Leichte Gewinne Im Bann der Geldpolitik
Nach der jüngsten Rally holen die Aktienmärkte weiter Luft. Zur Wochenmitte kamen sie nur wenig voran. Nach der mit Spannung erwarteten Rede von Fed-Chef Powell blicken die Märkte nun auf die EZB.
Eine große Überraschung hatte Jerome Powell bei seiner Anhörung vor dem Bankenausschuss des Repräsentantenhauses nicht parat. Der US-Notenbankchef bekräftigte, dass weiterhin keine raschen Zinssenkungen zu erwarten seien. Erst im Laufe des Jahres dürfte die Federal Reserve (Fed) ihre Geldpolitik lockern. Erst müsse man aber mehr Zutrauen gewinnen, dass die Inflation dauerhaft zurückgehe.
Dennoch stützten Powells Aussagen die Aktienmärkte ein wenig, weil sie etwas mehr Klarheit über den geldpolitischen Kurs brachten. "Die Anleger sind beruhigt, weil die Aussagen eins zu eins mit ihren Erwartungen übereinstimmen", sagte Phil Blancato vom Vermögensverwalter Ladenburg Thalmann in Florida. Aktuell rechnen die Finanzmärkte mehrheitlich im Juni mit einer ersten Lockerung.
In dieser Gemengelage legte der Dow Jones zeitweise deutlicher zu, ging dann aber mit einem bescheidenen Plus von 0,2 Prozent aus dem Handel.
Die Technologiewerte an der Nasdaq schlugen sich vor allem dank einer guten Bilanz des Cybersecurity-Spezialisten Crowdstrike deutlich besser. Der Auswahlindex Nasdaq 100 gewann 0,67 Prozent.
Am Abend veröffentlichte die Fed noch ihren aktuellen Konjunkturbericht (Beige Book). Darin heißt es, die wirtschaftliche Aktivität habe leicht zugelegt. Im vorherigen Bericht hatte sie noch von einer wenig veränderten Aktivität gesprochen. Dabei habe der Aufwärtsdruck auf die Preise angehalten, auch wenn einige Distrikte eine Abschwächung der Inflation festgestellt hätten.
Die aktuellen Daten vom Arbeitsmarkt boten ein gemischtes Bild. Zwar hat die Privatwirtschaft in den USA im Februar mit 140.000 weniger Stellen geschaffen als erwartet, teilte der private Dienstleister ADP mit. Allerdings wurde der Beschäftigungsaufbau im Januar auf 111.000 nach oben revidiert. "Der Beschäftigungszuwachs bleibt solide", sagte ADP-Chefvolkswirtin Nele Richardson. "Die Lohnzuwächse sind tendenziell niedriger, liegen aber immer noch über der Inflation." Der monatliche Arbeitsmarktbericht der Regierung wird an diesem Freitag veröffentlicht.
Nun rückt die Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank in den Fokus. Morgen entscheiden die Euro-Währungshüter über die Höhe des Leitzinses, an der sich vorerst aber wohl nichts ändern dürfte. Auch hier hoffen die Marktteilnehmer auf Hinweise, wann mit dem Beginn einer Lockerung zu rechnen ist.
Am deutschen Markt legte der DAX nach zwei Tagen mit leichten Abgaben um 0,1 Prozent auf 17.716 Punkte zu. Das jüngste Rekordhoch des deutschen Leitindex liegt bei 17.816 Punkten.
"Erst Rally, dann Stillstand - die aktuelle Entwicklung im Deutschen Aktienindex ist nicht die schlechteste Voraussetzung für eine Fortsetzung der Aufwärtsbewegung", kommentierte Marktanalyst Konstantin Oldenburger von CMC Markets die vergangenen drei Börsentage. Neue Höchststände seien wohl nur eine Frage der Zeit. Unter 17.620 Punkte sollte es allerdings nicht gehen, sonst drohten weitere Verluste. "Zum jetzigen Zeitpunkt ist das wahrscheinlichste Szenario eine kurz- bis mittelfristige Konsolidierung als Pause, bevor längerfristig neue Höchststände erreicht werden", meinte Pierre Veyret, Analyst beim Broker ActiveTrades.
Die frischen Exportdaten aus Deutschland fielen ermutigend aus: Die Exporteure sind mit dem stärksten Umsatzplus seit Mitte 2020 ins neue Jahr gestartet. Deutsche Unternehmen lieferten im Januar 6,3 Prozent mehr ins Ausland als im Vormonat, teilte das Statistische Bundesamt mit. Ökonomen hatten nur mit einem Anstieg von 1,5 Prozent gerechnet. Die Importe kletterten um 3,6 Prozent und damit doppelt so stark wie erwartet.
Das ganze Konjunkturbild bleibt aber weiter trübe: Das ifo-Institut blickt deutlich skeptischer in die ökonomische Zukunft. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde 2024 nur um magere 0,2 Prozent zulegen und damit weniger, als noch im Januar mit einem Plus von 0,7 Prozent erwartet worden war, teilten die Münchner Forscher mit. "Die deutsche Wirtschaft ist wie gelähmt", hieß es.
Der Euro legte weiter zu. In der Spitze erreichte die Gemeinschaftswährung erstmals seit Ende Januar wieder die Marke von 1,09 Dollar. Dabei halfen vor allem die ermutigenden Exportdaten aus Deutschland.
