in der Medienrechte-Ausschreibung für die Saisons 2025/26 bis 2028/29 teilweise stattgegeben", wie es die Liga formuliert. Der Neustart könnte sich nun aber für die Liga auszahlen. Da die Konkurrenten bei der erneuten Auktion wohl mehr bieten werden als beim ersten Mal, könnte die Liga höhere Einnahmen erzielen, als sie es im ersten Versuch getan hätte.
Gibt es noch weitere Pakete?
Ja. Im Bezahl-Bereich bietet die DFL darüber hinaus 275 Spiele der 2. Liga an. Dazu gehören auch 98 Konferenzen. Im Free-TV sind die Zusammenfassungen am Samstag, die derzeit in der "Sportschau" laufen, das wertvollste Paket. Für das frei empfangbare Fernsehen gibt es nur ein kleines Live-Angebot. Das Paket E enthält drei Erstliga-Spiele, eine Zweitliga-Partie, die Relegation mit vier Begegnungen und den Supercup. Die 33 Partien am Samstagabend aus Paket G könnten - so wie derzeit bei Sky und Sport1 - auch zukünftig parallel im Free- und im Pay-TV übertragen werden. Außerdem verkauft die DFL sechs weitere Highlight-Rechtepakete für frei zugängliche Sender. Weitere Rechtepakte gibt es für Audio und digitale Außenwerbung.