Der Schriftzug "New York Stock Exchange" in goldenen Buchstaben unter einem klassizistschen Giebel.
Marktbericht

Ruhiger Wochenstart US-Anleger halten sich bedeckt

Stand: 06.11.2023 22:22 Uhr

Nach einer erfolgreichen Vorwoche haben die Anleger an der Wall Street heute durchgeschnauft. Spannend bleibt es trotzdem, denn weiterhin ist offen, ob und wann die Notenbank die Zinswende einleitet.

In New York verteidigten die großen Aktienindizes zum Wochenstart ihre leichten Anfangsgewinne, zu mehr reichte es aber nicht. Die großen Indizes bewegten sich nur leicht und schlossen dabei etwas höher.

Der Leitindex Dow Jones ging bei 34.095 Zählern mit einem Plus von 0,1 Prozent aus dem Handel. Auch der marktbreite S&P-500-Index schloss bei 4365 Stellen mit einem leichten Plus von 0,18 Prozent. Die Technologiebörse Nasdaq legte um 0,3 Prozent zu, der Auswahlindex Nasdaq 100 rückte 0,37 Prozent vor.

Nachdem auch in den USA am Wochenende die Uhren umgestellt wurden, findet der Handel wieder wie gewohnt zwischen 15.30 Uhr und 22.00 Uhr mitteleuropäischer Zeit statt.

Mit Spannung warten US-Anleger auf eine Reihe von Kommentaren von Entscheidungsträgern im Wochenverlauf, um daraus weitere Rückschlüsse auf den künftigen Kurs der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) zu ziehen. Ein sich abkühlender US-Arbeitsmarkt hatte vergangene Woche die Spekulationen auf ein Ende der Zinserhöhungen angeheizt und den wichtigsten Wall-Street-Indizes ihre beste wöchentliche Performance seit etwa einem Jahr beschert. Der Dow Jones hatte immerhin ein Wochenplus von 5,0 Prozent erreicht.

"Der US-Gehaltsbericht war für die Märkte genau das Richtige - schwach genug, um darauf hinzuweisen, dass die Fed mit den Zinserhöhungen Schluss machen sollte, aber nicht so schwach, dass die Alarmglocken für die Wirtschaft schrillen würden", sagte Mohit Kumar, Chefökonom für Europa bei Jefferies.

Allerdings gab es vor dem Hintergrund eines wieder schwächeren Rentenmarktes heute auch mahnende Stimmen: Auch wenn die Inflationsaussichten Zinssenkungen im nächsten Jahr zuließen, sei nach wie vor Vorsicht geboten, warnte Samy Chaar, Chefökonom bei Lombard Odier. Zehnjährige Renditen für Staatsanleihen stiegen von 4,54 auf 4,66 Prozent.

Weiter im Fokus stand auch die sich langsam dem Ende zuneigende Quartalsberichtssaison. Die in New York gelisteten Anteilsscheine von BioNTech trotzten mit einem Kurssprung von 4,1 Prozent der gesenkten Umsatzprognose für Corona-Impfstoffe. Das Mainzer Biotech-Unternehmen kämpft in diesem Bereich zwar ebenso wie die Konkurrenz mit einem Absatzrückgang. Anders als etwa beim US-Partner Pfizer oder dem US-Konkurrenten Moderna stand am Ende des dritten Quartals aber ein Gewinn zu Buche.

Der DAX hat zum Wochenstart nicht an die guten Vorgaben der Vorwoche anknüpfen können und moderat leichter geschlossen. Am Ende stand ein Minus von 0,35 Prozent auf 15.135 Punkte auf der Anzeigetafel der Frankfurter Börse. Der Index handelte dabei in einer Bandbreite zwischen 15.110 und 15.229 Punkten. Zum Wochenschluss am vergangenen Freitag war der DAX noch 0,3 Prozent fester auf 15.189 Punkte aus dem Handel gegangen. In der Vorwoche hatte er insgesamt fast 3,5 Prozent zugelegt.

