Dollar schwächelt Das kleine, aber feine Comeback des Euro
Der Euro profitiert von der Schwäche des Dollar und hat nun Chancen auf einen weiteren Anstieg. Europas Verbraucher können sich freuen - egal ob Autofahrer oder Touristen.
Die Machtverteilung an den Devisenmärkten schien seit dem Sommer klar: Der Dollar zeigt Stärke, der Euro schwächelt. Doch inzwischen hat sich der Trend umgekehrt, der Euro feiert ein kleines Comeback.
War die europäische Gemeinschaftswährung Anfang Oktober noch bis auf 1,0453 Dollar und damit den tiefsten Stand seit Dezember vergangenen Jahres gefallen, so hat sie seither eine fulminante Kursrally aufs Parkett gelegt. Zu Wochenbeginn notiert der Euro bei bis zu 1,0756 Dollar - so hoch wie seit knapp acht Wochen nicht mehr. Binnen weniger Wochen hat sich die europäische Devise damit um rund drei Cent verteuert. Der im Juli eingeleitete Abwärtstrend zum Dollar ist durchbrochen.
Höherer Wohlstand durch stärkeren Euro
Für Verbraucher ist der wiedererstarkende Euro eine gute Sache. So wird etwa für Geschäftsreisende und Touristen aus dem Euroraum ein Aufenthalt in den USA deutlich günstiger. Konsumenten und Unternehmen, die Waren und Rohstoffe aus dem Nicht-Euro-Raum beziehen, müssen nun weniger Euro auf den Tisch legen.
Das dürften auch Heizöl-Kunden und Autofahrer positiv zu spüren bekommen. Denn Rohstoffe wie Öl werden in Dollar gehandelt. Steigt der Euro zum Dollar, müssen Käufer im Euroraum für die gleiche Menge Öl oder Sprit unter sonst gleichen Bedingungen weniger bezahlen. Der starke Euro könnte damit unterm Strich auch für eine weiter rückläufige importierte Inflation sorgen. Günstigere Importe und eine niedrigere Inflation lassen den Wohlstand steigen.
Euro-Stärke oder Dollar-Schwäche?
Doch was sind die Gründe für den wieder erstarkenden Euro-Dollar-Kurs? Experten zufolge ist die Euro-Stärke in erster Linie eine Dollar-Schwäche. Aktuell sei im Dollar-Kurs bereits viel Positives eingepreist, erläutert Commerzbank-Devisenexpertin Antje Praefcke. Sein Aufwärtspotenzial sei daher beschränkt.
Fed wohl am Ende ihres Zinserhöhungszyklus
Tatsächlich hat der Dollar zumindest von Seiten der Geldpolitik wohl keine Unterstützung mehr zu erwarten, in den USA mehren sich die Zeichen für einen Zinsgipfel. So wurden im Nachgang des Fed-Zinsentscheids in der vergangenen Woche die Erwartungen an weitere Zinserhöhungen der US-Notenbank am Markt Stück für Stück ausgepreist.
Dabei spielen den Währungshütern auch die stark gestiegenen Anleiherenditen in die Hände: Die Rendite für zehnjährige US-Staatsanleihen war zuletzt erstmals seit 2007 wieder zeitweise über die Marke von fünf Prozent gestiegen. Im Kampf gegen die Inflation hat der Anleihemarkt der Fed somit Arbeit abgenommen, das hat Fed-Chef Jerome Powell kürzlich selbst zugegeben. Hinzu kommt: Der US-Arbeitsmarkt hat sich den jüngsten Daten zufolge merklich abgekühlt - auch das nimmt den Druck von der Fed, die Zinsen weiter zu erhöhen.
Erste US-Zinssenkung bereits im Mai 2024?
"Der nächste Schritt der Fed dürfte eine Senkung der Leitzinsen sein, und zwar spätestens im Sommer kommenden Jahres, wenn die US-Wirtschaft in eine Rezession gerutscht ist", ist daher auch Eckhard Schulte, Vorstandsvorsitzender des Vermögensverwalters MainSky Asset Management, überzeugt.
Dem Fed Watch Tool der CME Group zufolge liegt die Wahrscheinlichkeit für eine Beibehaltung des US-Leitzinses auf der nächsten Notenbank-Sitzung am 13. Dezember bei über 90 Prozent. "Neu ist, dass die Futures-Märkte eine erste Leitzinssenkung bereits für die Mai-2024-Sitzung erwarten", betont Marktexperte Robert Rethfeld von Wellenreiter-Invest. Zu Beginn der vergangenen Woche sei noch der Juni favorisiert worden.
Charttechnik auf Seiten des Euro
Auch aus technischer Sicht spricht derzeit viel für einen fallenden Dollar - und damit für einen steigenden Euro-Dollar-Kurs. So hat der US-Dollar-Index, der den Wert der US-Devise zu einem Währungskorb berechnet, seinen Aufwärtstrend gebrochen. Parallel dazu hat der Euro-Dollar-Kurs seinen Abwärtstrend seit dem Hoch im Juli bei 1,1275 überwunden. Der nächste ernstzunehmende Widerstand ist nun erst wieder auf Höhe der 200-Tage-Linie bei knapp über 1,08 Dollar auszumachen.
Gaza-Krieg als Risikofaktor
Risiken für die weitere Euro-Entwicklung bestehen allerdings: So kamen zuletzt von der Konjunkturfront eher verhaltene Signale, vor allem die größte Volkswirtschaft der Eurozone schwächelte. Experten rechnen damit, dass die deutsche Wirtschaft nach einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im dritten Jahresviertel wohl auch im vierten Quartal leicht schrumpfen und damit in eine "technische Rezession" fallen wird. Die Zinserhöhungen der EZB zeigen Wirkung - das lässt weitere Zinserhöhungen der EZB unwahrscheinlicher werden.
Ob der Euro aber zum Dollar weiter im Aufwind bleiben kann, dürfte in erster Linie im Nahen Osten entschieden werden. Sollte der Gaza-Krieg eskalieren und sich auf weitere Länder im Nahen Osten ausdehnen, so wären "sichere Häfen" wie der US-Dollar schlagartig wieder gesucht.