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Marktbericht

Verhaltener US-Handel Corona-Lage in China sorgt für Nervosität

Stand: 21.11.2022 22:29 Uhr

Die US-Aktienmärkte bleiben zweigeteilt. Das Abflauen der jüngsten Zinseuphorie schadet den Tech-Werten, Standardwerte halten sich dafür besser. Gestiegene Corona-Infektionszahlen in China sorgen für Nervosität.

In New York kamen die Anleger heute nicht wirklich aus der Deckung. Während der Dow Jones-Index, der Leitindex der Standardwerte, den größten Teil des Tages mit seinem Schlusskurs rang und letztlich nur leicht im Minus 0,13 Prozent bei 33.700 Punkten schloss, ging es an der zinssensitiven Technologiebörse Nasdaq deutlicher bergab. Der Composite-Index rutschte um 1,09, der Auswahlindex Nasdaq 100 um 1,06 Prozent ab. Der marktbreite S&P-500-Index, der sowohl Technologie- als auch Standardwerte enthält, ging bei 3949 Zählern um 0,39 Prozent schwächer aus dem Handel.

"Die Erholungsrally ist in der letzten Woche ins Stocken geraten, da die Kommentare der US-Notenbank stärker als von den Anlegern gewünscht ausfielen. Die Erholung war auch viel stärker, als sie wohl gerechtfertigt ist, da der Dow von seinen Oktobertiefs um fast 20 Prozent gestiegen ist", kommentiert Craig Erlam vom Broker Orlanda.

Die aktuelle Zurückhaltung am US-Aktienmarkt ist zudem auch dem Thanksgiving-Fest (Erntedank) geschuldet. Für viele Anleger bedeutet das ein langes Wochenende, da am Donnerstag Feiertag ist und am Freitag nur verkürzt gehandelt wird.

Derweil steht am Mittwoch das Protokoll der US-Notenbank Fed auf der Agenda und Mitte Dezember dann erneut auch die Verbraucherpreise und die nächste Zinsentscheidung. Ob es eine Jahresendsrally geben wird, dürfte maßgeblich von diesen Daten abhängen.

Nervosität herrscht zudem angesichts der Corona-Lage in China: Gestiegene Infektionszahlen und am Sonntag dann der erste Corona-Tote seit gut einem halben Jahr verunsichern. Wie schon zuvor in Europa, verhielten sich die Anleger überwiegend risikoavers.

"Man ist wirklich besorgt über den Einfluss der chinesischen Wirtschaft auf die US-Konjunktur", sagte Hugh Johnson, Chefökonom von Hugh Johnson Economics.

Unter den Einzelwerten stand die Disney-Aktie aus dem Dow Jones besonders im Rampenlicht. Sie legte am Ende deutlich um 6,19 Prozent zu. Denn der Unterhaltungsriese holt seinen ehemaligen Vorstandsvorsitzende Bob Iger zurück. Iger, der Ende 2021 nach 15 Jahren als Unternehmenschef in den Ruhestand ging, habe sich bereit erklärt, für zwei weitere Jahre als CEO zu fungieren, teilte Disney mit.

Große Aufregung gab es heute am Ölmarkt: Die Preise brachen zunächst ein und setzten ihre Talfahrt der vergangenen Woche fort. Marktbeobachter verwiesen auf einen Pressebericht über eine mögliche Anhebung der Fördermenge durch den Ölverbund Opec+, der die Notierungen am Nachmittag stark belastet habe. Am Abend hat Saudi-Arabien, größter Förderer im Kartell, dann den Bericht dementiert, daraufhin erholten sich die Preise wieder und drehten sogar leicht ins Plus.

Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete am Nachmittag in der Spitze ebenso rund 4,5 Prozent weniger wie ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI). Am Abend notierte ein Fass dann wieder über 87 Dollar. Am Markt wurde zudem auf eine aktuelle Prognose für die weitere Entwicklung der Ölpreise durch die US-Investmentbank Goldman Sachs verwiesen. Die Bank-Experten haben ihre Prognose für den Brent-Preis auch wegen der Corona-Maßnahmen in China gesenkt.

