DAX unter 15.000 Flucht aus dem Risiko
Nicht nur die Lage in Nahost, auch Zinssorgen lasteten vor dem Wochenende auf den internationalen Aktienmärkten. Der DAX fiel deutlich unter die Marke von 15.000 Punkten.
Die Sorge vor einer Ausweitung des Nahostkonflikts hat auch am Freitag die Aktienmärkte belastet. Je näher das Wochenende rückte, desto weniger zeigten sich die Anlegerinnen und Anleger bereit, über die handelsfreien Tage Risiken einzugehen. Im Verlauf bröckelten die Kurse weiter ab. Der Leitindex Dow Jones ging 0,86 Prozent tiefer aus dem Handel.
Die Technologietitel gaben noch deutlicher nach. Der Nasdaq 100 büßte 1,5 Prozent ein.
An den bevorstehenden internationalen Krisengipfel in der ägyptischen Hauptstadt Kairo knüpften die Marktteilnehmer bisher noch keine großen Hoffnungen.
Aber nicht nur die außenpolitische Lage lastete auf den US-Märkten. Auch die anhaltende Lähmung des Repräsentantenhauses, das bis Mitte November einen neuen Haushalt beschließen muss, um einen Regierungsstillstand abzuwenden, senkt die Kaufbereitschaft.
Dazu kommt eine fundamentale Belastung für Aktien als Anlageobjekt. Zeitweise kratzte die Rendite zehnjähriger US-Anleihen vor dem Wochenende an der Fünf-Prozent-Marke und erreichte damit ein neues 16-Jahres-Hoch. Für die Aktienmärkte ist das ein schlechtes Signal, da dadurch die Attraktivität von Aktien-Investments gegenüber Anleihen sinkt.
Eine Entwicklung, die auch an den deutschen Aktienkursen nagt: Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen blieb mit 2,933 Prozent in Reichweite ihres am Donnerstag erreichten Zwei-Wochen-Hochs. Für eine nachlassende Risikoaversion an den Finanzmärkten wäre eine Entspannung an den Rentenmärkten notwendig, schrieben die Experten der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba).
Am deutschen Markt unterschritt der DAX schon zu Handelsbeginn die Marke von 15.000 Punkten unterschritten. Bis zum Handelsende büßte der deutsche Leitindex 1,64 Prozent auf 14.798 Punkte ein. Das war der tiefste Stand seit sieben Monaten. Auf Wochensicht hat der DAX damit 2,6 Prozent verloren.
"Die Charttechnik rückt aktuell in den Hintergrund", kommentierten die Fachleute der ING. Wichtig sei aktuell, wie stark die erwartete israelische Gegenoffensive in Gaza nach den Terrorattacken der Hamas ausfallen werde und wie unter anderem die Hisbollah und der Iran reagieren.
Angesichts der aktuell kritischen Situation hatte die positive Entwicklung der Erzeugerpreise wenig Einfluss auf die Kurse. Die Produzenten gewerblicher Produkte, von Kartoffeln bis Strom, verlangten im September durchschnittlich 14,7 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. "Das war der stärkste Rückgang gegenüber einem Vorjahresmonat seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949", erklärte das Statistische Bundesamt.
Von August auf September sanken die Preise überraschend um 0,2 Prozent. "Deutschland macht damit klare Fortschritte in der Inflationsbekämpfung", kommentierte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien.
Am Abend gab es eine leichte Entspannung am Ölmarkt. Rohöl der europäischen Sorte Brent fiel um gut ein Prozent auf 92,27 Dollar pro Barrel (159 Liter) zurück. Seit dem Überfall der islamistischen Hamas auf Israel sind die Ölpreise um rund zehn Prozent in die Höhe geschossen.
Weiter hoch im Kurs steht Gold, das Investoren in Krisenzeiten gern als sicheren Hafen ansteuern. Das Edelmetall notierte zeitweise nur noch knapp unter 2.000 Dollar je Feinunze und lag ab Abend bei 1.981 Dollar. Der Preis legte in der abgelaufenen Woche um rund drei Prozent zu. Ob die jüngste Gold-Hausse jedoch nachhaltig sei, dürfe angezweifelt werden, kommentierten die Analysten der LBBW. Der starke Dollar und die steigenden Zinsen sprächen dafür, dass durchaus Korrekturbedarf bestehe.