Der Goldpreis kletterte auf neue historische Höchststände. Eine Feinunze (31,1 Gramm) notierte mit zeitweise 2.149 US-Dollar auf einem neuen historischen Hoch. "Der Katalysator hinter dem jüngsten Aufstieg von Gold sind die enttäuschenden Wirtschaftsdaten aus den Vereinigten Staaten, die erneut Spekulationen über mögliche Zinssenkungen angefacht haben", sagt Alexander Zumpfe, Edelmetallhändler bei Heraeus. Niedrigere Zinssätze erhöhen die Attraktivität von nicht verzinslichen Vermögenswerten wie Gold.
Die Frage sei allerdings, ob die Rally anhalten werde, sagt City-Marktanalyst Fawad Razaqzada. Marktteilnehmer seien angesichts der steilen Aufwärtsbewegung auf den fahrenden Zug aufgesprungen. "Ganz klar haben einige Händler das Momentum ausgenutzt und haben nur gekauft, weil das Metall sich verteuert hat." Sollten die Zinserwartungen aber wieder gedämpft werden, könnte das den Goldpreis drücken.
Die Ölpreise zogen deutlich an. Am späten Abend kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 83,49 Dollar, ein Plus von 1,8 Prozent. Die Ölreserven in den USA stiegen in der vergangenen Woche um weitere 1,4 Millionen auf 448,5 Millionen Barrel, was etwas weniger war als erwartet. Die tägliche Ölproduktion ging um 0,1 Millionen auf 13,2 Millionen Barrel zurück. Sie befindet sich damit aber weiter auf einem sehr hohen Niveau.
An der Nasdaq erreichte die Aktie des US-Spezialisten für Cybersicherheit Crowdstrike nach einem starken Quartalsbericht ein Rekordhoch. Zeitweise kletterte der Technologietitel um mehr als 20 Prozent. Crowdstrike ist schon länger ein Profiteur des anziehenden Bedarfs für KI-unterstützte Cybersicherheit. Die Nachrichten stützten die Kurse an der Technologiebörse, nachdem die ganze Branche am Dienstag unter Gewinnmitnahmen gelitten hatte.
Nach dem Anschlag auf einen Strommast bleibt die Produktion bei Tesla in Grünheide bis voraussichtlich Ende nächster Woche unterbrochen. Das teilte der US-Elektroautobauer am Abend auf Anfrage mit. Bislang unbekannte Täter hatten am Dienstag Feuer an einem Strommast gelegt, der auch für die Versorgung der Tesla-Fabrik zuständig ist. Die Produktion in Grünheide wurde daraufhin gestoppt.
Der Logistik-Riese DHL muss nach den Rekordjahren durch den Boom in der Corona-Krise deutliche Rückgänge bei Umsatz und Gewinn verkraften. Die seit vergangenem Jahr unter dem Namen DHL firmierende Deutsche Post verbuchte 2023 bei einem Umsatzrückgang auf 81,8 (Vorjahr: 94,4) Milliarden Euro einen Einbruch des operativen Ergebnisses (Ebit) auf 6,3 (8,4) Milliarden Euro.
Die Deutsche Lufthansa muss auf eine Rückkehr in den DAX weiter warten. Bei der regulären Überprüfung der wichtigsten deutschen Börsenindizes ergaben sich in der Liga der 40 größten deutschen Börsenwerte keine Veränderungen, teilte die Deutsche Börse mit. Damit konnte der als erster Abstiegskandidat gehandelte Online-Modehändler Zalando seinen Platz behaupten. Die Lufthansa war 2020 im Zuge der Corona-Krise, in der die Fluggesellschaft durch den Staat gestützt werden musste, aus dem DAX geflogen.
Unterdessen machen der Gesellschaft mehrere Tarifkonflikte zu schaffen. Am Nachmittag teilte die Gewerkschaft UFO mit, auch die Flugbegleiter hätten für einen Streik gestimmt.
Am Abend bestätigte der Solar- und Windparkbetreiber Encavis einen Medienbericht über Übernahmegespräche mit KKR. Angeblich soll der US-Finanzinvestor über zwei Milliarden Euro für das MDAX-Unternehmen bieten, hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet. Laut Encavis sind die Verhandlungen aber noch "in einem sehr frühen Stadium". Dem Hamburger Unternehmen machten zuletzt höhere Zinsen und Kosten zu schaffen. Zuletzt belasteten zudem fallende Energiepreise das operative Ergebnis von Encavis, hieß es von den Analysten von Berenberg. Das Hamburger Unternehmen besitzt mehr als 80 Windfarmen und mehr als 200 Solarparks in Europa.
Der Huawei-Konzern nimmt in China mit dem Erfolg seines neuen Smartphones Mate 60 unter anderem Apples iPhone Marktanteile ab. Nach Berechnungen der Analysefirma Counterpoint Research verkaufte Huawei in den ersten sechs Wochen dieses Jahres 64 Prozent mehr Smartphones als im Vorjahreszeitraum. Der iPhone-Absatz war dagegen um 24 Prozent niedriger.
Hohe Rohstoffkosten und Sonderaufwendungen haben den Duft- und Aromenhersteller Symrise im vergangenen Jahr gebremst. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) sank um knapp zwei Prozent auf 903,5 Millionen Euro. Der Umsatz stieg um 2,4 Prozent auf 4,73 Milliarden Euro, das organische Wachstum betrug fast acht Prozent. Unter dem Strich erzielte der DAX-Konzern einen Gewinn von 340 (2022: 406) Millionen Euro.