Neue EU-Regeln für Neobroker Wird der Aktienhandel bald teurer?
Aktienkauf per Smartphone, fast kostenfrei - das ist das Geschäftsmodell der sogenannten Neobroker. Das Prinzip dahinter hat das EU-Parlament nun untersagt. Was heißt das für die Anleger?
Erik Podzuweit und Christian Hecker sind Konkurrenten - sie verantworten die Geschicke der beiden größten deutschen Neobroker: Hecker leitet Trade Republic, Podzuweit ist Chef bei Scalable Capital. Nun aber teilen die beiden Unternehmer ein Problem. Das EU-Parlament hat ein Modell untersagt, das für die Neobroker essenziell ist. Es heißt: "Payment for Order Flow".
Dahinter verbirgt sich folgendes Prinzip: die Neobroker leiten die Aufträge ihrer Kunden an bestimmte Handelsplätze und bekommen dafür eine Rückvergütung von den Börsen. Die Kunden zahlen für das Handeln mit Aktien oder Fonds dann nur eine sehr geringe oder gar keine Gebühr. Mit diesem Modell soll nach dem Willen der Europäischen Union im Jahr 2026 Schluss sein.
"Riesenerfolg für Monopolbörsen"
"Das Verbot von Payment for Order Flow ist ein Riesenerfolg für die Monopolbörsen", kritisiert Christian Hecker von Trade Republic. "Sie wollen sich damit verbraucherfreundliche, günstige und einfache Konkurrenz vom Leib halten und haben auf diesem Weg in Brüssel nun einen Meilenstein erzielt."
Erik Podzuweit von Scalable Capital nennt das Verbot von "Payment for Order Flow" eine böse Überraschung. Auch er sieht darin einen Lobbyerfolg der großen europäischen Börsen, etwa in Frankreich: "Denen geht nämlich durch dieses 'Payment for Order Flow' Geschäft verloren, weil kleine Anleger nicht auf diesen großen Börsen handeln. Dort sind die Kurse zwar sehr gut, aber die Nebengebühren sind viel zu groß. Sondern die handeln in Deutschland auf spezialisierten Börsen für Kleinanleger."
Auch die Bundesregierung sieht ein Verbot des Geschäftsmodells kritisch. Man habe sich in den Verhandlungen auf EU-Ebene dagegen ausgesprochen, sei aber mit dieser Haltung isoliert gewesen, heißt es aus dem FDP-geführten Bundesfinanzministerium.
BaFin beurteilte kleinere Trades als fair
Wo also liegt die Kritik an dem Prinzip? Andreas Hackethal, Finanzprofessor an der Universität Frankfurt, weist auf die Befürchtung hin, dass Neobroker für ihre Kunden nicht den Handelsplatz auswählten, der die besten Konditionen bietet, sondern den, der die höchsten Vergütungen zahlt.
"Man muss aber auch sagen, dass alle Broker schon sehr lange verpflichtet sind, ihren Kunden immer und stets die bestmögliche Ausführung von Trades zu gewährleisten", so Hackethal. "Und tatsächlich hatte die BaFin die Konditionen bei Neobrokern geprüft und gerade bei kleineren Trades als fair beurteilt."
Was also ändert sich mit dem Verbot von "Payment for Order Flow"? Für die Kunden der Neobroker in Deutschland erstmal wenig. Noch bleibt den Anbietern bis ins Jahr 2026 Zeit, auf die neuen Regeln zu reagieren. Dann endet die Übergangsphase.
"Ändert nichts an grundsätzlicher Attraktivität"
Christian Hecker von Trade Republik verspricht, man werde den Kunden weiterhin gebührenfrei ermöglichen, börsengehandelte Fonds - kurz: ETF - zu besparen. Auch Erik Podzuweit von Scalable Capital will die Preise niedrig halten. Man setze weiterhin auf einen technologischen Vorteil gegenüber klassischen Banken - und nicht nur das: "Der andere Aspekt ist, unsere Einnahmequellen zu diversifizieren. Das heißt, noch mehr zu verdienen über einen Monatsmitgliedsbeitrag, über Zinsmargen zu verdienen - also das Geschäft zu diversifizieren, um so weiterhin einen sehr konkurrenzfähigen Preis anzubieten."
Finanzprofessor Hackethal geht davon aus, dass die Neobroker Wege finden werden, die Einbußen aus dem Verbot von "Payment for Order Flow" auszugleichen. Anbieter könnten weiterhin mit schnellen und einfachen Apps und neuerdings auch mit hohen Zinsen punkten. "Vielleicht wird jeder Trade am Ende etwas teurer als heute - das ändert aber nichts an der grundsätzlichen Attraktivität des Geschäftsmodells für die Kunden."