Der MDAX, der Index der mittelgroßen Werte, verlor 0,91 Prozent auf 24.908 Punkte. Auch die Kurse deutscher Bundesanleihen sind heute deutlich gefallen. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen stieg auf 2,73 Prozent.

Die Berichtssaison pausierte heute, erst gegen Mittag überraschte aus dem MDAX Lanxess mit einem Kursrutsch wegen gesenkter Ziele. Für 2023 erwartet das Spezialchemie-Unternehmen nunmehr ein bereinigtes operatives Ergebnis (Ebitda) von 500 bis 550 Millionen Euro. Analysten hatten im Schnitt 571 Millionen prognostiziert. Lanxess hatte bereits im Sommer wegen schwacher Nachfrage seine Erwartungen heruntergeschraubt und zuletzt ein Ergebnis von 600 bis 650 (2022: 930) Millionen Euro in Aussicht gestellt. Auch die Dividende soll gekürzt werden. Zwischenzeitlich verlor die Aktie fast 9 Prozent, am Ende lag das Minus bei sechs Prozent.

Die Aktien von DAX-Mitglied Vonovia wurden vom Bankhaus Metzler nach ihrer zuletzt schwungvollen Erholung zum Verkauf empfohlen. Ihre Rally war von Zinshoffnung getrieben gewesen, nun kam ein Rücksetzer um 5,4 Prozent. Es war die größte prozentuale Bewegung im Leitindex, ansonsten blieben die Schwankungen bei den Einzeltitel überschaubar. Tagessieger waren Siemens, die 0,9 Prozent zulegten.

Belastend für den Gesamtmarkt wirkte sich aus, dass der Krieg im Nahen Osten ebenso weitergeht wie der Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Für beide Konflikte zeichnet sich keine Lösung ab.

Die Anleger schrecke vor allem die Gefahr, dass sich aus dem Nahost-Krieg ein Flächenbrand entwickeln könnte, konstatierte Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege vom Broker RoboMarkets. "Mit Folgen vor allem für die Energieversorgung mit stärker steigenden Preisen, die das Szenario einer geldpolitischen Wende wieder in weite Ferne rücken lassen könnte."

Trotz der immer noch unklaren Situation erwarten einige Fachleute aber weitere Kursgewinne. Nicht nur saisonale Effekte sprechen dafür. Auch die zuletzt schwächeren US-Konjunkturdaten sowie Aussagen von Jerome Powell, dem Chef der Fed, deuten darauf hin, dass die US-Notenbank beim Kampf gegen die immer noch zu hohe Inflation ihr Zinsplateau erst einmal erreicht hat. Ähnliche Signale gingen zuletzt auch von der EZB aus, obwohl auch diese an ihrem Inflationsziel von zwei Prozent noch nicht angekommen ist.

Was allerdings nicht bedeutet, dass nunmehr auch ein baldiger Zinsabstieg beginnt, auf den die "Bullen" (Käufer) hoffen. Im Gegenteil, Fed-Banker halten sich weiterhin alle Optionen offen, sollte die Inflation wieder anspringen. "Die Anleger müssen jetzt zwischen den unverändert hohen geopolitischen Risiken und den zuletzt positiven Nachrichten von den Notenbanken und vom US-Arbeitsmarkt abwägen", meint Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partner.

Update Wirtschaft vom 06.11.2023

Antje Erhard, HR, tagesschau24, 06.11.2023 09:00 Uhr

Fundamentaler Rückenwind für den heimischen Markt kommt von aktuellen Konjunkturdaten. Denn die deutsche Industrie hat im September erneut mehr Aufträge an Land gezogen. Das Neugeschäft wuchs um 0,2 Prozent zum Vormonat, teilte das Statistische Bundesamt mit. Dazu trugen Großaufträge bei. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Rückgang um 1,0 Prozent gerechnet.