Trotz der Erholung bleibt der Ölmarkt derzeit angeschlagen. Die Preise waren bereits in der vergangenen Woche wegen wachsender Sorgen um die Weltwirtschaft und einer geringeren Nachfrage unter Druck geraten. Seit Beginn des Monats hat sich Rohöl aus der Nordsee in der Spitze um mehr als 13 Prozent verbilligt.

Der DAX konnte zum Wochenstart nicht an den kurzen Aufschwung vom Freitag anknüpfen. Der deutsche Leitindex ging am Ende bei 14.379 Punkten aus dem Handel, ein moderater Tagesverlust von 0,36 Prozent. Die Schwankungen waren heute überschaubar, das Tagestief lag bei 14.321 Punkten, das Tageshoch am Nachmittag bei 14.425 Punkten. Der MDAX, der Index der mittelgroßen Werte, verlor 0,77 Prozent auf 25.547 Punkte.

Damit setzte sich die jüngste Konsolidierung am Aktienmarkt fort, nachdem nachlassende Zinssorgen die Märkte zuvor deutlich angeschoben hatten. Die Anleger suchen aktuell neue Impulse, gleichzeitig kann aber von einer größeren Abgabeneigung trotz zahlreicher Rezessionswarnungen von Ökonomen und anhaltender Zinsängste auch nicht gesprochen werden.

"Bullen" (Käufer) und "Bären" (Verkäufer) neutralisieren sich damit. Ungeachtet der aktuellen Abschläge bleibe die Dynamik nach oben bestehen, erläuterte Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. "Der Aufwärtstrend im DAX ist intakt", so der Analyst. Unterstützung komme gegenwärtig auch von sinkenden Ölpreisen.

Die Experten der DekaBank hingegen sind etwas vorsichtiger: "Was für einen länger anhaltenden Aufschwung fehlt, ist eine fundamentale Begründung, etwa ein verlässlicher Ausblick auf steigende Unternehmensgewinne."

Saisonal gesehen besteht aber Hoffnung auf zunächst steigende Kurse. Die Technischen Analysten von HSBC weisen auf die statistische Besonderheit der "Thanksgiving-Rally" am US-Aktienmarkt hin. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs haben die US-Standardwerte in der Thanksgiving-Woche im Durchschnitt um 0,6 Prozent zugelegt. Ein gutes Konsumverhalten könnte dem Markt neuen Schub verleihen und auch auf die europäischen Märkte ausstrahlen.

Update Wirtschaft vom 21.11.2022

Anne-Catherine Beck, HR, tagesschau24

Sorgen bereitete heute Investoren auf beiden Seiten des Atlantiks allerdings das Wiederaufflammen der Coronavirus-Pandemie in China. In der Hafenstadt Guangzhou wurde ein Bezirk für fünf Tage abgeriegelt.

"Die Hoffnungen auf ein schnelles Ende der Zero-Covid-Strategie können fürs Erste ad acta gelegt werden", so der Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. Der strikte Anti-Corona-Kurs Chinas gilt als eines der größten Risiken für das globale Wirtschaftswachstum und belastet insbesondere auch die Ölpreise.

Der Dollar scheint mit der regen Zinsdiskussion in den USA im Gepäck seine jüngste Schwächephase überwunden zu haben. Parallel dazu gibt der Euro im US-Handel um rund 0,8 Prozent auf 1,0238 Dollar nach. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0246 (Freitag: 1,0366) Dollar fest.

In Deutschland sind die Erzeugerpreise im Oktober im Vergleich zum Vormonat um 4,2 Prozent gefallen. Dies war der erste Rückgang seit Mai 2020. Der Jahresanstieg bleibt zwar mit 34,5 Prozent sehr hoch, liegt jedoch deutlich unter dem Septemberwert von 45,8 Prozent. Die Erzeugerpreise schlagen mit Verzögerung auch auf das allgemeine Verbraucherpreisniveau durch

Der wiedererstarkende Dollar lastet auch auf dem Goldpreis. Die Feinunze Gold gibt am späten Nachmittag 1,0 Prozent auf 1734 Dollar nach.

Am deutschen Aktienmarkt stand die Commerzbank im Fokus. Der ehemalige Bundesbank-Präsident Jens Weidmann (54) soll nach der Hauptversammlung am 31. Mai 2023 den Posten des Chefkontrolleurs übernehmen. Die Commerzbank-Aktie gehört zu den Gewinnern im MDAX.

