VR-Bank in Schieflage Wie groß ist das Loch bei der "Effenberg-Bank"?
Die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden, auch bekannt als "Effenberg-Bank", ist in Schieflage geraten. Ihr Fall wirft Fragen auf: Wie verlässlich sind Genossenschaftsbanken? Hat die BaFin rechtzeitig reagiert?
Wenn die Bankenaufsicht BaFin einen ihrer Leute schickt, dann ist die Lage ernst: Christian Gervais leitet seit knapp vier Monaten die Geschäfte der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden. Sein Ziel: erstmal für Ruhe sorgen. "Kein Kunde, kein Anteilseigner, kein Geschäftspartner, kein Handwerker, der bei uns eine Rechnung stellt, wird Geld verlieren. Wir werden geschützt von allen Volks- und Raiffeisenbanken", stellt Gervais im Interview mit dem MDR klar.
Bekannt geworden unter dem Namen Effenberg
Der Sonderbeauftragte der BaFin kehrt in Thüringen die Scherben auf, die der mittlerweile zurückgetretene Bankchef Stefan Siebert hinterlassen hat. Unter seiner Führung schreckte die VR-Bank nicht vor außergewöhnlichen Geschäftsfeldern zurück: Der Bank gehören etwa Immobilien in Oberhausen, die teilweise als Bordelle genutzt werden. Er sei entsetzt, so BaFin-Sonderverwalter Gervais, dass so etwas in einer Genossenschaftsbank geschehen konnte.
Auch im Profi-Fußball war die Bank aktiv - inklusive Beraterdeal mit Ex-Nationalspieler Stefan Effenberg. Das Engagement brachte der Bank bundesweit Aufmerksamkeit ein - und einen Spitzenamen: "Effenberg-Bank".
Risikoreiche Geschäftsentscheidungen
Wie kommt es dazu, dass eine kleine Genossenschaftsbank solche Geschäftszweige verfolgt? "Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken, das sind natürlich die Banken, die bei vielen Deutschen in der Fläche sozusagen die Banken der Wahl sind", erklärt Christina Bannier, Professorin für Banking und Finance an der Universität Gießen. "Sie gelten als sehr vertrauenswürdig und stabil. All diese Banken - aber auch alle Privatbanken - leiden aber auch unter dem enormen Kostendruck, der sich in den letzten Jahren ergeben hat."
Das wiederum hänge etwa mit der wachsenden Regulatorik für die Banken zusammen, erläutert Bannier. Grundlegende Aufgaben aus dem Risikomanagement seien für Häuser aus dem Bereich der Sparkassen oder Volks- und Raiffeisenbanken nur noch schwer kontrollierbar.
Der Kostendruck nehme zu: "Und dem muss man natürlich auch begegnen, in dem man Geschäftsentscheidungen trifft - beispielsweise Kreditvergabeentscheidungen", so Bannier. "Solche Geschäftsentscheidungen können mit viel Risiko verbunden sein - und die können auch durchaus mal nicht gut ausgehen."
Andere VR-Banken hängen mit drin
Wohin das im Zweifel führt, zeigt gegenwärtig der Fall der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden. Es ist ein Extremfall, den nun andere Volks- und Raiffeisenbanken ausbügeln dürften: Die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden beansprucht die Hilfe anderer Genossenschaften - so sieht es die Sicherungseinrichtung des Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken vor.
Wie teuer die Sanierung der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden am Ende wird, bleibt abzuwarten. Medienberichten zufolge könnte es ein dreistelliger Millionenbetrag sein - ein Loch, das entstanden sein könnte, weil die VR-Bank den Wert ihrer Immobilien in den vergangenen Jahren möglicherweise deutlich zu hoch angesetzt hat.
Fingerspitzengefühl der BaFin gefragt
Hätte das die BaFin verhindern können, kamen die Aufseher zu spät? Es sei noch zu früh, das zu beurteilen, sagt Wirtschaftswissenschaftlerin Bannier. "Fakt ist, auch eine BaFin muss sich natürlich sehr gut überlegen: 'Wann greifen wir in die Autonomie einer Bank ein?' Da darf man nicht zu früh agieren, denn sonst weckt man auch Reputationsrisiken, die vielleicht nicht gerechtfertigt wären für die Bank."
Welchen Schaden die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden angerichtet hat, ist also noch nicht absehbar. Ein Geschäftsbericht für das Jahr 2022 liegt noch immer nicht vor. Auch der Reputationsschaden für den Bankensektor ist kaum zu beziffern: Von Bordellen und dem Profi-Fußball dürften andere Genossenschaftsbanken in Zukunft aber wohl eher Abstand nehmen.