Missionen im Weltraum ESA sucht neue Astronauten
Zum ersten Mal seit 2008 sucht die Europäische Weltraumagentur (ESA) von heute an neue Astronautinnen und Astronauten. Das Auswahlverfahren ist hart. Als Ziele winken sogar Mond und Mars.
Leben und arbeiten auf einer Raumstation, dem Mond und sogar dem Mars - das sind die Destinationen, die auf die neuen Raumfahrerinnen und Raumfahrer der Zukunft warten. "Es gibt keine fixe Zahl, aber wir suchen circa vier Personen für das Korps und 20 Personen für die Reserve", erklärt Dagmar Boos, die Leiterin des Zentrums für Personalkompetenz und -politik bei der ESA. "Das Auswahlverfahren dauert 18 Monate, und was wir suchen, sind Bewerber, die wirklich einen Willen und eine Freude zum Lernen mitbringen, weil man ständig irgendwo trainiert und ausgebildet wird."
Derzeit zwei Deutsche im ESA-Astronautenkorps
Derzeit umfasst das ESA-Astronautenkorps sieben aktive Astronautinnen und Astronauten, darunter die beiden Deutschen Alexander Gerst und Matthias Maurer. Gerst hat bereits zwei mehrmonatige Weltraumaufenthalte auf der ISS absolviert, Maurer soll noch in diesem Jahr an Bord einer Crew-Dragon-Kapsel des US-Unternehmens SpaceX zur ISS fliegen. Damit wäre er der 12. Deutsche im All.
Die Bewerber in der jetzigen Auswahlrunde sollen nach Angaben der ESA einen Masterabschluss in Naturwissenschaften, Ingenieurwesen, Medizin, Mathematik oder Informatik haben. Weitere Voraussetzungen: Sie sollen unter anderem mindestens drei Jahre Berufserfahrung in einem dieser Gebiete gesammelt haben und fließend Englisch sprechen.
Boos fügt hinzu, dass es für eine Bewerbung von Vorteil sein könnte, wenn man bei der Feuerwehr, einem Rettungsdienst, im Flugzeug oder auf einem Schiff gearbeitet hätte. Sie begründet das so: "Auf der ISS etwa ist man auf sich selbst gestellt, auf die kleine Gruppe. Da muss man sehr viel Verantwortungsbewusstsein mitbringen, da man in gewisser Weise für das Leben der anderen zuständig ist. Von der Bodenstation aus kann ja nur bedingt geholfen werden."
Frauen gesucht
Die ESA hofft, dass sich bei diesem Bewerbungsverfahren mehr Frauen bewerben als beim vorherigen 2008. Da lag die Quote bei 15 Prozent. Unter den sechs Astronauten, die letztendlich genommen wurden, war eine Frau: die italienische Astronautin Samantha Cristoforetti.
Die 43-Jährige, die im nächsten Jahr zum zweiten Mal zur ISS fliegen soll, wirbt jetzt für den Astronautenberuf: "Mit meiner Arbeit als Astronautin ist für mich ein Traum wahr geworden. Sie vereint viele meiner Leidenschaften: Wissenschaft und Technologie, komplexe Maschinen, herausfordernde operationelle Umgebungen, internationale Teams, körperliche Fitness und Öffentlichkeitsarbeit. Ganz abgesehen davon, dass ich manchmal mit einer Rakete zur Arbeit fliege."
Samantha Cristoforetti war die einzige Frau, die sich beim ESA-Auswahlverfahren 2008 durchsetzte.
Mehr Diversität
Erstmals in der Geschichte der Raumfahrt möchte die ESA auch ganz gezielt Menschen mit Behinderung motivieren, sich zu bewerben. Dafür hat sie das "Parastronaut Feasibility Project" ins Leben gerufen. Die Idee: Diversität soll sich nicht nur auf Geschlecht, Alter oder beruflichen Hintergrund beziehen, sondern auch auf körperliche Beeinträchtigung.
Gerst unterstützt den Diversitätsgedanken: "Uns Astronauten und Astronautinnen im Korps, sowie meinen Kollegen bei der ESA ist es wichtig, in unseren Teams Diversität zu haben. Das liegt einfach daran, dass wir es in unserem Job oft mit unvorhergesehenen Situationen zu tun haben, bei denen man kreative Lösungen an den Tag legen muss", sagt der ESA-Astronaut. "Wir können es uns gar nicht leisten, auf diese Diversität zu verzichten, eben weil man dadurch die Chance erhöht, dass irgendjemand dabei ist, der oder die eine gute Idee hat, wie man eine schwierige Situation lösen kann."
Auswahlverfahren dauert 18 Monate
Auf die Bewerber kommt ein anspruchsvolles 18-monatiges Auswahlverfahren zu, bei dem sie im Optimalfall sechs Stufen durchlaufen. Es kommen immer nur die Kandidaten in die nächste Runde, die in jeder Stufe am besten abgeschnitten haben. Getestet werden unter anderem die körperliche Fitness, die medizinische und die mentale Verfassung.
Dagmar Boss von der ESA erklärt: "Eine wichtige Voraussetzung ist, dass die Astronauten mental sehr stabil, sehr resilient sind. In einer Raumstation wird man über längere Zeit auf engstem Raum mit anderen Menschen zusammenleben müssen. Das können sehr stressige Situationen sein."
Spannung vor künftigen Missionen
Wer es geschafft hat und in das Astronauten-Korps aufgenommen wird, darf gespannt sein, auf welche Mission er oder sie geschickt wird. Bis dahin werden die angehenden Astronautinnen und Astronauten in verschiedenen wissenschaftlichen Gebieten ausgebildet und lernen unter anderem, Maschinen und Instrumente zu reparieren. Sie machen Fitnesstrainings, Sprachtrainings und den Pilotenschein.
Wann sie welcher Mission zugeteilt werden, ist noch nicht klar. Aber bislang, erklärt Boos stolz, sei noch jeder ESA-Astronaut in den Weltraum geflogen.