Der Pharmakonzern Merck KGaA will bei der Entwicklung neuer Medikamente schneller werden. Das Ziel sei eine Verdoppelung der Produktivität im Bereich Forschung & Entwicklung (F&E), wie der Darmstädter DAX-Konzern heute mitteilte.

Das bedeutet, dass künftig durchschnittlich alle eineinhalb Jahre ein neues Produkt oder für ein bestehendes Medikament eine weitere Schlüsselindikation eingeführt werden soll. Dabei sollen auch Kooperationen mit anderen Unternehmen sowie Einlizenzierungen von Wirkstoffkandidaten Rückenwind liefern.

Schock am Abend für TAG-Aktionäre. Denn das Unternehmen streicht für das Jahr 2022 die Dividende. Begründet wurde dies in einer am Abend nach Börsenschluss veröffentlichten Mitteilung mit dem aktuellen Marktumfeld.

Die Inflationsentwicklung sowie stark gestiegene Zinsen wirkten sich in Form volatiler Kapitalmärkte und schwereinzuschätzender Investmentmärkte aus. Stattdessen soll durch die Aussetzung der Dividende die Kapital- und Finanzierungsbasis weiter gestärkt werden. Bislang hatte TAG Immobilien eine Ausschüttung von 0,81 Euro je Aktie in Aussicht gestellt. Schon während es regulären Handels gehörte die TAG-Aktie im MDAX zu den größten Verlierern.

Die deutsche Stahlindustrie mit Branchengrößen wie Thyssenkrupp und Salzgitter hat ihre Produktion weiter gesenkt. Die Rohstahlproduktion sei hierzulande im Oktober gegenüber dem Vorjahresmonat um 14,4 Prozent auf 3,1 Millionen Tonnen geschrumpft, teilte die Wirtschaftsvereinigung Stahl heute mit. Der Branche um Weltmarktführer Arcelor Mittal machen unter anderem eine schwächelnde Nachfrage der Automobilindustrie und die hohen Energiekosten zu schaffen.

Der Billigflieger Eurowings baut seine Flotte und sein Flugprogramm am Hauptstadtflughafen BER aus. Die Lufthansa-Tochter werde zum Sommerflugplan ab Ende März 2023 sechs Maschinen in Berlin stationieren, so Eurowings-Chef Jens Bischof. Im Sommer biete man knapp 30 Ziele an und damit doppelt so viele wie bisher.

Zudem will die Konzernmutter Lufthansa in Europa 20.000 neue Mitarbeiter einstellen, wie der Konzern heute bekannt gab. Die Lufthansa hatte während der Corona-Krise mehr als 30.000 Stellen gestrichen. Sie handelte mit der Bundesregierung ein Rettungspaket aus, alle staatlichen Hilfen sind mittlerweile zurückgezahlt. Stand Ende September hatte die Fluggesellschaft weltweit rund 108.000 Beschäftigte. 

Die österreichische Immofinanz will die Mehrheit an S Immo übernehmen. Der Aufsichtsrat gab grünes Licht für eine Aufstockung des Anteils auf mehr als 50 Prozent. Ein möglicher Erwerb der Aktien vom bisherigen Mehrheitseigner CPI Property Group (CPIPG) soll bis Jahresende erfolgen.

Ex-Präsident Donald Trump bekommt wieder Zugang zu einer großen Online-Plattform. Twitter-Besitzer Elon Musk ließ am Wochenende Trumps seit Januar 2021 gesperrten Account freischalten. Trump äußerte sich nicht dazu, ob er zu Twitter zurückkehren will.

Das US-Konglomerat Berkshire Hathaway der Investorenlegende Warren Buffett baut seine Anteile an den fünf größten japanischen Handelshäusern aus. Berkshires Beteiligungen an Mitsubishi, Mitsui, Itochu, Marubeni und Sumitomo stiegen jeweils um mehr als ein Prozentpunkt auf über sechs Prozent.

Die Schweizer Privatbank und Deutsche Bank-Konkurrent Julius Bär hat in den ersten zehn Monaten mehr Netto-Neugeld hereingeholt und sieht sich auf Kurs zu ihren Jahreszielen. Die Kunden vertrauten Bär seit Jahresbeginn drei Milliarden Franken an neuen Geldern an.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtet tagesschau24 am 21. November 2022 um 09:05 Uhr.