Solide Kursgewinne Auch Wall Street auf Erholungskurs
Sowohl die Wall Street als auch Europas Börsen gingen mit kräftigen Gewinnen aus dem Handel. Doch die Unsicherheit über den Zustand des Bankensektors und die künftige Fed-Geldpolitik bleibt.
Der Dow Jones ging mit plus 1,1 Prozent auf 32.155,40 Punkten aus dem Handel. Der breiter gefasste S&P 500 gewann 1,7 Prozent auf 3.920,02 Zähler. Die Technologiebörse Nasdaq 100 kletterte um 2,3 Prozent auf 12.199,79 Stellen.
Unterstützend war zum einen das Ausbleiben weiterer Hiobsbotschaften in der Bankenkrise. Aber auch der achte Rückgang in Folge bei der US-Inflation und die damit verbundene Hoffnung auf eine moderate Geldpolitik der US-Notenbank Fed hat die Stimmung etwas aufgehellt.
Im Februar stiegen die US-Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 6,0 Prozent, das ist der niedrigste Anstieg seit September 2021. "Eine Sorge weniger", kommentieren die Marktbeobachter von Index Radar. Dadurch sinke der Druck auf die Zentralbank, die Zinsen weiter anzuheben.
Für die Märkte ist die künftige Geldpolitik der Fed von großer Bedeutung: "Wegen des aktuellen Banken-Stresses ist die US-Notenbank in einer Zwickmühle: Inflationsbekämpfung oder Finanzmarktstabilität?", sagte Analyst Bastian Hepperle von der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe. "In welchem Ausmaß die Fed die Leitzinsen am 22. März anhebt, weiß sie auch in den nächsten Tagen noch nicht. Bleibt die Lage angespannt, sieht es nach einer Zinspause aus."
"Jetzt muss die Fed kurzfristig eine Abwägung zwischen einer im Hinblick auf das Erreichen ihres Inflationsziels gebotenen Zinserhöhung und den dadurch möglicherweise verursachten Risiken für fragile Banken treffen", schreiben die Experten der Commerzbank. Wie diese Abschätzung ausfalle, lasse sich noch nicht sicher beurteilen. "Allerdings ist ein großer Zinsschritt wohl vom Tisch, und selbst ein kleiner ist unsicher geworden", so die Fachleute.
Der DAX hatte zuvor 1,8 Prozent fester auf 15.232,83 Punkten geschlossen. Damit hat er einen Teil der gestrigen Kursverluste wieder wettgemacht. Viele Investoren nutzen hierzulande die stark gefallenen Kurse, um sich wieder mit Aktien einzudecken.
Auch in Europa gab es solide Kursgewinne: Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 2 Prozent höher bei 4179,47 Punkten. Der Pariser CAC 40 stieg um 1,9 Prozent auf 7141,57 Punkte. Mit einem Plus von 1,2 Prozent auf 7637,11 Zähler blieb der britische FTSE 100 hinter dieser Entwicklung zurück. Er wurde auch von der relativen Schwäche der Index-Schwergewichte aus dem Öl- und Rohstoffsektor etwas gebremst.
Doch ist die Erholung an Europas Börsen nachhaltig? "Zwar hofft jeder, dass die Turbulenzen, die die Märkte seit Freitag erschüttert haben, überwunden sind, aber ich bin mir nicht sicher, ob man dies mit Sicherheit sagen kann, und die Anleger werden weiterhin sehr sensibel auf die aktuellen Entwicklungen reagieren", kommentiert Craig Erlam vom Broker Oanda.
Im Moment wisse keiner, ob es sich in den USA um einen auf wenige Institute begrenzten Zwischenfall handele, oder ob es doch der Anfang einer neuen Krise sei. Die anstehenden Sitzungen der Europäischen Zentralbank und der US-Notenbank Fed dürften damit noch brisanter werden, meint Portfoliomanager Thomas Altmann von QC Partners.
Es sei zu erwarten, dass die EZB das europäische Bankensystem als stabil erachten werde, schrieben die Deutsche-Bank-Experten. Dennoch gebe es einen weltweiten Finanzschock, dessen Ausmaß und Dauer ungewiss sei.
Am Ölmarkt ist anders als an Europas Aktienmärkten von einer Gegenbewegung nichts zu sehen. Abgesehen von den Schockwellen der Silicon Valley Bank belasteten die Ölpreise auch die Anzeichen einer schwächer als erwarteten wirtschaftlichen Erholung in China, sagte Leon Li, Analyst bei CMC Markets.
Die Analysten der Commerzbank rechneten auch für die kommenden Tage mit großen Schwankungen an den Energiemärkten.
Die bessere Stimmung an den Finanzmärkten hat heute auch vielen Kryptowährungen Auftrieb verliehen. Der Bitcoin als älteste und bekannteste Digitalanlage stieg gegenüber dem Vortag um mehr als 2000 US-Dollar auf rund 26.500 Dollar. Das ist der höchste Stand seit Juni vergangenen Jahres. Auch andere Kryptowerte wie Ether oder XRP legten im Wert deutlich zu.
Zu den größten Verlierern im DAX zählt die VW-Aktie. Selbst die von Konzernchef Oliver Blume geschürte Hoffnung auf weitere Börsengänge von VW-Marken kann die Anleger nicht zu Käufen bewegen. Jefferies-Analyst Philipe Houchois sprach von schwachen Details der Wolfsburger zum Schlussquartal 2022. Er bemängelte vor allem die Margen des Autobauers.
Die Commerzbank-Aktie notierte im DAX deutlich fester, genauso wie die Titel der Deutschen Bank. Papiere der Commerzbank waren gestern um knapp 13 Prozent in die Tiefe gestürzt. Die Aktien anderer europäischer Geldinstitute wie BNP Paribas und Societe General in Paris, ING in Amsterdam sowie Banco BPM und UniCredit in Mailand erholten sich ebenfalls um bis zu 4,2 Prozent.
Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport hat im vergangenen Jahr dank der Erholung des Luftverkehrs von der Corona-Krise mehr verdient als erwartet. Das Konzernergebnis schnellte um 82 Prozent auf knapp 167 Millionen Euro und übertraf damit die Erwartungen der Analysten, die im Schnitt bei 100 Millionen Euro gelegen hatten.
Der Facebook- und Instagram-Mutterkonzern Meta will weitere 10.000 Beschäftigte entlassen. Die Entlassungen sollen das mittlere Management betreffen, teilte Konzernchef Mark Zuckerberg mit. Außerdem sollen 5000 offene Stellen bei Meta nicht besetzt werden. Erst im November hatte der Internetriese die Entlassung von 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angekündigt.
Der US-Flugzeugbauer Boeing ist bei seinen Auslieferungen wieder zurückgefallen. Im Februar wurden 28 Passagier- und Frachtjets ausgeliefert und damit deutlich weniger als die 38 aus dem Januar. Der weltgrößte Flugzeughersteller Airbus aus Europa hatte im Februar 46 Maschinen ausgeliefert, war im Januar aber nur auf 20 Exemplare gekommen. Damit liegen beide Unternehmen nach den ersten zwei Monaten des Jahres bei 66 Jets.