Merkel vor EU-Gipfel Notfallhilfe für Griechenland nur mit IWF
Im Bundestag hat Kanzlerin Merkel für die neue EU-Wachstumsstrategie "Europa 2020" geworben. Diese steht offiziell im Mittelpunkt des EU-Gipfels am Abend in Brüssel. Mit Blick auf die Griechenland-Krise trat sie erneut für eine kombinierte Hilfe durch den Internationalen Währungsfonds und einzelne EU-Länder ein.
Von Bettina Freitag, HR, ARD-Hauptstadtstudio
Wenige Stunden vor dem Gipfel mag auch die Kanzlerin noch nicht sagen, was genau sie tun will. Die EU streitet über einen Notfallplan für Griechenland, das Euro-Land am Rande der Pleite. Lange hat Deutschland gezögert, überhaupt über Hilfen zu sprechen. Und vor dem deutschen Parlament verteidigt Angela Merkel diese Haltung: "Ein guter Europäer ist nicht unbedingt der, der schnell hilft. Ein guter Europäer ist der, der die europäischen Verträge und das nationale Recht achtet und so hilft, dass die Stabilität der Eurozone keinen Schaden nimmt."
Gemeinschaftliche Hilfen der 16 Euro-Länder für die griechische Wirtschaft jedenfalls lehnt Merkel ab. Geld gebe es allenfalls von einzelnen EU-Ländern und in Kombination mit Krediten aus dem Internationalen Währungsfonds. "Die Bundesregierung wird sich bei dem Rat heute und morgen dafür einsetzen, dass im Notfall solche Hilfen als Kombination von IWF und gemeinsamen bilateralen Hilfen in der Eurozone gewährt werden müssten", so Merkel. Die Kanzlerin fügt ausdrücklich hinzu: "Ich sage aber nochmal: als Ultima Ratio!"
"Nicht mit Europas Zukunft spielen"
Merkel bremst und schimpft über Tricksereien. Um den Euro einführen zu dürfen, hatte Griechenland vor Jahren gefälschte Zahlen vorgelegt. Lieber als über einen europäischen Notfallplan, wie vom Chef der EU-Kommission Barroso vorgeschlagen, redet die deutsche Regierungschefin davon, wie der Stabilitätspakt krisenfester gemacht werden kann. "Um es klipp und klar zu sagen, auf ein bewusstes Unterlaufen seiner Kriterien, wie wir das im Falle Griechenlands erleben mussten, war und ist dieser Pakt nicht eingestellt. Ein solches Unterlaufen muss für die Zukunft unterbunden werden. Wir dürfen nicht mit Europas Zukunft spielen", mahnt Merkel.
Strengere Regeln für den Stabilitätspakt
Für die Zukunft unterstützt Merkel auch den Vorschlag von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der sich für einen europäischen Währungsfonds stark macht. Und sie dringt auf grundlegende Änderungen in der Euro-Zone, strengere Regeln für den Stabilitätspakt, Vorsorge für den Fall, dass ein Mitgliedsland zahlungsunfähig werden sollte. "Denn das deutsche Volk hat seiner Zeit im Vertrauen auf einen stabilen Euro die D-Mark aufgegeben. Dieses Vertrauen - und das eint die ganze Bundesregierung - darf unter keinen Umständen enttäuscht werden", so Merkel.
Vom Koalitionspartner gibt es für diese Verhandlungstaktik Unterstützung. FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger ist ebenfalls dafür, Griechenland mit Krediten aus dem Internationalen Währungsfonds zu helfen. "Sollte am Ende ein Ergebnis stehen, bei dem der IWF mit ins Boot geholt wird, dann hat das ausdrücklich auch die Unterstützung unserer Fraktion und ich glaube auch der ganzen Koalition", so Homburger.
"Sie fallen Griechenland in den Rücken"
Schelte gibt es dagegen von der Opposition. Die SPD-Europapolitikerin Angelica Schwall-Düren wird heftig. Der griechische Ministerpräsident bemühe sich darum, sein Land aus der Krise zu bringen. "Aber Sie, Frau Merkel, fallen ihm in den Rücken. Jedes Mal wenn Sie sich äußern und verkünden: Nein, über Hilfsprogramme spreche man nicht, ja, Griechenland müsse seine Problem alleine lösen, nein, es gebe keinen Anlass über Hilfen zu spekulieren, heizen sie die Spekulationen an", kritisiert Schwall-Düren. Ihr Vorwurf ist hart: Merkel isoliere Deutschland in der Europäischen Union. Ihre Politik sei unstet und unentschlossen.