EuGH zur Netzneutralität Keine App darf bevorzugt werden
Das Datenvolumen von Handyverträgen ist oft begrenzt. Ist es aufgebraucht, wird das Tempo gedrosselt. Doch nicht immer werden alle Apps gleich behandelt. Ein Verstoß gegen EU-Recht, urteilt der EuGH.
Von Claudia Kornmeier, ARD-Rechtsredaktion
Netzneutralität - was bedeutet das?
Im Internet müssen alle Daten bei ihrer Übertragung gleich behandelt werden. Nach langem Hin und Her hatte der EU-Gesetzgeber 2015 eine Verordnung erlassen, die Netzneutralität vorschreibt. Der "Zugang zum offenen Internet" soll damit gewährleistet werden.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) musste nun über einen Fall aus Ungarn entscheiden, bei dem es um Tarife mit begrenztem Internet-Datenvolumen geht. Kundinnen und Kunden bekamen folgendes Angebot: Die Verwendung von Facebook, WhatsApp, Instagram, Twitter und Viber wird nicht auf ihr Datenvolumen angerecht. Ist das Datenvolumen irgendwann erschöpft, wird die Surf-Geschwindigkeit gedrosselt. Facebook, WhatsApp, Instagram, Twitter und Viber können sie weiterhin ungedrosselt nutzen.
Was sagt der EuGH dazu?
Der ungarische Handytarif verstößt aus Sicht des EuGH klar gegen die Netzneutralität. Die Anbieter dürfen demnach bestimmte Apps nicht bevorzugt behandeln und die Nutzung der übrigen Dienste nach Verbrauch des Datenvolumens hingegen blockieren oder verlangsamen. Solche Angebote könnten nämlich die Nutzung von Apps verringern, die nicht bevorzugt behandelt werden. Je mehr Menschen solche Handyverträge abschließen, umso mehr würde dies die Netzneutralität untergraben.
Gibt es ähnliche Tarife in Deutschland?
Ja - im Detail unterscheiden sie sich aber. So haben etwa die Telekom und Vodafone Angebote im Programm, bei denen die Verwendung etwa von Musikstreaming-Diensten nicht auf das Datenvolumen angerechnet werden. Das Angebot ist offen für sehr viele Partnerdienste: Ob Spotify, Deezer oder Radio Emscher Lippe, teilnehmen kann quasi jeder Dienst, der das will.
Außerdem: Ist das Datenvolumen aufgebraucht, wird die Surf-Geschwindigkeit gedrosselt. Betroffen sind davon alle Dienste, also auch die von Partnerdiensten.
Sind auch die deutschen Angebote umstritten?
Telekom und Vodafone hatten ihre Angebote angepasst, nachdem die Bundesnetzagentur Verfahren eingeleitet hatte. Parallel wehrt sich die Telekom vor Gericht gegen die Bundesnetzagentur. Dabei geht es um den Telekom-Tarif "StreamOn". Das Verwaltungsgericht Köln legte die Sache im Januar dem EuGH vor.
Welche Folgen hat das für meinen Tarif?
Erst einmal keine. Die Bundesnetzagentur begrüßt das Urteil und sieht sich bestätigt. Konkrete Auswirkungen auf deutsche Angebote müssten geprüft werden, sagte ein Sprecher nach der Urteilsverkündung.
Klaus Landefeld vom Verband der Internetwirtschaft eco schätzt, dass auch die Angebote, die es im Moment in Deutschland noch gibt, verschwinden könnten. Mit der Linie, die der EuGH nun zur Netzneutralität vorgegeben habe, könnten sich die Angebote wirtschaftlich nicht mehr lohnen.