EU ringt um Details der Reform Neuer Abgastest, alte Grenzwerte
Künftig sollen Straßentests ermitteln, wieviele Schadstoffe Autos ausstoßen. Doch welche Abweichung von den bisherigen Labortests will die EU den Herstellern übergangsweise gestatten? Heute soll eine Vorentscheidung fallen.
Die EU-Kommission macht Druck auf die Autoindustrie. Es gebe da am Mittwoch ein wichtiges Treffen, kündigte ein Kommissionssprecher an. Im Technischen Ausschuss Kraftfahrzeuge (Technical Committee Motor Vehicles, kurz TCMV) beraten nämlich heute Experten aus den EU-Verkehrsministerien in Brüssel die Regeln des zukünftigen Abgastests, des sogenannten Real-Driving-Emissions-Tests (RDE), bei dem die Abgaswerte im ganz realen Straßenverkehr gemessen werden.
Europas Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska arbeite mit Vollgas am Thema Abgaskontrolle, betont der Kommissionssprecher. Jean-Claude Junckers Industriekommissarin will sich als unabhängig von der Automobilindustrie und deren millionenschweren Lobbygruppen in Brüssel profilieren. Bienkowska steht unter Erfolgszwang.
Kommissionsbericht zeigte Probleme schon 2011
Ihre Behauptung, die EU hänge bei der Emissionskontrolle völlig von den Überwachungsbehörden der Mitgliedsstaaten ab, und die EU-Kommission habe nicht gewusst, dass die Automobilindustrie die Spielräume der völlig realitätsfernen Labortests nutzt, um den wahren Ausstoß von CO2 und Stickoxiden im Alltagsbetrieb zu kaschieren, entspricht nämlich nicht den Tatsachen.
Der niederländische EU-Parlamentarier Bas Eickhout hielt der Industriekommissarin einen vier Jahre alten Bericht der kommissionseigenen Forschungsstelle vor. Dieser Bericht zeigte bereits 2011, dass die faktischen Stickoxid-Emissionen nicht nur die Laborwerte um bis zu 400 Prozent überschritten, sondern auch die erlaubten Grenzwerte um das bis zu 14-fache.
Den ab 2020 verschärften Grenzwerten für den Ausstoß von Klimaschadstoffen und Stickoxiden hat die Autoindustrie auf der Grundlage der geschönten Emissionsergebnisse im Labortest zugestimmt. Wenn diese strengeren Abgasgrenzwerte nicht mehr durch die Hintertür der Labortests abgeschwächt werden können, haben Europas Autoproduzenten ein Problem.
Grenzwerte sollen auch bei neuer Testmethode gelten
Doch EU-Kommissarin Bienkowska besteht darauf, dass die neuen Grenzwerte auch dann gelten, wenn sich die Testbedingungen ändern und in Zukunft die Ergebnisse des sogenannten Real-Driving-Emission-Tests gelten, also der Schadstoffkontrolle im ganz realen Straßenverkehr. Zwar will die EU-Kommission der Autoindustrie einen vorübergehenden Toleranzspielraum gewähren. Doch die Autoindustrie fordert erlaubte Grenzwert-Abweichungen von mehr als 60 Prozent - und dazu ist Bienkowska nicht bereit. So schnell wie möglich müsse man die maximal erlaubten Abweichungen jetzt festlegen, fordert die EU-Kommissarin.
Sollte sich Bienkowska heute nicht gegenüber den Experten aus den EU-Verkehrsministerien durchsetzen, müssen später die Verkehrsminister entscheiden. Dann kommt es zu einer politischen Auseinandersetzung zwischen den Autoländern Deutschland, Frankreich , Italien und Spanien und der EU-Kommission.