Nur leichte Gewinne Schuldenstreit bremst die Börsen
Angesichts des ungelösten US-Schuldenstreits wollte an der Wall Street keine rechte Freude aufkommen. Auch der DAX trat unentschlossen auf der Stelle.
Im amerikanischen Schuldenstreit zwischen Demokraten und Republikanern ist noch keine Einigung in Sicht. Angesichts des Krisenpotenzials dieser Entwicklung blieben die Investoren an der Wall Street vorsichtig. Der Dow Jones startete mit einem bescheidenen Plus von 0,14 Prozent in die neue Woche.
Die Technologiewerte schlugen sich etwas besser. Der Auswahlindex Nasdaq 100 ging 0,55 Prozent höher aus dem Handel.
Zuletzt hatte sich US-Präsident Joe Biden optimistisch geäußert, dass eine Einigung in den verfahrenen Verhandlungen erzielt werden könnte. Morgen will sich Biden mit führenden Kongressabgeordneten zu weiteren Gesprächen treffen. Experten zufolge drohen Marktturbulenzen und eine wirtschaftliche Katastrophe, wenn sich die Politiker nicht auf eine Anhebung der 31,4 Billionen Dollar schweren Schuldenobergrenze einigen. Auch US-Finanzministerin Janet Yellen warnte erneut vor einem Zahlungsausfall der USA ab dem 1. Juni.
In den USA legt der Kongress in unregelmäßigen Abständen eine Schuldenobergrenze fest und bestimmt, wie viel Geld sich der Staat leihen darf. Mittlerweile ist in den USA der geltende Schuldendeckel erreicht und das US-Finanzministerium muss die Reserven anzapfen.
Die US-Märkte werden ohnehin von Rezessionssorgen geplagt. Die Industriestimmung im Bundesstaat New York hat sich im Mai so stark eingetrübt wie seit Beginn der Corona-Krise nicht mehr. Der Empire-State-Index fiel von plus 10,8 Punkten im Vormonat auf minus 31,8 Zähler. Mit dem Einbruch ist der Indexwert wieder auf den tiefsten Stand seit Beginn des Jahres zurückgefallen.
Unterdessen dämpften zwei US-Notenbanker die Spekulationen auf eine Zinssenkung im laufenden Jahr. Trotz aller Fortschritte sei es noch ein langer Weg zum Stabilitätsziel einer Inflationsrate von zwei Prozent, sagte der Chef des Notenbankbezirks Atlanta, Raphael Bostic, dem Sender "CNBC". Er rechne nicht damit, dass die Inflation so schnell zurückgehe wie an den Finanzmärkten erwartet. Bostic sieht daher eher Aussichten für höhere Zinsen als für eine Senkung, die er erst für 2024 erwarte. Der Chef des Fed-Bezirks Minnesota, Neel Kashkari, sagte, die Inflation sei noch immer viel zu hoch. Die Fed habe daher auch noch viel zu tun.
Am deutschen Markt legte der DAX nach einer Berg- und Talfahrt fast eine Punktlandung hin. Zum Schluss des Xetra-Handels verbuchte der deutsche Leitindex ein winziges Plus von drei Punkten. Angesichts uneinheitlicher Quartalszahlen kam keine echte Kauflaune auf. Im Fokus der Anleger stand zudem erneut der drohende Zahlungsausfall der USA.
Die Seitwärtsbewegung am deutschen Aktienmarkt setzt sich damit fort. Seit Wochen schon ringt der DAX vergeblich um die runde Marke von 16.000 Punkten.
Nach dem unentschiedenen Wahlergebnis in der Türkei ging es an der Börse Istanbul hoch her. Die Furcht vor einem Wahlsieg des türkischen Präsidenten Tayyip Erdogan bei der bevorstehenden Stichwahl am 28. Mai sorgte am türkischen Finanzmarkt für heftige Turbulenzen. Die in Dollar notierten Staatsanleihen gaben nach, die Kosten für die Kreditausfallversicherung des Landes schnellten in die Höhe. An der Börse in Istanbul brachen die Kurse ein, der Handel wurde zeitweise unterbrochen. Besonders Bankaktien gerieten unter Druck.
Die türkische Lira zeigte sich am Tag nach der Wahl kaum bewegt in Nähe ihres Rekordtiefs zum Dollar. Marktbeobachter gingen aber davon aus, dass die Lira künstlich stabilisiert wird: "Informierten Kreisen zufolge sollen staatliche türkische Kreditinstitute Dollar verkauft haben, um die eigene Währung zu stützen, was die vordergründige Ruhe der Lira erklären würde", erklärte Sandra Striffler, Analystin bei der DZ Bank. Zuletzt wurde ein US-Dollar bei 19,67 Lira gehandelt.
