Diskussion um Rettungsschirm Bosbach droht mit Nein zu Merkels Euro-Kurs
Bislang waren es vor allem Stimmen aus der zweiten Reihe der Koalition, die in der Euro-Krise Kritik an der Kanzlerin übten. Doch nun droht mit Wolfgang Bosbach ein Schwergewicht der Union, im Bundestag gegen den Euro-Rettungsschirm zu stimmen. Kanzlerin Merkel hält derweil an ihrem Kurs fest.
Erstmals hat sich ein führender Politiker der Union in der Euro-Krise gegen die Kanzlerin gestellt. Der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, Wolfgang Bosbach, sagte dem Magazin "Focus", wenn sich an den jetzigen Plänen zum Ausbau des Euro-Rettungsschirmes "nichts Wesentliches" ändere, könne er nicht zustimmen.
Bosbach bezweiflte, dass Griechenland seine Schulden jemals zurückzahlen kann. "Das halte ich für ausgeschlossen", sagte er. Damit steht für Bosbach die Glaubwürdigkeit der Politik in Frage. Es gehe darum, ob sich die Bürger auf Zusagen der Politik verlassen könnten. Bei der Einführung des Euro hätten auch Unionspolitiker den Menschen fest versprochen, dass der Euro so stabil werde wie die D-Mark.
Sondersitzung zur Beruhigung der Gemüter
Kanzlerin Merkel will ihren Kurs in der Euro-Schuldenkrise heute bei der ersten Sitzung der CDU-Führungsgremien in Berlin erläutern. Mit Spannung wird erwartet, ob erneut Forderungen nach einem Sonderparteitag erhoben werden. Die CDU-Spitze hatte einen Sonderparteitag oder eine Sondersitzung des Parlaments bisher strikt abgelehnt und auf die geplanten Regionalkonferenzen und den Parteitag im November verwiesen.
Merkel erteilte im ZDF-Sommerinterview Forderungen nach einem Sonderparteitag erneut eine Absage. Für den Fall einer weiteren Zuspitzung der Euro-Krise sicherte sie aber zu: "Wenn es unerwartete Ereignisse geben sollte - ich sehe die im Moment nicht - dann wird man auch immer in der Partei zusammenkommen können."
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe kündigte in der "Welt" an, dass der Euro beim für den November geplanten Parteitag eine Rolle spielen werde. "Natürlich werden auf dem Parteitag neben der Bildung auch alle anderen Themen zur Sprache kommen, die den Delegierten unter den Nägeln brennen." Man habe sich bereits vor der Sommerpause im CDU-Präsidium verständigt, einen weiteren Leitantrag zum Euro einzubringen, sagte er.
Um dem wachsenden Unmut in der Unionsfraktion im Bundestag zu begegnen, will Merkel am Dienstagabend in einer Fraktionssondersitzung mit den Abgeordneten über ihren Kurs zur Stabilisierung der Gemeinschaftswährung diskutieren. Die CSU will am 29. August in einer Sondersitzung des Parteipräsidiums über ein Grundsatzpapier zur Euro-Stabilisierung debattieren.
Die Regierungen der Euro-Zone hatten sich auf einem Sondergipfel am 21. Juli darauf geeinigt, den EFSF auf 440 Milliarden Euro Kreditgarantien für angeschlagene Euro-Staaten aufzustocken und mit neuen Rechten für den Ankauf von Staatsanleihen auszustatten. Darüber soll der Bundestag am 23. September abstimmen. Zuvor müsste das Bundeskabinett am 31. August über den EFSF entscheiden.
Teure Eurobonds?
Das Bundesfinanzministerium widersprach unterdessen einer Meldung des "Spiegel" über die Kosten der Einführung von Eurobonds. Das Magazin hatte berichtet, Experten des Bundesfinanzministeriums befürchteten Mehrbelastungen in Milliardenhöhe für den Bundeshaushalt. Demnach könnten schon im ersten Jahr höhere Zinskosten von bis zu 2,5 Milliarden Euro auf den Etat zukommen. Im zweiten Jahr seien sie schon doppelt so hoch. Im zehnten Jahr würde die Mehrbelastung zwischen 20 und 25 Milliarden Euro liegen.
Das Bundesfinanzministerium bestätigte die Zahlen nicht. Konkrete Belastungen durch die Einführung von Eurobonds könnten nicht genannt werden.
Merkel bleibt unkonkret
Merkel wiederholte im ZDF ihren Appell für regelmäßige Treffen der Staats- und Regierungschefs der Eurozone, um sich besser abzustimmen. "Das können sie auch 'Wirtschaftsregierung' nennen", sagte die Kanzlerin. Sie verwies zugleich auf "erhebliche langfristige Aufgaben", um auf den Märkten in Europa wieder mehr Vertrauen zu schaffen. Dies habe "viel mit dem Abbau von Schulden zu tun". Gemeinsamen europäischen Anleihen, sogenannten Eurobonds, als Mittel gegen die aktuelle Finanzkrise in der Eurozone erteilte Merkel erneut eine Absage.
DGB-Chefs Michael Sommer kritisierte den Vorschlag für eine Wirtschaftsregierung, so wie von Merkel und Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy angeregt. "Wir brauchen dazu eine echte Wirtschaftsregierung, etwa legitimiert durch das EU-Parlament und keinen Etikettenschwindel wie er uns jetzt mit dem Merkel-Sarkozy-Plan präsentiert wird", sagte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes dem "Handelsblatt". Es gehe nicht nur um Fiskalpolitik. "Wir brauchen eine Harmonisierung der gesamten Volkswirtschaften."