Starlink-Satelliten Wie Elon Musk das Internet regiert
Ob in der Ukraine oder im Iran: Der Satelliten-Internetdienst Starlink von Elon Musk hat das Zeug dazu, den Gang der Geschichte zu verändern. Experten sehen diese Machtkonzentration zunehmend kritisch.
Das Internet ist eine mächtige Waffe. Die Obrigkeiten im Iran wissen das - weshalb sie nach dem Ausbruch der landesweiten Proteste das Internet im Land stark eingeschränkt haben. Doch nun sind Medienberichten zufolge die ersten Terminals für den Satelliten-Internetdienst Starlink im Iran aufgetaucht.
Ortswechsel. Ukraine: Für das ukrainische Militär ist Starlink seit Kriegsbeginn das zentrale Kommunikationsmittel. Bereits Ende Februar hatte Tech-Milliardär Elon Musk seinen Starlink-Dienst in der Ukraine aktiviert und später die nötigen Empfangsanlagen geliefert.
Ortswechsel. Deutschland: Vergangene Woche kündigte der Kreis Euskirchen an, für alle Kommunen Starlink-Systeme als Notfall-Kommunikationsmittel anzuschaffen. Nach der Hochwasserkatastrophe 2021 hatte Musk in einer Nacht- und Nebel-Aktion leihweise 50 Empfangsanlagen für seinen Satelliten-Internetdienst in die Katastrophenregion geschickt.
Tweet von Elons Bruder Kimbal Musk: Wladimir und Vitali Klitschko posieren vor Starlink-Empfängern
Mächtiger Milliardär Musk
Diese drei Beispiele zeigen: Schnelles Internet kann den Gang der Geschichte potenziell entscheidend verändern. Wer darüber bestimmt, wer wo wann Internet bekommt, hat eine große Verantwortung - und eine schier grenzenlose Macht.
Nun verhält es sich aber so, dass die größte Satelliten-Flotte im Erdorbit nicht von einer womöglich regulierten staatlichen Organisation betrieben wird, sondern von einer Privatperson: Musk ist nicht nur der derzeit reichste Mensch auf Erden, sondern auch Gründer und Chef des privaten Raumfahrtunternehmens SpaceX. Starlink ist ein Tochterunternehmen von SpaceX.
Stand heute befinden sich 3176 Starlink-Satelliten in der erdnahen Umlaufbahn, von denen aktuell 3131 arbeiten, wie der Harvard-Astronom und -Astrophysiker Jonathan McDowell auf seiner privaten Website aufführt.
Teures Internet für die Ukraine
Schnelles Internet in allen Winkeln der Erde ermöglichen - das ist das erklärte Ziel von Starlink. Doch das High-Speed-Internet aus dem All ist teuer. Starlink verliert nach eigenen Angaben immer noch viel Geld.
Laut einem Brief von SpaceX, aus dem der US-Fernsehsender CNN zitierte, kostet allein der Betrieb in der Ukraine bis Ende des Jahres mehr als 120 Millionen Dollar. In den kommenden zwölf Monaten seien es fast 400 Millionen Dollar. Vor diesem Hintergrund kündigte Musk vergangene Woche zunächst an, Starlink in der Ukraine nicht auf "unbestimmte Zeit" zu finanzieren, das Pentagon solle bitte künftig die Rechnung übernehmen.
Die Wankelmütigkeit des Herrn Musk
Doch am Samstagabend vollzog der Tesla-Chef dann auf Twitter die Kehrtwende: "Zum Teufel damit... Obwohl Starlink immer noch Geld verliert und andere Unternehmen Milliarden von Steuergeldern erhalten, werden wir die ukrainische Regierung weiter kostenlos unterstützen."
Musk ist bekannt für seine Launen und seine Wankelmütigkeit, das Hin und Her um die Twitter-Übernahme ist dabei nur eines von vielen Beispielen. Doch die Machtkonzentration in den Händen eines unberechenbaren Milliardärs ist nicht der einzige Punkt, den Experten an Starlink kritisieren.
Horror-Szenario Kessler-Syndrom
Forscher weisen auch darauf hin, dass Starlink seine Satelliten vorwiegend auf niedrigen Umlaufbahnen im "Low Earth Orbit" (LEO) platziert. Das könnte zum berühmt-berüchtigten Kessler-Syndrom führen.
Der NASA-Wissenschaftler Donald Kessler sagte bereits 1978 eine Kettenreaktion durch die wachsende Zahl an Objekten in erdnahen Umlaufbahnen voraus. Zusammenstöße würden dadurch unvermeidlich, die Trümmer würden wiederum erneut miteinander kollidieren, am Ende würde eine Schrottwolke das gesamte erdnahe All ausfüllen. Raumflüge oder der Betrieb von Satelliten wären dann nicht mehr möglich.
Zudem verglühen LEO-Satelliten bereits nach fünf bis sieben Jahren in der Atmosphäre. Welche Auswirkungen das auf die Erdatmosphäre hat, ist noch nicht ganz klar. Auch die zahlreichen Raketenstarts werden unter Umweltgesichtspunkten kritisiert.
Auch Amazon-Gründer Jeff Bezos hat Satelliten-Pläne
Hinzu kommt: Nicht nur Tesla- und SpaceX-Chef Musk ist vom All besessen. Jeff Bezos, Gründer des E-Commerce-Giganten Amazon und des Raumfahrtunternehmens Blue Origin, ist ein Bruder im Geiste. Amazon startet Anfang nächsten Jahres die ersten beiden Prototypen seiner Kuiper-Internetsatelliten, wie das Unternehmen vergangene Woche bekanntgab. Insgesamt sollen einmal 3236 Kuiper-Satelliten die Erde umkreisen.
Der erdnahe Orbit könnte demnächst also noch mehr "verstopfen". Und der eine Milliardär müsste zumindest einen kleinen Teil seiner Macht über das erd- und mobilfunkunabhängige Internet künftig womöglich mit einem anderen Milliardär teilen.