Rettungsschirm EFSF wird zwei Jahre alt Die Feuerwehr im Euro-Rettungs-Chaos
Vor zwei Jahren wurde die EFSF gegründet - als Rettungsschirm für kriselnde EU-Staaten. Ursprünglich war die Hoffnung, dass sie nie zum Einsatz kommt. Aber mittlerweile muss die EFSF drei Hilfsprogramme finanzieren. Und wenigstens das hat tadellos geklappt - so die Bilanz ihres Chefs Regling.
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Am Anfang stand eine dramatische Nachtsitzung der Euro-Finanzminister. Das war Anfang Mai 2010. Die Finanzmärkte spielten zum ersten Mal so richtig verrückt, die Partnerstaaten mussten Griechenland mit bilateralen Notkrediten vor der Pleite bewahren.
Die Minister beschlossen da etwas, was in der Währungsunion bewusst nicht vorgesehen war: Einen Rettungsschirm für eventuelle weitere Wackelkandidaten. Ausgestattet wurde er mit Garantien der Euro-Staaten in Höhe von 440 Milliarden Euro. Eine ungeheure Summe - so dachte damals auch Thomas de Maizière, der den erkrankten Finanzminister Wolfgang Schäuble vertrat. "Die hohe Summe dient dazu, dass, wie man jetzt vielleicht so schön sagt, Ruhe in den Karton kommt", sagte de Maizière.
Keine Zeit zum Überlegen
Wenig später erreichte den Finanzfachmann und langjährigen Spitzenbeamten in Bonn und Brüssel Klaus Regling ein Anruf: ob er denn nicht Geschäftsführer dieser neuen auf drei Jahre befristeten Institution mit Sitz in Luxemburg werden wolle. Zeit, sich die Sache zu überlegen, bekam der damals 59-Jährige nicht.
Zwei Jahre später kommt Regling zwischen zwei Brüsseler Terminen zum Bilanz-Interview. Er kommt zu Fuß. Abgehoben hat er nicht, Europas oberster Feuerwehrmann. Und er blickt zurück auf die Tage und Wochen, als alles anfing: "Es gab nichts: es gab keine Telefonnummer, es gab keine E-Mail-Adresse, es gab keine Büroräume, es gab keine Mitarbeiter."
Ein Name, den sich keiner merken kann
Was es aber gab: einen Namen, den sich keiner merken kann. Europäische Finanzstabilisierungsfaszilität - die EFSF. Ein Name, so verdruckst wie die Konstruktion: eine Zweckgesellschaft nach luxemburgischen Recht. Als wollte man sagen, so etwas dürfte es eigentlich gar nicht geben. Regling erinnert sich: "Die Hoffnung war natürlich, dass die EFSF gar nicht eingesetzt werden muss."
Regling hat dann im Feuerwehrtempo die Institution, die nie zum Einsatz kommen sollte, aufgebaut. Groß ist sie mit heute 30 Mitarbeitern immer noch nicht. Regling hat sie den Rating-Agenturen vorgestellt, damit sie die höchste Bonitätsnote ziehen. Er hat sie potentiellen Investoren in aller Welt schmackhaft gemacht, damit sie bereit standen, im Falle des Falles die Anleihen der EFSF zu kaufen - zu möglichst niedrigen Zinsen.
Gerade rechtzeitig war Regling damit fertig - noch bevor sich erwies, dass doch keine Ruhe im Karton war. Irland musste Ende 2010 die Weiße Fahne hissen. Die EFSF, so beschlossen die Finanzminister, musste 22 Milliarden Euro zum Notkreditprogramm beisteuern. Im Januar 2011 platzierte Reglings Truppe ihre erste Anleihe auf dem Markt. "Das war ein riesiger Erfolg, neunfach überzeichnet, wohl einer der ins Guiness-Buch der Rekorde eingehen könnte, wir haben aber noch nicht den Antrag gestellt", meint er heute.
Die Finanzierungsmaschine läuft wie geschmiert
Seitdem geht es Schlag auf Schlag. Im Frühjahr 2011 flüchtete auch Portugal unter den Rettungsschirm. Auch der europäische Anteil am zweiten Griechenland-Programm wird jetzt von der EFSF besorgt. Und auch die Absenkung des Ratings durch Standard & Poors blieb ohne Folgen. Reglings Finanzierungsmaschinerie läuft wie geschmiert: "Wir haben keine Probleme, die Anleihen zu platzieren, die wir platzieren müssen, um die Mittel aufzunehmen, die an Portugal, Irland und Griechenland vergeben werden sollen."
Wenn diese drei Programm abgewickelt sind - für Ende 2014 ist das vorgesehen - wird die EFSF 192 Milliarden Euro an Krediten aufgenommen und an Athen, Lissabon und Dublin weitergereicht haben. Die müssen dafür Zinsen bezahlen, die etwas höher liegen als die Zinsen, die die EFSF selbst für ihre Anleihen zahlen muss. "Das funktioniert alles reibungslos, wir bekommen also alle drei Monate von all diesen Ländern alle Zinszahlungen pünktlich erstattet", erklärt Regling.
Neue Instrumente, die auf ihre Anwendung warten
Schön, dass wenigstens in Reglings Welt alles so reibungslos funktioniert. So ganz ging das politische Euro-Rettungs-Chaos aber an der EFSF auch nicht vorbei. Immer neue Instrumente wurden geschaffen, aber noch nie angewendet.
Letzten Herbst wurde heiß über die definitive Wunderwaffe einer Hebelung der EFSF-Garantien gestritten. Wieder ging Regling auf Weltreise, um die Partner für die Hebel zu finden. Das war dann schon schwieriger, aber immerhin: "Zum Beispiel für den zweiten Hebel, da geht es um das Poolen von öffentlichen und privaten Mitteln, haben wir vorläufige Zusagen von rund 60 Milliarden Euro von großen Investoren rund um die Welt."
Nur so plötzlich wie die Debatte um die Hebelung hochkam, so schnell geriet die angebliche Wunderwaffe wieder in Vergessenheit. Unterdessen bereitet Regling schon die Zukunft vor. Von Juli an soll der neue dann dauerhafte Rettungsschirm ESM bereit stehen - vorausgesetzt, ausreichend viele Staaten haben den ESM-Vertrag bis dahin ratifiziert. Lange galt als ausgemacht, dass Regling auch der Chef des ESM wird. Aber sollte Schäuble tatsächlich den Vorsitz der Euro-Gruppe der Finanzminister bekommen, dann ist für einen zweiten Deutschen in der Topriege der Euro-Retter kein Platz mehr.
Aber auch bei der EFSF geht die Arbeit so schnell nicht aus. Nun soll der befristete Rettungsschirm doch noch ein Jahr parallel zum ESM weiter laufen. Und auch danach müssen die schon angefangenen Programme noch in technischer Hinsicht abgewickelt werden.