EU-Haushaltsgipfel ringt um Kompromiss Schulz droht Veto gegen Etatplan an
Nach stundenlangen Verhandlungen gibt es zwar einen Kompromiss im Haushaltsstreit der EU, doch der könnte schon bald kassiert werden: Der Präsident des Europäischen Parlaments, Schulz, lehnte den Vorschlag für den Finanzrahmen der kommenden sieben Jahre ab. Er sprach von einem "Defizithaushalt", dem das Parlament so nicht zustimmen werde.
Bevor die Details des Brüsseler Haushaltsgipfels überhaupt geklärt sind, droht der Kompromiss zu scheitern: EU-Parlamentspräsident Martin Schulz kündigte ein Veto gegen den Vorschlag von Ratspräsident Herman Van Rompuy an.
Von den nun vorgesehenen Ausgaben in Höhe von 960 Milliarden Euro sollten nur 908 Milliarden Euro an konkreten Geldern zur Verfügung gestellt werden, sagte Schulz im ZDF-Morgenmagazin. Dies bedeute ein 52-Milliarden-Euro-Defizit. "Verantwortungsvolle Parlamentarier" würden diese "Defizit-Union" nicht mittragen. Und er fügte hinzu: Wenn ein Parlament einen Haushalt zurückweist, dann ist er abgelehnt. "Wir beschließen gerade ein Defizit, und das ist juristisch in Brüssel verboten." Das sei keine seriöse Politik, meinte Schulz.
Ein Kompromiss, der lange auf sich warten ließ
Die 27 Staats- und Regierungschefs hatten die ganze Nacht in kleinen und großen Gesprächsrunden um einen Kompromiss für den Finanzrahmen der kommenden sieben Jahre gerungen. Erst in den frühen Morgenstunden legte Van Rompuy dann seinen Vorschlag vor - geplant hatte er das schon am Abend zuvor. Die sogenannten Verpflichtungsermächtigungen liegen demnach bei 960 Milliarden Euro. Das sind rund 12 Milliarden weniger, als beim gescheiterten ersten Haushaltsgipfel im November diskutiert worden waren. Verpflichtungsermächtigungen sind über mehrere Jahre laufende Zahlungsversprechen. Für tatsächliche Auszahlungen sieht das Papier rund 908 Milliarden Euro vor.
Unklar ist noch, wie und vom wem die Haushaltstöpfe genau gefüllt werden. Nach Angaben von ARD-Korrespondentin Marion von Haaren werden bis auf Italien alle bisherigen Nettozahler zur Kasse gebeten. Deutschland würde jährlich 1,2 bis 1,3 Milliarden Euro mehr bezahlen.
Ein neuer Anlauf wäre möglich
Ein erster Anlauf, den EU-Finanzrahmen von 2014 bis 2020 zu vereinbaren, war im November gescheitert. Strittig waren dabei neben der Gesamthöhe auch die Verwendung des Geldes zwischen den verschiedenen Etatposten wie Landwirtschaft oder Forschung sowie eine faire Lastenverteilung unter den Nettozahlerländern.
Wenn der Kompromiss vom Parlament kassiert wird, haben die EU-Staaten noch bis zum Jahresende Zeit, einen neuen Finanzplan aufzustellen. Aber je später eine Einigung kommt, desto unwahrscheinlicher ist es, dass die Beschlüsse im Haushalt 2014 - dem ersten des neuen Finanzrahmens - berücksichtigt werden können.
Mit dem Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) legt die EU Obergrenzen und Schwerpunkte ihrer Haushalte fest. Für einen Zeitraum von sieben Jahren werden unter anderem die maximalen Gesamtausgaben und die Verteilung auf wichtige Aufgabenbereiche vereinbart. Innerhalb dieser Vorgaben müssen sich später die jährlichen Etats bewegen.
Wie der MFR zustande kommt, ist im Vertrag von Lissabon festgelegt. Es handelt sich im Kern um eine Verordnung. Den Vorschlag dafür legt die EU-Kommission vor. Im nächsten Schritt verhandeln die Regierungen der EU-Staaten über einen Kompromiss, sie können die MFR-Verordnung nur einstimmig beschließen. Zuvor muss aber auch das Europaparlament zustimmen. Wegen des drohenden Vetos beeinflussen die Änderungswünsche der Parlamentarier die Beratungen der Regierungen der EU-Staaten. Kommt es nicht rechtzeitig zu einer Einigung, gelten die Obergrenzen des letzten Jahres aus dem vorangegangenen MFR zunächst weiter.