Tesla-Aktie im KI-Rausch Was ist der Super-Computer Dojo wirklich wert?
Mit dem Super-Computer Dojo setzt Elon Musk voll auf den KI-Trend. Nur ein geschicktes Ablenkungsmanöver von den Tesla-Problemen - oder wirklich das nächste große Ding der Autobranche?
Das Jahr 2023 läuft für Tesla und Elon Musk nahezu perfekt. Nachdem er Ende vergangenen Jahres seinen Spitzenplatz im Bloomberg-Milliardärsranking kurzzeitig verloren hatte, liegt Musk nun mit einem Vermögen von über 200 Milliarden Dollar wieder ganz vorne. Das hat er auch dem guten Lauf der Tesla-Aktie zu verdanken, die ihren Wert in diesem Jahr bereits verdoppelt hat. Der Börsenwert von Tesla liegt aktuell bei über 800 Milliarden Dollar.
60 Prozent Kurspotenzial für Tesla-Aktie?
Doch ginge es nach den Experten von Morgan Stanley, ist da noch viel mehr drin: Der renommierte Analyst Adam Jonas sieht ein Kurspotenzial von 60 Prozent für die Aktie, der Tesla-Konzern könne seine Marktkapitalisierung um bis zu 500 Milliarden Dollar steigern.
Möglich machen soll das der Tesla-Super-Computer Dojo. Der für das Training künstlicher Intelligenzen (KI) für selbstfahrende Autos entwickelte Rechner verschaffe dem Unternehmen einen "asymmetrischen Vorteil" gegenüber der Konkurrenz in einem Markt, der potenziell zehn Billionen Dollar wert ist, schwärmt Jonas. Robotaxis und Netzwerkdienste könnten mit dieser Technologie schneller Marktreife erlangen.
Was Musk mit dem "Biest" Dojo vor hat
Doch was ist der Dojo, was kann er - und ist die Fabel-Prognose von Morgan Stanley gerechtfertigt? Viel ist über Dojo bislang nicht bekannt. Dem im Juni veröffentlichten Geschäftsbericht von Tesla zufolge soll er aber schon Anfang 2024 einer der fünf leistungsstärksten Super-Computer der Welt sein. Ende 2024 soll er bereits 100 Exaflops bewerkstelligen können. Ein Exaflop entspricht einer Trillion Berechnungen pro Sekunde. Zur Einordnung: Eine Trillion ist eine Eins mit 18 Nullen.
Musk selbst hatte das Projekt erstmals 2019 bei Twitter erwähnt, bezeichnete den Super-Computer damals als "Biest". Der Tesla-Chef wird seither nicht müde zu betonen, dass der Dojo dem Unternehmen einen gewaltigen Vorsprung bei KI und Selbstfahrtechnologie verschafft, spricht sogar von einem "Quantensprung" hinsichtlich vollständig autonomen Fahrens. Erst im Juli dieses Jahres kündigte Musk an, bis Ende 2024 mehr als eine Milliarde Dollar in das Projekt zu investieren.
"Die Grundidee von Elon Musk ist sehr überzeugend: Es geht darum, Zusatzleistungen und damit eine weitere potenzielle Einnahmequelle für die Zukunft zu schaffen, die über den reinen Autoverkauf hinausgeht", erklärt Auto-Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler im Gespräch mit tagesschau.de. "Wie leistungsfähig der Dojo tatsächlich einmal sein wird und ob der Kunde da mitmachen wird, das kann man aktuell aber nicht sagen."
Die großen Versprechen des Herrn Musk
Eine gewisse Skepsis scheint angebracht, schließlich ist Musk bekannt dafür, die Anlegerinnen und Anleger mit großen Zukunftsversprechen zu locken. Versprechen, die er nicht immer einhalten kann. So versprach der Tesla-CEO schon im Jahr 2015, es werde maximal noch zwei Jahre dauern, bis ein Tesla mit einer Akkuladung mehr als 1.000 Kilometer zurücklegen könne. Bis heute gibt es kein Tesla-Modell mit einer Reichweite von 1.000 Kilometern.
Anfang 2017 sicherte Musk den Investoren dann zu, es werde nur noch drei bis sechs Monate dauern, bis Teslas Autopilot auf einen menschlichen Fahrer nicht mehr angewiesen sei. Bis heute gibt es kein Tesla-Modell, das sich wirklich autonom fortbewegt.
Auch Auto-Experte Pieper ist zurückhaltend, warnt mit Blick auf den Dojo vor zu viel Euphorie. Schließlich sei Tesla "eine unglaubliche Marketing-Maschine". "Musk muss die sehr hohe Bewertung seines Unternehmens füttern mit solchen superpositiven Aussagen. Dabei schießt er schon einmal übers Ziel hinaus." Seinen Aussagen sollten Investoren daher nicht uneingeschränkt vertrauen. Eine gute Portion Skepsis sei durchaus angebracht.
Dojo-Fokus als Ablenkungsmanöver?
Zumal Tesla derzeit mit einigen Problemen zu kämpfen hat: Der Elektroauto-Pionier hat zunehmend Schwierigkeiten, seine Auslieferungen wie geplant um 50 Prozent zu steigern. Die wiederholten Preissenkungen dürften zudem die Gewinnmargen belasten. Die Aufmerksamkeit der Märkte auf das Trend-Thema KI zu lenken, ist in einer solchen Situation ein geschickter Schachzug.
Doch wie sieht es eigentlich bei den deutschen Autokonzernen in puncto KI aus? Analyst Pieper sieht hier aktuell die größten Nachteile für die deutschen Autobauer, diese liefen der Entwicklung hinterher. "Selbst die Chinesen bieten Autos an, die von ihrer IT-Leistung her besser sind."
Musk treibt deutsche Autokonzerne vor sich her
Bei aller Skepsis, die gegenüber den vollmundigen Versprechungen von Musk angebracht ist, drohen Mercedes-Benz, BMW und VW somit schon wieder, abgehängt zu werden. Und wieder einmal ist es der Tesla-Chef, der die Branche vor sich hertreibt. Ist Musk ein PR-Profi in eigener Sache, der durchaus zu Übertreibungen neigt? Keine Frage. Doch den Dojo und die Ziele, die Musk damit verfolgt, als Phantastereien abzutun, wäre wohl ebenso gewiss ein Fehler.