Für die Lira wäre eine Niederlage Erdogans ein positives Szenario gewesen, weil eine neue Regierung unter Kemal Kilicdaroglu die Unabhängigkeit der Zentralbank sofort wiederhergestellt und höhere Zinsen gestattet hätte, betonen die Devisen-Experten der Commerzbank, Tatha Ghose und Ulrich Leuchtmann. Die Geld- und Wirtschaftspolitik dürfte nun bis zum 28. Mai genauso wie bisher darauf ausgerichtet sein, einen Absturz der Lira zu verhindern. Die künstliche Lira-Stabilisierung dürfte den Verantwortlichen allerdings immer schwerer fallen, so die Prognose der Devisen-Experten.
Der Euro konnte nach seinen jüngsten Verlusten zum Dollar etwas Boden gutmachen. Die europäische Gemeinschaftswährung notiert aktuell bei 1,0875 Dollar. Die Feinunze Gold kostete am Abend 2015 Dollar.
Die Ölpreise erholten sich etwas von ihren jüngsten Verlusten. Am Abend kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juli 75,33 US-Dollar. Das sind 1,7 Prozent mehr als am Freitag. Vor allem Nachfragesorgen wegen der überraschend trägen Konjunkturerholung Chinas, aber auch die Furcht vor einem Abrutschen der US-Wirtschaft in eine Rezession hatten zuletzt die Ölpreise gedrückt.
Die Apple-Aktie gab gegen den Markttrend an der Nasdaq nach. In Frankreich ist der Technologiekonzern erneut wegen des Verdachts auf gezielten Produktverschleiß seiner Smartphones im Visier der Behörden. Wie die Pariser Staatsanwaltschaft bestätigte, wurden bereits im Dezember Ermittlungen gegen Apple wegen mutmaßlicher irreführender Geschäftspraktiken und sogenannter geplanter Obsoleszenz eingeleitet. Im Februar 2020 hatte Frankreich gegen Apple bereits eine Strafe in Höhe von 25 Millionen Dollar wegen gezielter Drosselung der Leistungsfähigkeit von iPhones verhängt.
Größter Gewinner im DAX war die Aktie von Siemens Energy nach Vorlage der Quartalszahlen. Mit einem Kursplus von 2,7 Prozent erreichte sie das höchste Niveau seit Anfang 2022. Die Analysten Vivek Midha von der Citigroup und Akash Gupta von JPMorgan hoben allem den starken Auftragseingang und die Umsatzentwicklung hervor. Goldman-Analyst Ajay Patel sprach von "insgesamt starken Zahlen". Wegen der schwachen Entwicklung bei der spanischen Tochter Gamesa erwartet der Energietechnikkonzern allerdings nun die Ergebnis-Marge vor Sondereffekten im Gesamtjahr am unteren Ende der Prognosespanne von ein bis drei Prozent.
Encavis hat überraschend gute Quartalszahlen vorgelegt. Der Solar- und Windpark-Betreiber aus dem MDAX profitierte von seinen erweiterten Erzeugungskapazitäten und dem jüngsten Zukauf. Der Umsatz legte nach Abzug der Strompreisbremsen im Jahresvergleich um neun Prozent auf 98,8 Millionen Euro zu, unterm Strich blieb mit 16,6 Millionen Euro knapp 17 Prozent mehr Gewinn übrig.
Der Versicherungskonzern Talanx (HDI) hat seinen Gewinn im ersten Quartal dank geringerer Großschäden deutlich gesteigert. Der Überschuss lag mit 423 Millionen Euro fast ein Drittel höher als ein Jahr zuvor. Vorstandschef Torsten Leue sieht den Konzern damit auf Kurs, in diesem Jahr wie geplant einen Gewinn von etwa 1,4 Milliarden Euro zu erzielen.
Deutsche Medienregulierer überprüfen, ob der italienische TV-Konzern Media For Europe (MFE) um Silvio Berlusconi durch eine Anteilserhöhung bei ProSiebenSat.1 eine zu große Macht im Medienbereich bekommt. Das bestätigte die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) am Freitag. Zuvor hatte ProSiebenSat.1 veröffentlicht, dass MFE seine Beteiligung an den Unterföhringern von 22,72 Prozent des Grundkapitals auf 25,73 Prozent erhöht habe.
Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall gründet ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem ukrainischen Staatskonzern Ukroboronprom. Mitte Juli soll das Joint Venture die Arbeit aufnehmen. In einem ersten Schritt sollen Militärfahrzeuge instand gesetzt werden, die der Ukraine über Ringtausch-Projekte der deutschen Regierung sowie durch Direktlieferungen bereitgestellt wurden. Später sei die gemeinsame Herstellung ausgewählter Rheinmetall-Produkte in der Ukraine geplant.
Die Aktie von Ceconomy gab nach der Zahlenvorlage zum zweiten Geschäftsquartal stark nach. "Am Markt ist wohl nach dem knapp sechsprozentigen Kursplus am Freitag mehr erwartet worden", kommentierte Analyst Volker Bosse von der Baader Bank. Womöglich sorgten sich die Anleger wegen der Äußerungen des Managements zum herausfordernden Umfeld, auch wenn sich Vorstandschef Karsten Wildberger zuversichtlich über den Start in die zweite Jahreshälfte gezeigt habe. Der Umsatz stieg in den Monaten Januar bis März um 5,6 Prozent auf 5,3 Milliarden Euro. Hingegen wurde der Nettoverlust mit 15 Millionen Euro mehr als verdoppelt - hier belastete der Verkauf der schwedischen Märkte mit 68 Millionen Euro. Das SDAX-Unternehmen hatte negative Effekte bereits angekündigt.
Der IT-Dienstleister Nagarro rechnet im laufenden Jahr mit einem geringeren Umsatzwachstum als bislang. Der Umsatz dürfte nur noch auf 940 Millionen Euro steigen, teilte das SDAX-Unternehmen am Freitagabend nach Börsenschluss mit. Nagarro hatte sich bislang vorgenommen, nach einem Umsatz von 856 Millionen Euro 2022 dieses Jahr die Milliardenmarke zu knacken.
Der Batteriehersteller Varta schreibt operativ rote Zahlen. Das bereinigte Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) lag im ersten Quartal bei minus 2,0 (Vorjahr: plus 38,1) Millionen Euro. Mit den Lithium-Ionen-Knopfzellen für Kopfhörer macht Varta kaum noch Umsatz, seit der Hauptkunde Apple die Produktion der AirPods gedrosselt hat.
Nach guten Geschäftszahlen gewann die Aktie von Dermapharm im SDAX mehr als acht Prozent. Jefferies-Experte Alexander Thiel lobte die starken Resultate des Arzneimittelherstellers. Die Erwartungen seien klar übertroffen worden, alle Bereiche hätten dazu beigetragen, so der Experte.
Der Nutzfahrzeug-Zulieferer Jost Werke hat von der starken Nachfrage nach Lastwagen profitiert und seinen Umsatz gesteigert. Insgesamt legten die Erlöse im ersten Quartal um 9,6 Prozent zu auf 341,6 Millionen Euro. Der Gewinn stieg um 11,6 Prozent auf 24 Millionen Euro.
Jenseits der großen Indizes macht die Evotec-Aktie auf sich aufmerksam. Der Pharma-Wirkstoffforscher hält trotz eines Cyberangriffs zunächst an seinen Jahreszielen fest. Auswirkungen der Attacke auf die Prognosen könnten jedoch nicht ausgeschlossen werden, teilten die Hamburger am Wochenende mit. Am 4. Mai hatte die Deutsche Börse die Herausnahme von Evotec aus dem MDAX zum 9. Mai bekannt gegeben. Grund dafür war, dass das Unternehmen wegen des Cyberangriffs seinen testierten Jahresbericht für 2022 nicht rechtzeitig veröffentlichten konnte. In der Nacht zum Samstag legte Evotec den Bericht nun vor und wird daher zur anstehenden Index-Neuverkettung am Montag, 19. Juni, im MDAX zurückerwartet.
Der größte Goldproduzent der Welt, Newmont aus den USA, kann seinen australischen Konkurrenten Newcrest übernehmen: Newcrest hat das Übernahmeangebot in Höhe von 19 Milliarden Dollar akzeptiert. Newmont baut seine führende Position damit weiter aus - der Konzern baut dann Gold und Kupfer in Nord- und Südamerika, Südafrika, Australien und Papua-Neuguinea ab.
Der Elektroautobauer Tesla muss in China ein mögliches Sicherheitsrisiko bei knapp über 1,1 Millionen Fahrzeugen mit einem Software-Update beheben. Die staatliche Behörde für Marktregulierung sprach von einem Produktrückruf, der am 29. Mai beginnen wird. Betroffen sind insgesamt drei importierte und zwei in China hergestellte Tesla-Modelle, die von Januar 2019 bis April 2023 produziert wurden.