Eurogruppe berät über Defizite Spanien und Portugal drohen Strafen
Zum ersten Mal seit Einführung des Euro könnten Strafzahlungen gegen EU-Staaten verhängt werden, die trotz aller Stabilitätsregeln zu viele Schulden machen. Die Eurogruppe berät heute über Schritte gegen Spanien und Portugal. Von Ralph Sina.
Zum ersten Mal seit Einführung des Euro könnten Strafzahlungen gegen EU-Staaten verhängt werden, die trotz aller Stabilitätsregeln zu viele Schulden machen. Die Eurogruppe berät heute über Schritte gegen Spanien und Portugal.
Die Zeiten, da Griechenland den Finanzministern bei ihren Eurogruppentreffen in Brüssel Nerven und Schlaf raubte, sind vorläufig vorbei. Portugal und Spanien stehen jetzt im Mittelpunkt der Beratungen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und seinen Ministerkollegen.
Die EU-Kommission schlägt Alarm: Spanien und Portugal hätten viel zu wenig getan, um ihre exzessiven Defizite zu begrenzen und die Haushaltsvorgaben einzuhalten, kritisiert der für den Euro zuständige EU-Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis. Auf beachtliche 4,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts belief sich im vergangenen Jahr das portugiesische Staatsdefizit, auf 5,1 das spanische - als ob die Verantwortlichen in Madrid und Lissabon vom Maastricht-Vertrag noch nie etwas gehört hätten, der den Euro-Ländern höchsten ein Defizit in Höhe von maximal 3,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erlaubt.
Entscheidung über Sanktionen binnen 20 Tagen
Die Kommission sei die Hüterin der EU-Verträge. Sie könne nicht tolerieren, dass die Verantwortlichen in Madrid und Lissabon die haushaltspolitischen Empfehlungen schlicht ignorierten, betont Euro-Kommissar Dombrovskis.
Artikel 126 Abs. 8 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU lässt Dombrovskis und seinem Kommissionskollegen Pierre Moscovici keine Wahl: Die EU-Kommission stellt fest, dass Spanien und Portugal elementare Regeln des Stabilitätspaktes verletzen. Stimmen Schäuble und seine Kollegen der Eurogruppe dem Kommissionsbefund zu, dann muss das Team von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker innerhalb von 20 Tagen entscheiden, welche Sanktionen verhängt werden und in welcher Höhe - gegen die geschäftsführende Regierung in Spanien und gegen die linke Minderheitsregierung in Portugal. Und zwar auf intelligente Weise, wie EU-Kommissar Moscovici betont.
Falls Finanzminister Schäuble und seine Ministerkollegen der EU-Kommission zustimmen, muss rasch über Sanktionen entschieden werden.
Auszahlungen sperren oder Strafzahlungen verhängen?
Er verbittet sich Spekulationen über die Art und Höhe der Strafe, der ersten seit der Einführung des Euro. Die Finanzminister werden der EU-Kommission signalisieren, was sie für sinnvoller halten: nämlich entweder die Auszahlung von Mitteln aus dem EU-Strukturfonds solange zu sperren, bis die Regierungen in Madrid und Lissabon einlenken. Was im Fall Portugals Mindereinnahmen von bis zu 500 Millionen Euro bedeuten kann und im Fall von Spanien ein Minus von bis zu 1,3 Milliarden Euro. Oder ob sie es für sinnvoller halten, Sanktionen zu verhängen. Im Fall von Spanien könnten das zum Beispiel Strafzahlungen von bis zu zwei Milliarden Euro sein.
Aber an solchen Strafzahlungen hat angesichts der wirtschaftlichen Verunsicherung durch Großbritanniens Brexit-Entscheidung weder das Juncker-Team ein Interesse noch die Gruppe der Euro-Finanzminister.