75 Jahre KfW Wenn der Staat Geld verteilen will
Die staatliche Förderbank KfW zählt zu Deutschlands größten Geldinstituten. Einst finanzierte sie den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg - heute den Wiederaufbau intakter Natur.
Sie wurde gegründet, um nach dem Zweiten Weltkrieg Wirtschaftshilfe der USA aus dem "Marshallplan" zu verwalten. Am 18. November 1948 trat das Gesetz über die Kreditanstalt für Wiederaufbau in Kraft. Wenige Wochen später begann die Geschäftstätigkeit in bescheidenen Büros am Hauptbahnhof von Frankfurt am Main. Heute ist die KfW die drittgrößte Bank Deutschlands.
Der Marshallplan stellte 18 Staaten Warenlieferungen aus den USA im Wert von 12,4 Milliarden Dollar zur Verfügung. Auf Westdeutschland entfielen 1,6 Milliarden Dollar. "Es handelte sich keineswegs um riesige Beträge", notierte der Chronist des westdeutschen Wirtschaftswunders, Kurt Pritzkoleit. Für das Wachstum der 1950er-Jahre war der Marshallplan vor allem psychologisch wichtig. "Die Ankündigung der Hilfslieferung", schreibt der Wirtschaftshistoriker Werner Abelshauser, "hat dazu beigetragen, deutsche Rohstoff- und Warenvorräte zu mobilisieren."
Neue Aufgaben
Die KfW verwaltete nicht nur Hilfe aus Amerika. Sie erhielt das Recht, Schuldverschreibungen auszugeben. Damit wurde Geld erzeugt, das zur Finanzierung dringend nötiger Investitionen der Schwerindustrie eingesetzt wurde. In den 1960er-Jahren kam Finanzierung der westdeutschen Entwicklungshilfe dazu, später Wirtschaftsförderung und schließlich Management der Milliarden für den Aufbau Ostdeutschlands.
Wenn die Bundesregierung Zuschüsse für klimafreundliche Sanierungen verteilen will, tut sie das über die KfW. Wenn ein strauchelndes Unternehmen dringend Geld braucht, verpflichtet die Regierung ihre Staatsbank zur Finanzierung. Als in der Energiekrise schnell Milliardenbeträge für Gaslieferanten nötig wurden, sprang die KfW ein. Nebenbei verwaltet das Institut Staatsbeteiligungen an Unternehmen wie Post und Telekom.
Wiederaufbau und Wirtschaftshilfe
Zwar heißt die Bank noch immer offiziell "Kreditanstalt für Wiederaufbau". Das klingt in den Ohren des Managements schon seit Jahren zu spießig und altertümelnd, weshalb die Bank im Geschäftsverkehr nur unter "KfW" firmiert. Dabei sind viele Aufgaben gleichgeblieben: Die KfW finanziert nach wie vor Aufbau. Früher ging es um Wiederaufbau der im Krieg zerstörten Industrie und von Häusern. Heute geht es um Wiederaufbau intakter Natur und Umwelt. Neu ist die heute enorm wichtige Finanzierung staatlich gewünschter Projekte.
Vor 75 Jahren existierten Bundesrepublik und DDR noch nicht. USA und Großbritannien hatten ihre Besatzungszonen in Westdeutschland zur "Bizone" zusammengefasst, mit einer beschränkten Regierung und einem eingeschränkten Parlament unter Kontrolle der Militärregierungen der angelsächsischen Siegerstaaten. Dieses Parlament, der "Wirtschaftsrat", erließ Anfang November 1948 das Gesetz, mit dem die KfW gegründet wurde. Mit zahlreichen Änderungen des Deutschen Bundestages gilt es noch heute.
Von der Behörde zur Bank
Lange waren Unterlagen, die die KfW verschickte, bei Banken legendär für Penibilität und Akkuratesse. Gegliedert mit einzeln beschrifteten Fähnchen, die Anlagen sorgfältig durchnummeriert, Details mit spitzem Bleistift markiert und in Klarsichthüllen getütet, demonstrierte Post von der KfW deren bürokratische Arbeitsweise.
In der Gegenwart hat sich die KfW drastisch gewandelt - von einer Behörde zu einer echten Bank. Obwohl sie das rechtlich nicht müsste, unterwirft sich die KfW seit einigen Jahren auch der Kontrolle durch die Bankenaufsicht. Von der Bilanzsumme ist die KfW dicht hinter der DZ Bank und weit vor der Commerzbank heute die drittgrößte Bank des Landes.
Kein normaler Aufsichtsrat
Einzig ihre interne Aufsicht hat wenig mit der Praxis bei kommerziellen Banken zu tun. 37 Beamte, Politiker und Funktionäre bilden einen Verwaltungsrat. Gewerkschafter, Vertreter aus Unternehmerverbänden und der Bundesländer und Abgeordnete gehören dazu.
Sollten einmal alle Mitglieder zur Sitzung kommen, wäre das halbe Bundeskabinett vertreten: Sieben Bundesminister sitzen in dem KfW-Aufsichtsgremium. Vorsitzender des Verwaltungsrats ist zurzeit Finanzminister Lindner FDP). Er wechselt sich jährlich mit Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) ab. Das Gremium ist weit entfernt von einem Aufsichtsrat, wie er im Deutschen Corporate Governance Kodex für normale Unternehmen beschrieben ist.