Tarifstreit mit der Deutschen Bahn EVG zeigt sich offen für Schlichtung
Im Tarifstreit zwischen der Deutschen Bahn und der EVG stehen unbefristete Streiks im Raum. Auch während der Sommerferien könnte es zu Ausständen kommen. Eine Lösung per Schlichtung schließt die Gewerkschaft jedoch nicht aus.
Trotz der angekündigten Urabstimmung über unbefristete Streiks bei der Deutschen Bahn zeigt sich die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) offen für die Option, den Tarifstreit über ein Schlichtungsverfahren beizulegen.
"Wir sind Tag und Nacht gesprächsbereit. Sollte der Arbeitgeber mit einer Schlichtungsforderung an uns herantreten, können wir schnell entscheiden", sagte der Vorsitzende der EVG, Martin Burkert, im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk. Es sei jederzeit möglich, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
Die Gewerkschaft hatte am Mittwoch die Verhandlungen in dem seit Februar andauernden Tarifkonflikt für gescheitert erklärt. Einen Tag später kündigte der EVG-Vorstand an, eine Urabstimmung der etwa 110.000 stimmberechtigten Mitglieder bei der Deutschen Bahn über unbefristete Streiks vorzubereiten.
"Die Streikkasse ist gut gefüllt"
Burkert zeigte sich gut gewappnet für längerfristige Ausstände: "Wir hatten unseren letzten unbefristeten Streik vor 31 Jahren. Die Streikkasse ist gut gefüllt." Im Falle von unbefristeten Streiks hätten die Beteiligten keinen Anspruch auf auf Lohn oder Gehalt, auch nicht auf Arbeitslosengeld. Dann würde die Gewerkschaft für den Verdienstausfall einspringen.
Gleichzeitig betonte Burkert, die EVG sei keinesfalls "streikwütig". Die Deutsche Bahn hatte die Entscheidung für die Urabstimmung als eine "völlig unnötige Eskalation" kritisiert und der Gewerkschaft vorgeworfen, einen fast fertigen Tarifabschluss wegzuwerfen.
Bis zu einem Ergebnis der Urabstimmung wird es laut EVG vier bis fünf Wochen dauern. Dabei müssten sich 75 Prozent aller Stimmberechtigten für die unbefristeten Streiks aussprechen. Erneute Warnstreiks bei der Bahn sind aber schon vorher möglich. Burkert schloss nicht aus, dass diese auch in die Sommerferien fallen könnten.
Heil appelliert an "Einsicht und Vernunft"
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) äußerte im Deutschlandfunk die Hoffnung, dass doch noch eine Einigung erzielt werden könne. "Ich setze da auf Einsicht und Vernunft", sagte der SPD-Politiker. Ein Kompromiss könne in einer Demokratie "nie ein Schimpfwort sein".
Die Verhandlungen zwischen EVG und Deutscher Bahn könnten jederzeit - auch während eines unbefristeten Streiks - fortgesetzt werden. Über einen möglichen Tarifabschluss müssten die Gewerkschaftsmitglieder dann erneut per Urabstimmung entscheiden. 25 Prozent der Stimmberechtigten müssten in diesem Falle für den ausgehandelten Kompromiss stimmen.
Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte beide Konfliktparteien "noch einmal eindringlich" dazu aufgerufen, "sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein". ""Die Herausforderungen im Bereich der Schiene sind immens und können nur im Schulterschluss mit allen Tarifpartnern bewältigt werden", mahnte er in der "Bild". Und er betonte, dass viele Menschen sich in den Sommerferien "ganz bewusst für das klimafreundliche Reisen mit der Bahn entschieden" hätten. Daher dürfe ihr Vertrauen nicht aufs Spiel gesetzt werden.
Tarifkonflikt dauert seit Monaten an
Um den Druck auf die Arbeitgeberseite zu erhöhen, hatte die EVG bereits im März und April zu Warnstreiks aufgerufen. Im Mai hatte sie zu einem Ausstand aufgerufen, der rund 50 Stunden andauern sollte. Dieser war jedoch abgewendet worden, weil sich EVG und Bahn auf einen verpflichtenden Vergleich einigen konnten.
Seitdem ist es jedoch nicht gelungen, in Verhandlungen einen Kompromiss über einen Tarifvertrag zu erzielen. Die EVG fordert eine Lohnerhöhung von mindestens 650 Euro im Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Lohngruppen. Die Laufzeit sollte nach ihren Vorstellungen ein Jahr betragen. Die Gewerkschaft verhandelt für rund 230.000 Beschäftigte bei rund 50 Bahn- und Busunternehmen, darunter etwa 180.000 bei der Deutschen Bahn.
Die Bahn stellte zuletzt einen hohen Festbetrag, 2850 Euro Inflationsausgleichsprämie und weitreichende strukturelle Verbesserungen in Aussicht. Details zu diesen Verbesserungen nannte sie aber nicht. Der Konzern will die Laufzeit des Tarifvertrags auf 27 Monaten festsetzen.
Die EVG lehnt diese Laufzeit jedoch als zu lang ab. Zudem kritisierte sie die angebotene Lohnerhöhung als zu niedrig und zu spät. "Die Leute brauchen ab sofort mehr Geld", betonte der Vorsitzende Burkert.