Kohlekraftwerk in Bereitschaft Der schwierige Weg zurück ans Netz
Trotz des geplanten Kohleausstiegs sollen nun einige Blöcke wieder ans Netz gehen, wenn der Bundestag heute das "Ersatzkraftwerkbereitstellungsgesetz" beschließt. In Brandenburg wird das Wiederanfahren vorbereitet - trotz diverser Hürden.
Dass die Blöcke E und F des Braunkohlekraftwerks Jänschwalde noch einmal Strom produzieren müssen: Damit hat niemand gerechnet. Doch wegen der Energiekrise könnte das jetzt Realität werden. So einfach ist das allerdings nicht. Zum 30. September 2018 wurde Block F des Kraftwerkes Jänschwalde abgeschaltet, ein Jahr später dann Block E. Seitdem sind sie in Sicherheitsbereitschaft. Sie produzieren also keinen Strom mehr. Nur in Notfallsituationen zur "Deckung des lebenswichtigen Bedarfs an Elektrizität" sollten sie zum Einsatz kommen. Für diese Notfälle blieb nur eine kleine Mannschaft in der Leitwarte. Für ein paar Stunden, zur Überbrückung, als sehr stille Reserve. Für ein längeren Betrieb reicht das nicht aus.
Mehr als 200 Fachkräfte kurzfristig gesucht
Daher stellt der Betreiber des Werks, die Lausitz Energie AG (LEAG), nun wieder ein. Gesucht werden Maschinisten fürs Braunkohlekraftwerk, Mitarbeiter für den Kohletagebau. Einige, die ihre Jobs verloren haben, als die ersten Kraftwerksblöcke abgeschaltet wurden und der Kohleausstieg Fahrt aufnahm, sind schon zurückgekehrt und haben ihre neuen Jobs dafür aufgegeben. Andere will die LEAG zum Beispiel aus dem Vorruhestand zurückholen. Vor allem Ingenieure und Elektroniker werden gesucht. Insgesamt braucht das Unternehmen mehr als 200 Fachkräfte für den Tagebau und das Kraftwerk selbst.
Dass die LEAG diese Fachkräfte findet, da ist sich die Gewerkschaft IGBCE sicher. "Die LEAG ist ein guter Arbeitgeber", sagt die Vorsitzende des Bezirksverbandes, Ute Liebsch. Das Gehalt sei besser als in vielen anderen Bereichen. Die Fachkräfte fehlen dann vermutlich anderen Unternehmen.
Kohle wird knapp
Der Tagebau Jänschwalde hat nur noch Kohle bis Ende 2023. Dann ist definitiv Feierabend. Weiter erschlossen hat die LEAG dort nicht, und das wird sie auch jetzt nicht tun. Dafür reiche schon allein die Zeit nicht aus, sagt ein Sprecher des Unternehmens.
Damit löst sich dann zumindest an dieser Stelle auch das Wasserproblem. Vor wenigen Wochen musste der Tagebau ganz stillstehen, angeordnet per Gerichtsbeschluss. Die Grüne Liga hatte wegen zu großer Grundwasserentnahme geklagt und Recht bekommen. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hob diesen Beschluss auf. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass eine Einstellung des Tagebaubetriebs mit schwerwiegenden Nachteilen für öffentliche Interessen verbunden sei. Die seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine gefährdete Energieversorgung wurde als Grund herangezogen. Eine endgültige Entscheidung steht noch aus.
Auch die anderen Braunkohletagebaue leeren sich zusehends. Auch dort wurde teilweise die Revierplanung zurückgefahren. Falls Jänschwalde also wieder mit sechs Blöcken am Netz ist, muss die komplette Braunkohle aus den weiter entfernten Tagebauen Welzow-Süd, Nochten und Reichwalde herantransportiert werden. Bei Volllast benötigt jeder der Blöcke circa fünf Millionen Tonnen Kohle pro Jahr. Zusammen wären das 30 Millionen Tonnen, die über die Schiene in das Kraftwerk transportiert werden müssen. Logistisch sei das möglich, wie in der Vergangenheit auch, sagt der Betreiber.
Die Braunkohle in erschlossenen Tagebau von Jänschwalde reicht nur noch bis Ende 2023.
Ohne Ausnahmeregelung kein Strom
Die größte Hürde aber lauert in der 13. Verordnung des Bundesimmissionsschutzgesetzes zur Einhaltung von Emissionsgrenzwerten. Diese erfüllen die Blöcke E und F definitiv nicht. Und, so heißt es aus dem Unternehmen: Entweder es gebe dafür eine Ausnahmegenehmigung oder man gehe nicht mit den Blöcken ans Netz. Denn anders als die Blöcke A bis D wurde hier wegen der Abschaltung nicht mehr modernisiert, und so würden die geltenden Grenzwerte deutlich überschritten. Ein Nachrüsten sei bis zum 1. Oktober allein zeitlich nicht mehr möglich.
Die LEAG fordert also: In das "Ersatzkraftwerkbereitstellungsgesetz" müsse eine Ausnahmeregelung aufgenommen werden. Die "befristete Versorgungsreserve Braunkohle" sieht einen Einsatzzeitraum vom 1. Oktober dieses Jahres bis maximal zum Ende März 2024 vor. 2028 soll das Kraftwerk dann endgültig außer Dienst gestellt werden. Daran soll sich - zumindest Stand jetzt - nichts ändern.