Der Auspuff eines Autos

Deutschland setzt sich nicht durch EU-Staaten beschließen abgeschwächte Abgasnorm

Stand: 25.09.2023 16:34 Uhr

Keine strengeren Grenzwerte für Schadstoffe und keine Ausnahmen für E-Fuels: Die EU-Staaten haben sich auf eine deutlich abgeschwächte Euro-7-Abgasnorm geeinigt. Deutschland scheiterte mit seiner Forderung nach strengeren Regeln.

In der Debatte um die neue Euro-7-Norm haben sich die EU-Staaten zwar für deutlich abgeschwächte Abgaswerte ausgesprochen. Der ursprüngliche weitaus strikter gefasste Kommissionsvorschlag wurde aber in vielen Punkten nicht angenommen.

Nach einer Abstimmung im Wettbewerbsrat wollen die Länder weder strengere Grenzwerte für Schadstoffe noch Ausnahmen für E-Fuels in die geplanten Regeln aufnehmen, hieß es nach dem Treffen. Damit bleiben die Vorgaben größtenteils auf dem jetzigen Niveau.

Keine strengeren Richtwerte für Schadstoffausstoß

Zur Abstimmung stand ein Vorschlag der EU-Kommission, der deutlich strengere Richtwerte für den Schadstoffausstoß von Verbrennerautos vorgesehen hatte. Zu solchen Schadstoffen zählen beispielsweise Stickoxide.

Der Vorschlag sah zudem strengere Testbedingungen vor, unter denen diese Grenzwerte ermittelt werden - etwa bei besonders extremen Temperaturen oder besonderer Motorenbelastung bei Steigungen oder im Stadtverkehr. Auch in diesem Punkt gibt es keine Änderung. Auch synthetische Kraftstoffe - sogenannte E-Fuels - werden dem Kompromiss zufolge künftig nicht von neuen EU-Abgasrichtlinien erfasst werden.

Feinstaub wird künftig reguliert

Einigen konnten sich die EU-Staaten aber auf einen anderen Aspekt des Kommissionsvorschlags: Künftig sollen auch gesundheitsschädliche Stoffe wie Feinstaub, der durch Reifenabrieb oder Bremsen entstehen kann, reguliert werden. Das bedeutet, dass auch Elektroautos und Wasserstofffahrzeuge von den Regeln betroffen wären.

Ob die Euro-7-Norm nun tatsächlich so kommt, wird sich final erst entscheiden, wenn die Verhandlungen mit dem EU-Parlament und der EU-Kommission dazu abgeschlossen sind. Das kann noch einige Monate dauern.

Deutschland kann sich nicht durchsetzen

Deutschland hatte sich für strengere Abgaswerte eingesetzt und gegen den Kompromiss gestimmt, konnte sich letztlich aber nicht durchsetzen. Die beschlossenen Testbedingungen und Grenzwerte seien "quasi wieder auf dem Stand der Euro 6", sagte der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Sven Giegold, im Wettbewerbsrat. "Das ist ambitionslos, wir liegen damit unter dem aktuellen Stand der Technik", sagte Giegold.

Für Autos und Transporter von Privatpersonen sollen laut EU-Staaten die derzeitigen Testbedingungen bestehen bleiben, die von Bussen und Lkw "leicht angepasst" werden, wie die EU-Staaten mitteilten.

Italien: "Keine zu hohen Kosten wegen Konkurrenz aus Drittstaaten"

Eine Gruppe von acht Mitgliedsstaaten um Frankreich und Italien hatte sich gegen neue Abgasnormen für Verbrennerautos eingesetzt. Neue Regeln seien nicht notwendig, weil der Ausstieg aus dem Verbrennermotor ohnehin beschlossen sei, sagte der französische Industrieminister Roland Lescure vor der Sitzung.

Der italienische Wirtschaftsminister Adolfo Urso erklärte, die neue Norm dürfe den Autobauern vor dem Hintergrund der Konkurrenz aus Drittstaaten wie China keine zu hohen Kosten verursachen.

"Der Rat verpasst die Chance, die Gesundheit der Menschen zu schützen", bedauerte der grüne Europaabgeordnete Michael Bloss. Eine strenge Euro-7-Norm sei "unerlässlich, um die Autohersteller zu Innovationen anzuregen". Die neue EU-Richtlinie müsse sich an die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO halten.

EU-Parlament muss sich nun positionieren

Der Europaabgeordnete Markus Ferber von der CSU nannte die Einigung einen "Kompromiss mit Augenmaß" und begrüßte die Entschärfung der Grenzwerte für die Autoindustrie. Er kritisierte aber, dass der Text keinen Hinweis auf synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, enthalte. Dafür hatte sich vor allem Bundesverkehrsminister Volker Wissing eingesetzt.

Mit der Positionierung der EU-Staaten ist die neue Abgasnorm Euro 7 noch nicht fertig verhandelt. Das an der Gesetzgebung ebenfalls beteiligte EU-Parlament muss sich auch noch auf eine Position einigen, und in einem letzten Schritt muss ein Kompromiss zwischen den Forderungen des Parlaments und der EU-Staaten gefunden werden.

Mit Informationen von Holger Beckmann, ARD-Studio Brüssel

Holger Beckmann, ARD Brüssel, tagesschau, 25.09.2023 13:24 Uhr

Anmerkung der Redaktion: Die frühere Version des Artikels war missverständlich formuliert, so war im Teaser von "höheren Abgaswerten" die Rede. Tatsächlich haben sich die EU-Staaten aber auf eine - im Vergleich zum Kommissionsvorschlag - abgeschwächte Abgasnorm Euro 7 geeinigt. Der Text wurde entsprechend angepasst.

Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 25. September 2023 um 13:33 Uhr.