Zeitweise Parität zum Dollar Viele Faktoren schwächen den Euro
Es ist der tiefste Stand seit 20 Jahren: Der Euro war heute zeitweise nur noch exakt einen US-Dollar wert. Die europäische Währung steht schon seit längerem unter Druck - und zwar aus mehreren Gründen.
Für Finanzexperten war schon länger nicht mehr die Frage, ob die Parität kommt, sondern es ging nur noch um das wann. Nun ist sie da. Zum ersten Mal seit 20 Jahren sind Euro und Dollar gleich viel wert. Auch für den Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, ist das keine Überraschung. "Es ist vor allem eine Dollar-Stärke", konstatiert der Ökonom. "Der Dollar hat gegenüber den meisten Währungen deutlich aufgewertet, seit Jahresanfang im Schnitt um zwölf Prozent. Aber es fällt auf, dass er gegenüber dem Euro überproportional aufgewertet hat." Also sei da auch ein Element einer Euro-Schwäche enthalten.
Sicherer Hafen in unsicheren Zeiten
Für den Dollar als Investitionsobjekt spricht unter anderem sein Ruf als sicherer Hafen in unsicheren Zeiten. Und unsicher sind die Märkte angesichts von Inflations-, Kriegs- und Rezessionssorgen allemal. Der Euro wird aber zusätzlich von der drohenden Gaskrise belastet, erklärt Krämer. "Von der wäre ja der Euroraum viel stärker betroffen als die Amerikaner, weil die USA ja netto keine Energie importieren müssen wie wir."
Für die deutsche Wirtschaft ist die Euro-Parität zur US-Währung ein zweischneidiges Schwert. Unternehmen, die in die USA exportieren, könnten unter Umständen profitieren. Denn amerikanische Kunden müssen für deutsche Waren jetzt weniger Geld hinlegen - und kaufen dann oftmals mehr.
Aber auch die deutschen Exporte hätten zuletzt geschwächelt, erzählt Robert Halver von der Baader Bank - denn für eine Warenausfuhr müsse es ja auch etwas zu Exportieren geben: "Es gibt ja zunehmend eine Industrielandschaft, wo Länder wie China immer mehr aufholen. Das heißt, sie brauchen gar nicht mehr bei uns einzukaufen", so Halver. "Was nutzt es denn, wenn wir einen schwachen Euro haben, wenn unsere Möglichkeiten zu verkaufen zwar nicht zusammenbrechen, aber weniger werden?"
Der Euro als Inflationstreiber
Das zweite Problem für deutsche Unternehmen: Rohstoffe und Vorprodukte werden auf den Weltmärkten fast immer in Dollar abgerechnet. Sie zu importieren, wird mit einem schwachen Euro also teurer. Die Mehrkosten bei der Produktion werden von den Unternehmen dann oft an die Verbraucher weitergegeben, die Endpreise steigen. Der schwache Euro wird also zum Inflationstreiber im Euroraum.
Ob die europäische Währung nun weiter fällt oder sich erholt, dürfte in großem Maße von den Entscheidungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Sachen Gaslieferungen abhängen, glaubt Krämer. "Wenn er das Gas nach der Wartung der Pipeline nicht wieder hochdreht und hier eine Gaskrise droht, dann wird der Euro noch weiter massiv abwerten. Es hängt extrem davon ab, wie es mit den Gaslieferungen weitergeht." Helfen könnten dem Euro aber auch entschlossenere Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank. Doch die EZB ist vor solchen Schritten zuletzt stets zurückgeschreckt, um die schwächeren Staaten im Euroraum nicht unter zu hohen Zinsdruck zu setzen.