Trotz Verstoßes gegen EU-Stabilitätspakt Doch keine Strafe für Spanien und Portugal
Trotz eines übermäßigen Haushaltsdefizits will die EU-Kommission gegen Spanien und Portugal keine Strafen verhängen. Beide Länder stünden vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen, begründete Kommissionsvize Dombrovskis die überraschende Entscheidung.
Die Defizitsünder Spanien und Portugal bleiben von EU-Geldbußen verschont. Die EU-Kommission verzichtete darauf, Strafzahlungen vorzuschlagen. Diese können theoretisch bis zu 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen - im Falle Spaniens wären dies maximal 2,2 Milliarden Euro, bei Portugal bis zu 360 Millionen Euro. Beide Länder stünden vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen, begründete der für den Euroraum zuständige Kommissionsvize Valdis Dombrovskis die überraschende Entscheidung. Man wolle nicht den zarten Aufschwung in den Ländern abwürgen.
EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici nannte noch einen weiteren Grund: Derzeit zweifelten viele Menschen an Europa. Man müsse daher aufpassen, wie mögliche Strafen von der Bevölkerung aufgenommen würden. "Selbst symbolische Sanktionen wären von der Öffentlichkeit nicht verstanden worden", so Moscovici. Der nun empfohlene Verzicht auf die Geldstrafen muss noch durch den Rat der Mitgliedstaaten bestätigt werden.
EU-Fördergelder einfrieren
Allerdings schlug die EU-Kommission vor, Teile der EU-Strukturmittel für 2017 für beide Staaten einzufrieren. Darüber soll aber erst nach Beratungen mit dem EU-Parlament im September entschieden werden. Diese Mittel können wieder freigegeben werden, sobald in Portugal und Spanien Haushaltspläne vorliegen, welche die Einhaltung der Kriterien aus dem Wachstums- und Stabilitätspakt zusagen.
Die EU-Kommissare Dombrovskis und Moscovici wollen keine Strafen gegen Portugal und Spanien verhängen.
Dazu machte Brüssel konkrete Vorgaben: Für Portugal verlangt die Kommission nun, dass das Land dieses Jahr noch maximal eine Neuverschuldung von maximal 2,5 Prozent ausweist und damit unter der EU-Defizitgrenze bleibt. Bei Spanien wird eine schrittweise Verringerung des Haushaltslochs gefordert: auf 4,6 Prozent in diesem Jahr, 3,1 Prozent im kommenden Jahr und schließlich 2,2 Prozent 2018. Madrid bekommt damit nochmals ein Jahr länger Zeit als bisher vorgesehen.
Verstoß gegen EU-Stabilitätspakt
Spanien und Portugal wird vorgeworfen, nicht konsequent genug gegen ihre Haushaltsdefizite vorgegangen zu sein. Spanien wies 2015 ein Defizit von 5,1 Prozent auf, Portugal verzeichnete 4,4 Prozent. Erlaubt ist laut Euro-Stabilitätspakt maximal eine jährliche Neuverschuldung von 3,0 Prozent der Wirtschaftsleistung. Auch gegen Länder wie Deutschland und Frankreich waren in der Vergangenheit keine Geldbußen verhängt worden, obwohl sie gegen den Euro-Stabilitätspakt verstoßen hatten.