Allerdings wurde das Wachstum im August nachträglich deutlich nach unten korrigiert - von plus 3,9 Prozent auf nur noch plus 1,9 Prozent. Ökonomen rufen auch deshalb noch keine Trendwende aus. "Nach den starken Rückgängen bis zum Frühjahr zeichnet sich nun lediglich eine Stabilisierung ab", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.

Die Aussicht auf das Ende der geldpolitischen Straffung drückt erneut die US-Währung. Der Euro profitiert davon und hält sich zu Beginn der neuen Woche über der Marke von 1,07 Dollar. Die Gemeinschaftswährung gewinnt in der Spitze bis zu 0,3 Prozent auf 1,0756 Dollar - das höchste Niveau seit knapp zwei Monaten und wurde zuletzt im US-Handel bei 1,0720 Dollar etwas tiefer notiert. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0741 (Freitag: 1,0702) Dollar fest.

"Der Euro erlebt relativ zum Dollar ein Comeback. Dabei ist das, was wir aktuell als Euro-Stärke wahrnehmen, eher eine Dollar-Schwäche", warnte Thomas Altmann, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter QC Partners.

Die Deutsche Börse will eigene Aktien zurückkaufen. Beginnend im ersten Quartal 2024 sollen Papiere für bis zu 300 Millionen Euro erworben werden, teilte das Unternehmen am Abend mit. An der Börse kamen die Neuigkeiten gut an, der Aktienkurs legte nachbörslich zu.

Künftig sollen 30 bis 40 Prozent des den Anteilseignern zuzurechnenden Jahresüberschusses als Dividende ausgeschüttet werden. Dabei sei eine steigende Dividende pro Aktie geplant. Überschüssige Liquidität soll in Aktienrückkäufe gesteckt werden. Für 2023 rechnet der Börsenbetreiber mit einer Dividendenausschüttungsquote von rund 40 Prozent des Gewinns.

Der DAX-Konzern Bayer erweitert das zulassungsrelevante Phase-III-Studienprogramm für die Milliardenhoffnung Asundexian. Die Oceanic-Afina-Studie umfasst Patienten ab 65 Jahren mit Vorhofflimmern und dem Risiko für einen Schlaganfall oder eine systemische Embolie, die wegen erhöhtem Blutungsrisiko für aktuelle, oral verabreichte Gerinnungshemmer als ungeeignet gelten.

Der potenzielle Nachfolger für Bayers Blutgerinnungshemmer Xarelto könnte Schutz bieten, ohne das Blutungsrisiko zu erhöhen, hieß es. Xarelto ist seit Jahren Bayers wichtigster Pharma-Umsatzbringer, verliert aber nach und nach den Patentschutz, sodass die Konkurrenz durch Generika zunimmt.

Der Pharma- und Chemiekonzern Merck KGaA könnte einem Pressebericht zufolge weitere Stellen streichen. Die Chemiesparte solle die Kosten um bis zu 90 Millionen Euro senken, berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" unter Berufung auf ein Memo an Mitarbeiter von Kai Beckmann, Geschäftsleitungsmitglied und für das Geschäft mit Elektronikchemie zuständig. Merck habe auf Anfrage die Echtheit des Dokuments bestätigt.

Der Billigflieger Ryanair steuert dank einer hohen Nachfrage und gestiegener Ticketpreise auf einen Rekordgewinn im laufenden Geschäftsjahr zu. Unter dem Strich werde in dem noch bis Ende März laufenden Turnus ein Ergebnis zwischen 1,85 und 2,05 Milliarden Euro erwartet. Den bisher höchsten Gewinn erzielten die Iren 2018 mit 1,45 Milliarden Euro, im vergangenen Jahr verpassten sie diese Marke nur knapp. Europas größte Airline-Gruppe nach Passagierzahlen zählte von April bis September 105 Millionen Gäste, elf Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Die New Yorker Börse NYSE hat die Aktien des Bürovermieters WeWork am Montag vom Handel ausgesetzt. Diese kosteten zuletzt nur noch 0,84 Dollar. Vom Unternehmen seien Neuigkeiten zu erwarten, hieß es zur Begründung. Schon in der vergangenen Woche hatte es geheißen, WeWork wolle in dieser Woche Insolvenzantrag in New Jersey stellen, um seine Schulden in den Griff zu bekommen.

