Zinswerte gefragt US-Märkte ohne klare Richtung
An der Wall Street gab es heute einen Eindruck, wer künftig Gewinner und wer Verlierer der Zinswende sein könnte. Entsprechend fanden die großen US-Börsen keine klare Richtung.
Die US-Märkte tendierten zum Wochenschluss uneinheitlich. Börsianer sprachen von Sorgen über wohl schnell steigende Zinsen im Land sowie den Krieg in der Ukraine. Während der Leitindex Dow Jones sich am Ende mit 0,4 Prozent im Plus behauptete und bei 34.721 Zählern schloss, ging es an der Technologiebörse Nasdaq bergab.
Die technologielastige Computerbörse verlor 1,34 Prozent und ging bei 13.711 Punkten aus dem Handel. Ebenso der Auswahlindex Nasdaq 100, der um 1,41 Prozent absackte auf 14.327 Zähler. Der marktbreite S&P-500-Index, in dem sowohl Technologie- als auch Standardwerte enthalten sind, schloss sich bei 4488 Zählern um 0,27 Prozent moderat im Minus.
An der Dow-Spitze zogen die Anteilscheine der Baumarktkette Home Depot um 2,76 Prozent an. Der Finanzchef habe sich auf einer Analystenkonferenz positiv geäußert, sagten Börsianer. Demnach erlaubten es die zwischen 2018 und 2020 getätigten Investitionen, den Marktanteil des Unternehmens stärker zu erhöhen als ursprünglich erwartet.
Gefragt waren bei den Einzelwerten vor allem zinssensitive Aktien wie Banken. JPMorgan, Bank of America, Citigroup und Goldman Sachs legten deutlich zu. Die Geldinstitute präsentieren ab kommender Woche ihre Quartalszahlen und eröffnen damit traditionell die Berichtssaison für das abgelaufene Quartal.
Auch Krankenversicherer United Health setzte seine jüngste Rally fort und schloss bei 545,96 Dollar um 1,7 Prozent höher. Die Aktie des Unternehmens, das auch Dienstleistungen für den Gesundheitssektor erbringt, ist seit Februar um gut 20 Prozent gestiegen und gehört mit einer Bewertung von mittlerweile rund 515 Milliarden Dollar zu den Schwergewichten im Leitindex.
Im Gegenzug gerieten die hochbewerteten Technologiewerte in Anbetracht der bevorstehenden Zinswende erneut unter Druck. Denn höhere Zinsen lassen die Finanzierungskosten der Tech-Unternehmen steigen. Die Wochenbilanz der Nasdaq fällt mit einem Verlust von 3,8 Prozent entsprechend ernüchternd aus.
Vom Anleihenmarkt kam auch keine Entwarnung. Denn in Erwartung höherer Zinssätze steigen dort die Renditen weiter. Die zehnjährige Staatsanleihe rentierte bei 2,71 Prozent und damit auf einem neuen Dreijahreshoch. Marktbewegende Makro-Daten standen heute nicht auf dem Terminplan.
Der DAX hat zum Wochenschluss zugelegt und damit nach drei Verlusttagen in Serie wieder etwas Boden gut gemacht. Am Ende stand ein Aufschlag von 1,46 Prozent auf 14.283 Punkte auf der Anzeigetafel der Frankfurter Börse. Im Wochenvergleich ergibt sich damit ein moderates Minus von 1,1 Prozent.
Rückenwind für die DAX-Kurse kam heute von einer Konsolidierung am Ölmarkt, der allerdings immer noch auf hohem Niveau bleibt. Zudem ist eine gewisse technische Gegenbewegung nach den Verlusten der vergangenen Tage nicht ungewöhnlich. Zuletzt haben aber bei sehr nervösem Handel die Anschlussverkäufe gefehlt, sodass die Märkte immer wieder abrutschten.
Die moderate Wochenbilanz täuscht darüber hinweg, dass sich das Anlageumfeld im genannten Zeitraum deutlich verschlechtert hat. Denn im Ukraine-Konflikt gibt es keine Annäherung, sodass Rezessionsängste weiter massiv im Markt bleiben.
US-Zinsängste sind zudem sehr viel deutlicher geworden, spätestens seit der Veröffentlichung des Sitzungsprotokolls der US-Notenbank vom 16. März am Mittwoch. Seitdem ist klar, dass die mächtigste Notenbank der Welt nicht nur kräftig an der Zinsschraube drehen, sondern auch noch ihre Bilanz abbauen wird - was den Märkten Liquidität entzieht.
