Neue EU-Finanzmarktaufsicht Mit drei Behörden gegen die Krise
Gleich drei neue Behörden sollen seit Neujahr die Finanzmärkte und ihre Akteure in der EU unter Kontrolle halte: EBA, ESMA und EIOPA sind dabei mit mehr Kompetenzen ausgestattet als es viele Staaten ursprünglich wollten. Doch noch fehlen die Chefs - und einige Richtungsentscheidungen.
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Heute beginnt auf Europas Finanzmärkten eine neue Zeitrechnung. Dann ist der offizielle Startschuss für drei neue europäische Aufsichtsbehörden für die Banken (EBA), für die Börsen (ESMA) und für die Versicherungen (EIOPA). Die neuen Behörden sind offensichtlich recht attraktiv. Mehr als 300 Kandidaten haben sich für die Spitzenposten von EBA, ESMA und EIOPA beworben.
EBA, ESMA und EIOPA - diese Kürzel stehen für Europas Entschlossenheit, die undurchsichtigen Finanzmärkte besser in den Griff zu bekommen. Die drei neuen Aufsichtsbehörden für die Banken, für die Börsen und Wertpapiermärkte und für die Versicherungen sind mit erheblichen Kompetenzen ausgestattet, um unverbesserliche Zocker, unvorsichtige Banker und uneinsichtige Ratingagenturen in Schach zu halten - ganz anders als ihre Vorläuferorganisationen, die im Prinzip nichts weiter als Arbeitsgemeinschaften der nationalen Aufseher waren.
"Die Krise war auch ein Versagen der Aufsicht"
Erst im Herbst hatten sich die EU-Mitgliedsstaaten und das Europäische Parlament nach langen und schwierigen Verhandlungen auf diese europäische Finanzaufsicht geeinigt. Es war eine überraschende Einigung, die den neuen Behörden deutlich mehr Biss verleiht, als ihnen viele Regierungen eigentlich zugestehen wollten. Der zuständige EU-Kommissar Michel Barnier sprach danach vom Kern einer neuen europäischen Finanzmarkt-Kontrolle: "Das ist die erste große Lehre, die wir aus der Finanzkrise ziehen, denn diese Krise war zum großen Teil ein Versagen der Aufsicht." Die Tage des Casino-Spielens seien nun vorbei, keiner dürfe mehr verrückte Risiken eingehen, um verrückte Gewinne zu machen.
Oder, wie der Europaabgeordnete Udo Bullmann, SPD, sagt: "Es kann nicht mehr sein, dass die Aufseher nicht wissen, was die großen Finanzinstitute eigentlich in der Praxis machen." Nach Ansicht des grünen Abgeordneten Sven Giegold hätten zum Beispiel die gigantischen Probleme Irlands mit seinen Banken mit den jetzigen neuen Strukturen vermieden werden können: "Das hätte eine neue europäische Bankenaufsicht mit den neuen rechtlichen Möglichkeiten verhindern können, das konnte sie vorher nicht."
Die tägliche Routinearbeit soll auch künftig bei den nationalen Aufsehern verbleiben. In Deutschland ist das die BaFin, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Aber bei Streitfällen zwischen den nationalen Behörden oder in Krisenzeiten hat jetzt die europäische Ebene das letzte Wort.
Aufseher in London, Paris und Frankfurt
Die Bankenaufseher sitzen in London, die Wächter über die Börsen in Paris und in Frankfurt am Main quartieren sich die Kontrolleure der Versicherungsgesellschaften und der Pensionsfonds ein. In Frankfurt, bei der Europäischen Zentralbank, ist auch der neue Rat für Systemrisiken angesiedelt. Der soll Probleme, die die Stabilität des gesamten EU-Finanzsystems gefährden, rechtzeitig erkennen und die Regierungen zu Gegenmaßnahmen auffordern.
So richtig loslegen können die neuen Behörden mit dem offiziellen Starttermin noch nicht. Derzeit steckt man, so Giegold, noch in der Aufbauphase: "Und das wird noch einige Monate dauern, bis sie alle Leute eingestellt haben. Derzeit laufen die Einstellungsverfahren. Aber die Arbeit ist trotzdem gewährleistet, weil eben die Vorläuferorganisationen da sind."
Spätestens im Frühjahr sollen auch die Chefs von EBA, ESMA und EIOPA ernannt sein. Das ist auch eine Richtungsentscheidung. So wollen die Briten unbedingt den Chefposten bei der Wertpapieraufsicht. Dann könnten sie besser dafür sorgen, dass der Finanzplatz London nicht zu sehr an die Kandare genommen wird.
Erste Bewährungsprobe Stresstest
Im Februar allerdings kommt schon die erste Bewährungsprobe auf die neue Bankenaufsichtsbehörde zu. Dann gibt es die zweite Runde der Bankenstresstests. Dabei sollen die großen Finanzinstitute nachweisen, ob sie für Krisensituationen ausreichend gewappnet sind. Die erste Runde vor einem halben Jahr war von Investoren und Analysten als zu lasch kritisiert worden. Nun muss die EBA beweisen, dass es eine einheitliche europäische Kontrollbehörde tatsächlich besser kann.