Das einst mit 47 Milliarden Dollar bewertete Start-up, hinter dem der japanische Tech-Investor SoftBank steht, ist an der Börse nur noch 44 Millionen Dollar wert. Schwarze Zahlen hat WeWork nie geschrieben. Pläne, die Kosten so weit zu senken, dass das Unternehmen wenigstens kein Geld mehr verbrennen würde, waren an der Schwäche des Büroimmobilienmarktes gescheitert.

Das Unternehmen Google muss sich vor einem US-Bundesgericht wegen Vorwürfen verantworten, dass mit dem Bezahlsystem in seinem Play Store Preise für Verbraucher und App-Entwickler auf illegale Weise in die Höhe getrieben würden. Das Verfahren startet heute und soll bis kurz vor Weihnachten dauern. Vorgesehen ist unter anderem eine Aussage des langjährigen Google-Spitzenmanagers und derzeitigen Chefs des Mutterkonzerns Alphabet Inc., Sundar Pichai. Das Verfahren angestrengt hat der Videospiel-Hersteller Epic Games. Er hatte 2021 in einem ähnlichen Prozess gegen den App Store von Apple verloren.

Überwiegend positive Ersteinschätzungen von Analysten haben den Aktien von Birkenstock heute im US-Handel Auftrieb gegeben. Die Papiere des deutschen Schuhherstellers knüpften an ihre jüngste Erholung von fast sieben Prozent seit Donnerstag an und stiegen um weitere XX Prozent auf XX Dollar an. Damit notieren sie allerdings nach wie vor erheblich unter dem Ausgabepreis von 46 US-Dollar.

Keiner der Analysten, die seit diesem Wochenende die Bewertung der Aktie aufnahmen, rät zum Verkauf. Vor rund einem Monat war das Unternehmen enttäuschend schwach an der New Yorker Börse Nyse gestartet. Der erste Kurs hatte am 11. Oktober bei 41 Dollar (38,70 Euro) gelegen und damit mehr als zehn Prozent unter dem Ausgabepreis.

Zum Börsengang vor einem Monat hatte vor allem Kritik hervorgerufen, dass Birkenstock mit seinem Erlösanteil aus dem Börsengang vor allem Schulden abbauen wollte. Das erscheine "ambitionslos", hatte etwa Analyst Michael Hewson vom Londoner Wertpapierhaus CMC Markts gesagt. Kritisiert worden war zudem die etwa viermal so hohe Bewertung wie die des Kultstiefelherstellers Dr. Martens.

Tesla-Aktien steigen zum Handelsstart in New York rund ein Prozent. Einem Medienbericht zufolge will der Elektroautobauer ein neues, vergleichsweise preisgünstiges Modell in seinem Werk in Grünheide bei Berlin produzieren.

Tesla zahlt derweil seinen Beschäftigten in Deutschland ab November mehr Lohn. Nach einem Anstieg um sechs Prozent im vergangenen Jahr gebe es dieses Mal vier Prozent mehr Geld, erklärte der Autobauer und bestätigte damit einen Bericht des "Wall Street Journal". Im Dezember komme ein Inflationsausgleich von 1.500 Euro hinzu, ab Februar werden die Jahreslöhne der rund 11.000 Beschäftigten um zusätzliche 2.500 Euro angehoben. Die Gewerkschaft IG Metall hatte in der Vergangenheit moniert, dass die Löhne beim US-Elektroautobauer rund 20 Prozent unter dem Branchentarifvertrag lägen, und im vergangenen Monat vor dem Werkstor um Mitglieder geworben.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 06. November 2023 um 09:00 Uhr.