Börsianer zweifeln denn auch daran, dass die heutigen Gewinne von Dauer sein werden: "Die Unsicherheit nimmt insgesamt zu", sagte Eddie Cheng von Allspring Global Investments.
Auch Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners konstatierte: "Ein Vorstoß in Richtung 15.000 Punkte beim DAX dürfte irgendwo zwischen schwierig und unmöglich liegen." Der Krieg in der Ukraine und die daraus resultierenden unmittelbaren und mittelbaren Konsequenzen blieben Risikofaktor Nummer eins.
Die Internationale Energieagentur (IEA) hatte am Vortag weitere 120 Millionen Barrel an Rohölreserven freigegeben, um die Folgen des Krieges von Russland gegen die Ukraine an den Märkten zu mildern. Das hatte den Preis für ein Barrel (159 Liter) der Sorte Brent zeitweise unter die Marke von 100 Dollar gedrückt. Zum Wochenschluss notiert ein Barrel der Nordseesorte wieder höher bei etwas über 101 Dollar. Es sieht aber derzeit so aus, als ob die Zeit der erratischen Preissprünge nach oben erst einmal vorbei ist.
"Die Ölpreise stehen inzwischen fast wieder dort, wo sie vor Beginn des Krieges in der Ukraine vor rund sechs Wochen notierten", unterstreicht der Commerzbank-Rohstoffexperte Carsten Fritsch. Zum Preisrückgang trage sicherlich auch bei, dass der Lockdown in Shanghai von den dortigen Behörden verlängert worden sei. Denn dies dämpft die Öl-Nachfrage in China.
In Zeiten steigender Zinsen rücken derweil auch Dividenden-Aktien wieder verstärkt in den Fokus, bieten diese doch gerade in Nullzinszeiten neben der Chance auf Kursgewinne meist stabile Dividendenerträge. Zu Beginn der Dividendensaison zeigt sich nämlich, dass Deutsche Aktiengesellschaften in diesem Jahr die Rekordsumme von 70 Milliarden Euro an ihre Anteilseigner ausschütten dürften.
Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einem Rekordanstieg um knapp 50 Prozent. Das zeigt die aktuelle Dividendenstudie, die von der DSW und dem isf Institute for Strategic Finance an der FOM Hochschule veröffentlicht wurde.
Neuer Spitzenzahler im DAX ist demnach die Mercedes-Benz Group mit knapp 5,4 Milliarden Euro. Auf Rang zwei folgt mit der Allianz SE der DAX-Dividendenprimus der vergangenen Jahre. Den Bronzerang erreicht mit einer Dividendensumme von etwas mehr als 3,8 Milliarden Euro BMW.
Größter Einzelzahler der analysierten Aktiengesellschaften ist mit der Reederei Hapag-Lloyd allerdings ein Unternehmen, das in keinem Auswahl-Index zu finden ist. Insgesamt 6,15 Milliarden Euro schüttet der "Nebenwert" Hapag an seine Aktionäre aus. Das Unternehmen hatte in der Corona-Pandemie von den gestiegenen Frachtpreisen profitiert.
Im DAX gab die Aktie der Deutschen Telekom nach - allerdings nur rein optisch. Die T-Aktie wurde heute, am Tag nach der Hauptversammlung, mit Dividendenabschlag gehandelt. Der Bonner Konzern schüttete 0,64 Euro je Aktie an seine Anteilseigner aus. Zugleich war die T-Aktie Umsatzspitzenreiter im DAX und wäre ohne den Abschlag fast ein Prozent im Plus. Am Vortag wurde außerdem der Vorstandschef der Deutschen Post, Frank Appel, zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Telekom gewählt.
Die Aussicht auf schnell steigende Zinsen in den USA verleiht dem Dollar zum Wochenschluss erneut Rückenwind. Im Gegenzug fällt der Euro zum Dollar auf ein Einmonatstief von 1,0837 Dollar. Im späten US-Handel wird er bei 1,0876 Dollar wieder etwas höher gehandelt. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0861 (Donnerstag: 1,0916) Dollar fest.
Für eine Feinunze Gold wurden am Abend 1944 Dollar oder 0,6 Prozent mehr gezahlt.
Wenige Wochen nach der massiven Zinserhöhung zu Beginn des Ukraine-Krieges hat Russlands Zentralbank den Leitzins wieder etwas gesenkt. Der Satz wurde um drei Punkte auf 17 Prozent heruntergesetzt. Am Devisenmarkt kann der Rubel dennoch weitere Kursgewinne zum Dollar verbuchen. Für einen Dollar müssen nur noch rund 79 Rubel gezahlt werden - das ist in etwa so viel wie vor dem russischen Überfall auf die Ukraine.