Der Autoabsatz in der Europäischen Union ist im September nicht so stark gewachsen wie in den Vormonaten. Insgesamt wurden 861.062 Pkw neu zugelassen und damit 9,2 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, teilte der europäische Branchenverband Acea mit. Im September 2022 hatten die Verkäufe nach mehr als einem Jahr der Rückgänge erst zum zweiten Mal zugelegt, so dass die Vergleichsbasis diesmal höher war als zuvor. In den ersten neun Monaten 2023 gab es laut Acea eine Steigerung um 16,9 Prozent auf gut 7,9 Millionen Autos.
Im September wurden zum dritten Mal überhaupt mehr batterieelektrische Autos zugelassen als Dieselfahrzeuge. Der Anteil der Elektroautos lag bei 14,8 Prozent. In Deutschland ging ihr Absatz im Jahresvergleich jedoch um 28,6 Prozent zurück. Die staatliche Förderung von E-Autos war hierzulande jüngst gekürzt worden.
Am Abend veröffentlichte Volkswagen vorläufige Zahlen zum dritten Quartal. Der Umsatz stieg von Juli bis September um zwölf Prozent auf 78,8 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) legte um 14 Prozent auf 4,9 Milliarden Euro zu. Beim Ebit für das Gesamtjahr wird der Wolfsburger Autokonzern aber vorsichtiger. Wegen hoher Kosten für Rohstoffsicherungen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro stellte der Autobauer nun ein Ergebnis vor Sondereinflüssen von rund 22,5 Milliarden Euro in Aussicht.
Damit dürfte die angestrebte Umsatzrendite von 7,5 bis 8,5 Prozent verfehlt werden. Der VW-Großaktionär Porsche SE teilte mit, es bleibe trotz des geänderten Ausblicks von Volkswagen bei der Prognose eines Nettogewinns zwischen 4,5 und 6,5 Milliarden Euro. Er werde in der unteren Hälfte der Spanne erwartet, so die Holding. Die Aktien beider DAX-Konzerne notierten nachbörslich mehr als zwei Prozent im Minus. Manche Investoren hätten mit noch schlechteren Aussichten für dieses Jahr gerechnet, was die VW-Aktie stützen könnte, erklärte Daniel Röska von Bernstein Research.
Nach einer Umsatzwarnung des amerikanischen Wechselrichterherstellers SolarEdge brach das Papier an der Wall Street um 34 Prozent ein und zog andere Branchentitel mit nach unten. Die Firma machte dafür höhere Lagerbestände in den Vertriebskanälen und langsamere Installationsraten verantwortlich. Auch der deutsche Wettbewerber SMA Solar geriet deutlich unter Druck.
Der Porzellanhersteller Villeroy & Boch hat in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres unter der Konjunkturflaute gelitten. Der Umsatz fiel um 10,7 Prozent auf 650,6 Millionen Euro, das operative Ergebnis (Ebit) gab um 11,7 Prozent auf 56,8 Millionen Euro nach. Vor allem in Zentraleuropa sank der Umsatz deutlich, in China und Südeuropa legte er dagegen zu. Villeroy & Boch zeigte sich zudem weniger zuversichtlich. Man erwarte beim Umsatz nun ein Minus am unteren Ende der selbst gesetzten Prognose von minus drei bis minus sechs Prozent.
Der Strahlen- und Medizintechnikkonzern Eckert & Ziegler erwägt eine Trennung von seiner Tochter Pentixapharm. Bei dem Vorhaben könnten bis zu 100 Prozent der Anteile veräußert werden, teilte das SDAX-Unternehmen am Nachmittag mit. "Eckert & Ziegler konzentriert sich damit auf seine Kernkompetenzen, um seine Position als führender Lieferant von Radioisotopen zur Herstellung von Radiopharmazeutika weiter auszubauen", hieß es zur Begründung.
Die Lieferplattform Lieferando weitet ihr Geschäft abseits von Restaurantlieferungen aus. Nutzerinnen und Nutzer können über die Lieferando-Kanäle künftig mehr Technikprodukte aus Saturn- und Mediamarkt-Filialen liefern lassen, teilte Lieferando mit. Die zum niederländischen Konzern Just Eat Takeaway gehörende Marke erweitert eine bereits bestehende Zusammenarbeit mit der Einzelhandelskette. Kleinere Produkte des kurzfristigen Bedarfs liefern die Lieferandofahrer bereits seit Mai innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings.