Geschlossen auch im Dezember: Abgesperrte Tische vor einem Lokal in Hannover.
FAQ

Milliarden-Unterstützung So funktionieren die Corona-Nothilfen

Stand: 26.11.2020 12:18 Uhr

Die Novemberhilfen für Firmen, Einrichtungen und Vereine können nun beantragt werden - und der Bund will sie im Dezember fortführen. Wer bekommt wieviel? Was kosten die Hilfen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wer bekommt eine Entschädigung?

Alle, denen das Geschäft im Moment untersagt ist: Betriebe, Vereine und Einrichtungen, die schließen mussten - egal, ob es um private Firmen, gemeinnützige oder öffentliche Unternehmen geht. Auch Solo-Selbstständige, etwa Kulturschaffende, erhalten Hilfe. Vor allem geht es um Restaurants, Cafés, Bars, Kneipen oder Clubs - aber auch um Schwimmbäder, Fitnessstudios, Theater, Kinos, Konzerthäuser, Freizeitparks, Spielhallen, Kosmetikstudios, Massagepraxen oder Tattoo-Läden. Zudem werden Hotels, Pensionen oder Jugendherbergen unterstützt.

Auch "indirekt Betroffene" sollen Hilfe erhalten. Als solche gelten sie, wenn sie regelmäßig 80 Prozent ihrer Umsätze durch Aufträge von geschlossenen Betrieben erwirtschaften. Das soll zum Beispiel der Kultur- und Veranstaltungswirtschaft zugute kommen - etwa Tontechnikerinnen und Tontechnikern.

Wie viel wird gezahlt?

Erstattet werden sollen zunächst 75 Prozent des Umsatzes vom November 2019 - bei Betrieben mit bis zu 50 Beschäftigten. Größere Unternehmen sollen weniger erhalten. Der Bund will das Programm auch im Dezember fortführen. Hilfen von mehr als vier Millionen Euro müssen noch von der EU-Kommission genehmigt werden, da sonst ein Verstoß gegen das europäische Beihilferecht droht. Wenn ein Unternehmen im November 2019 noch nicht existierte, gelten die Umsätze vom Oktober 2020 als Bezugspunkt. Andere staatliche Leistungen wie das Kurzarbeitergeld oder Überbrückungshilfe werden generell verrechnet.

Solo-Selbstständige können eine Pauschale von bis zu 5000 Euro erhalten. Ansprüche aus der Grundsicherung kommen bei ihnen noch dazu.

Was gilt für Außer-Haus-Verkauf?

Grundsätzlich können alle Betriebe 25 Prozent ihrer Umsatzes vom November 2019 erwirtschaften, ohne dass dies von den Hilfen abgezogen wird - etwa mit Lieferdiensten. Für Restaurants mit Außer-Haus-Verkauf gilt: Die Erstattung von 75 Prozent der Umsätze aus dem Vorjahresmonat gilt nur für Speisen und Getränke, die Kunden im Lokal verzehrt haben. Dafür können die Gastronomen dann unbegrenzt "To-Go"-Geschäft betreiben, ohne dass dieses angerechnet wird.

Um wie viel Geld geht es insgesamt?

Rund 15 Milliarden Euro veranschlagt die Regierung für die November-Hilfen. Für die Ausweitung auch auf den Dezember rechnet sie mit weiteren Kosten von ungefähr 17 Milliarden Euro. Das Geld soll teilweise aus dem Topf für die bisherigen Corona-Hilfsprogramme kommen, bei denen manches bislang nur zu einem kleinen Teil abgerufen worden ist.       

Wie können Betroffene die Hilfen beantragen?

Seit dieser Woche sind Anträge möglich, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Mittwoch mitteilte. Für Betriebe, Einrichtungen oder Vereine müssen Steuerberaterinnen oder Steuerberater, Rechtsanwalts-Kanzleien oder Wirtschaftsprüfungs-Büros den Antrag stellen - über eine bundeseinheitliche IT-Plattform. Solo-Selbstständige mit einer Förderung von bis zu 5000 Euro können dies direkt tun - über eine Internetseite des Wirtschaftsministeriums und des Finanzministeriums. Nötig ist eine Registrierung auf dem Steuererklärungs-Portal elster.de

Ab wann wird gezahlt?

Die Regierung hat versprochen, dass die ersten Gelder schon Ende November fließen sollen - als Abschlag von bis zu 50 Prozent der beantragten Summe, der aber höchstens 10.000 Euro betragen soll.

Reichen die Hilfen aus?

Restaurants, Kneipen oder Freizeiteinrichtungen dürften mit der umfangreichen Erstattung von Umsätzen zunächst einigermaßen gut über die Wochen des Teil-Lockdowns kommen. Probleme könnten viele Einzelhändler bekommen, wenn ihnen das ohnehin maue Geschäft mit den neuen Auflagen noch stärker einbricht. Wirtschaftsminister Peter Altmaier ist daher für zusätzliche verkaufsoffene Sonntage. In jedem Fall rechnen Ökonomen in den kommenden Monaten mit zunehmenden Firmenpleiten. Wie hart es die Wirtschaft trifft, hängt in erster Linie von der weiteren Entwicklung der Infektionszahlen ab.

Wie viele Hilfen für die Wirtschaft sind schon geflossen?

Insgesamt hat der deutsche Staat laut Finanzministerium bis Mitte November schon mehr als 70 Milliarden Euro an Corona-Hilfen bewilligt. Der größte Posten dabei sind allerdings Kredite der Förderbank KfW. Sie machen rund 45 Milliarden Euro aus.

Knapp 14 Milliarden Euro entfallen bislang auf Soforthilfen für kleine Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler. Dazu kommen etwa 6,5 Milliarden Euro aus dem sogenannten Wirtschaftsstabilisierungsfonds, aus dem Kreditgarantien des Bundes finanziert werden, und Hilfen für Firmen in Finanznot. Für mehrere Milliarden Euro hat der Bund Bürgschaften bereitgestellt.

Dazu kommt noch das Rettungspaket für die Lufthansa: Dies alleine umfasst rund neun Milliarden Euro - für den 20-Prozent-Anteil an der schwer angeschlagenen Fluglinie, stille Einlagen und Kredite. Ein großer Posten ist auch das Kurzarbeitergeld, das die Unternehmen entlastet. Es wird den Etat der Bundesagentur für Arbeit in diesem Jahr tief ins Minus reißen - erwartet wird ein Defizit im zweistelligen Milliarden-Bereich. Im ersten Halbjahr lag es bereits bei 10,3 Milliarden Euro.       

Wie finanziert der Staat das alles?

Durch Schulden. 96,2 Milliarden neue Schulden hatte Finanzminister Olaf Scholz bislang für das kommende Jahr eingeplant, nun sollen es offenbar mindestens 180 Milliarden Euro werden. Für dieses Jahr hatte der Bundestag eine Rekord-Neuverschuldung von 218 Milliarden Euro gebilligt, wobei die Zahl wegen stockend abfließender Gelder am Ende voraussichtlich niedriger ausfallen wird. Trotz der umfangreichen Corona-Hilfen wird Deutschland immer noch eine niedrigere Schuldenquote haben als andere große Industrienationen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten am 26. November 2020 Deutschlandfunk um 07:15 Uhr und Inforadio um 10:22 Uhr.