Steigende Zinserwartungen bilden ein ideales Marktumfeld für Bank-Aktien. Kein Wunder also, dass die Aktie der Deutschen Bank mit einem Aufschlag von fast vier Prozent einer der gefragtesten Werte im deutschen Leitindex war. Im MDAX konnten Commerzbank-Anteile ebenfalls zulegen.
Die beiden Index-Schwergewichte Allianz und Münchener Rück, aber auch der reine Rückversicherer Hannover Rück rückten im versicherungslastigen DAX ebenfalls vor. Höhere Zinsen bieten den Assekuranzen bessere Neuanlagemöglichkeiten für ihre Beiträge, sodass auch sie von der Entwicklung profitieren. Allerdings nicht so kurzfristig wie die Banken, die sofort an der Kreditschraube drehen können.
Der Krankenhaus- und Medizinkonzern Fresenius will Kreisen zufolge einen Anteil von 20 Prozent an seiner Krankenhaussparte Helios verkaufen. Das Unternehmen arbeite mit den US-Banken Bank of America und JPMorgan zusammen, um das Interesse potenzieller Käufer auszuloten, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Abend unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Helios könnte dabei einschließlich Schulden mit mehr als 15 Milliarden Euro bewertet werden.
Unter den Interessenten dürften vor allem Private Equity und Infrastrukturfonds sein, hieß es weiter. Die Überlegungen seien noch in einem frühen Stadium und es seien noch keine endgültigen Entscheidungen über Umfang oder Zeitpunkt einer möglichen Transaktion getroffen worden. Fresenius-Aktien waren heute Tagessieger im DAX.
Rekordweltmeister Lewis Hamilton und der aktuelle Champion Max Verstappen haben die Formel-1-Pläne von Audi und Porsche begrüßt. "Es ist großartig, dass wir neue Hersteller in unserem Sport bekommen. Es ist großartig, dass wir uns weiterentwickeln. Wir heißen sie willkommen", sagte Mercedes-Star Hamilton. Vorstand und Aufsichtsrat der Volkswagen AG, der Porsche AG und der Audi AG hatten gestern "Planungen der beiden Konzernmarken für einen eventuellen Einstieg in die Formel 1" bestätigt.
Der wohl bestbezahlte Chef eines DAX-Unternehmens 2021 wird ab Juni Privatier sein. In seinem letzten Jahr an der Spitze des Modeversenders Zalando hat Rubin Ritter eine Vergütung von 89 Millionen Euro erhalten, wie aus dem Geschäftsbericht hervorgeht. Der Löwenanteil davon entfällt auf Aktienoptionen, die Ritter in den Jahren 2011, 2013 und 2014 erhalten hat - zum Großteil noch vor dem Börsengang von Zalando.
Übernahmespekulationen rücken die Aktien von Scout24 in den Fokus. Die Papiere des Online-Immobilienmarktplatzes schnellen um rund 13 Prozent empor und an die Spitze des MDAX. Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete unter Verweis auf die Marktbeobachter von "Dealreporter", dass die Investoren Hellman & Friedman, EQT und Permira ein Auge auf Scout24 geworfen haben und ein Gebot erwägen. Auch Cinven und CVC seien interessiert.
Tesla-Chef Elon Musk hat bei der Eröffnung eines neuen Werks in Texas den Bau eines selbstfahrenden Taxis mit "futuristischem Aussehen" angekündigt. "Gewaltige Stückzahlen. Vollständig selbstfahrend. Es wird ein spezielles Robotaxi geben", sagte der 50-Jährige gestern vor der Menge bei dem Werk. In der Vergangenheit hatte Musk allerdings mehrfach seine Ziele beim autonomen Fahren verfehlt.
Dem Wiener Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV machen milliardenschwere Abschreibungen wegen seines Russland-Geschäftes zu schaffen. Im Zusammenhang mit der gestoppten Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 schrieb OMV eine Milliarde Euro ab. Außerdem würden die beiden russischen Firmen, über die OMV knapp 25 Prozent an dem Gasfelds Juschno Russkoje hält, nicht mehr konsolidiert. Zusammen mit Abschreibungen auf Reserven des Gasfelds werde das das operative Ergebnis im ersten Quartal zusätzlich mit einer Milliarde Euro belasten.