Erneuerbare Energien Windkraft-Ausbau kommt voran - nur nicht in Bayern
Der Ausbau der Windkraft nimmt wieder Fahrt auf. Die Branche ist angesichts deutlich gestiegener Genehmigungen für Onshore-Anlagen optimistisch wie lange nicht mehr. Nur Bayern bleibt hinter seinen Zielen zurück.
Gegenüber den sehr schwachen letzten Jahren ist die Zahl der Genehmigungen für neue Windkraftanlagen in Deutschland deutlich nach oben gegangen. Laut den aktuellen Zahlen der Bundesnetzagentur wurden im Jahr 2023 insgesamt 1.466 neue Windräder genehmigt. Das geht aus einer Analyse hervor, die der SWR anhand der Daten der Bundesnetzagentur erstellt hat.
Das Bundeswirtschaftsministerium teilte dem SWR mit, dass im vergangenen Jahr so viele Windrad-Genehmigungen erteilt wurden wie seit 2016 nicht mehr. Es seien fast acht Gigawatt an Stromleistung neu genehmigt worden, das sei ein Plus von 80 Prozent. "Allerdings beginnen jüngst in Kraft getretene Maßnahmen gerade erst zu wirken", so das Ministerium. "Weitere sind angeschoben. Sie haben bei konsequenter Umsetzung Potenzial für noch mehr Beschleunigung."
Experte sieht mehr öffentliche Unterstützung
Damit zeigt sich erstmals nach mehreren Flautejahren ein positiver Trend. Im vergangenen Jahr waren es 977 Windräder, die von den zuständigen Behörden genehmigt wurden, im Negativ-Jahr 2019 sogar nur 477. Neben einigen positiven Gesetzen der Ampel-Regierung sorge vor allem eine breitere öffentliche Unterstützung für schnellere Ausbauzahlen - so die Einschätzung von Volker Quaschning, Experten für Erneuerbare Energien von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin.
Man sei aber längst noch nicht am Ziel. Gegenüber dem SWR erklärt er: "Von einem Boom würde ich aber nicht reden. Der Ausbau lag unter den Zielen der Bundesregierung und noch sehr weit unter den erforderlichen jährlichen Ausbaumengen zum Einhalten des Klimaschutzgesetzes."
Ganz ähnlich sieht es auch der Bundesverband Windenergie (BWE): "Die Gesetze der Bundesregierung beginnen ihre Wirkung zu entfalten. Daraus resultiert auch eine positive Stimmung in der Branche, die so optimistisch in die Zukunft blickt wie seit Langem nicht mehr", so ein Sprecher des BWE gegenüber dem SWR.
NRW erneut Spitzenreiter
Im Vergleich der Bundesländer zeigen sich erhebliche Unterschiede. Der Aufwärtstrend ist aber fast überall deutlich zu erkennen. Spitzenreiter bei den Neugenehmigungen ist erneut Nordrhein-Westfalen mit deutlichem Abstand vor den anderen Ländern. Hier wurden 364 neue Windräder genehmigt. Das ist erheblich mehr als im Vorjahr (200) und dreimal so viel wie noch 2019.
Auch in Schleswig-Holstein gibt es einen starken Zuwachs. Im vergangenen Jahr wurden an der Küste doppelt so viele Windkraftanlagen genehmigt wie im Jahr 2022 (123). Auch in mehreren südlichen Ländern ist der Aufwärtstrend spürbar. Rheinland-Pfalz (89) und Hessen (82) haben ihre Zahlen im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr rund verdoppelt. Baden-Württemberg bleibt auf einem eher niedrigeren Niveau, verzeichnet aber auch eine Steigerung um rund ein Drittel auf jetzt 59 Genehmigungen. In Ostdeutschland liegt Brandenburg (144) vor Mecklenburg-Vorpommern (124) und Sachsen-Anhalt (64).
Nur 17 Genehmigungen in Bayern
Das flächenmäßig größte Bundesland Bayern bleibt weiter abgehängt. Mit lediglich 17 Genehmigungen liegt Bayern auch deutlich hinter den kleineren Bundesländern und mit Abstand auf dem letzten Platz unter den Flächenstaaten.
Auf eine aktuelle Anfrage des SWR teilte das zuständige bayerische Wirtschaftsministerium mit, dass man trotz der nur 17 erteilten Genehmigungen die Entwicklung "sehr positiv" sehe. Man sei zuversichtlich, "dass das Ziel der Bayerischen Staatsregierung, der Zubau von 1.000 neuen Windenergieanlagen bis 2030, erreicht werden kann". Um dieses Ziel zu erreichen, müssten in Bayern ab sofort rund 150 Windkraftanlagen pro Jahr errichtet werden, was in der Vergangenheit noch nie der Fall war.
Wirtschaftsverbände kritisieren Landesregierung
Die Kritik an der bayerischen Landesregierung wird immer lauter, auch aus der Wirtschaft. Ein Sprecher der bayerischen Wirtschaftsinitiative "Windrat" beklagte gegenüber dem SWR, die von der Staatsregierung angekündigte "Windenergieoffensive" sei ein "zahnloser Tiger". Der Windkraft-Ausbau werde von der Verwaltung in Bayern zum Teil ausgebremst, Planungs- und Genehmigungsprozesse verschleppt. Dabei brauche die bayerische Wirtschaft in Zukunft den günstigen Windstrom. Zudem schaffe der Ausbau Wertschöpfung und Arbeitsplätze vor Ort.
Auch der Bundesverband Windenergie (BWE) kritisiert das Bundesland Bayern. Hier hätten viel zu große Abstandsregelungen für Windräder "zu lange als Abwehrmechanismus gegen die Windenergie gewirkt. Dadurch wurde die Bereitstellung von Flächen für die Windenergie praktisch unmöglich." Dabei werde "die Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien zunehmend zu einem entscheidenden Standortfaktor für Investitionsentscheidungen".
Der bayerische Landesvorsitzende des BWE, Bernd Wust, fordert nun eine "bayerische Task Force Windenergie". Die aktuellen Genehmigungs- und Ausbauzahlen blieben "weit hinter den selbstgesteckten Zielen zurück." Genehmigungen müssten vereinfacht und damit der Ausbau in Bayern massiv beschleunigt werden. "Auch im Rahmen der November-Ausschreibung gingen nur zehn von insgesamt 165 Zuschlägen nach Bayern. Wir müssen das Tempo deutlich erhöhen", fordert Wust.