Statistischer Effekt Steuereinnahmen im August deutlich gestiegen
Der Staat hat deutlich mehr Steuern eingenommen als im Vorjahr. Grund dafür sind allerdings die staatlichen Hilfen im August 2022. Das Finanzministerium erwartet derweil weiter eine schwache Wirtschaft.
Die Steuereinnahmen von Bund und Ländern sind im August deutlich gestiegen. Sie lagen mit 58,85 Milliarden Euro um 8,6 Prozent über dem Vorjahresniveau, wie aus dem heute veröffentlichten Monatsbericht des Bundesfinanzministeriums (BMF) hervorgeht. Das Ressort verwies wegen der steuerlichen Hilfen im Zuge der starken Energiepreissteigerungen allerdings auf eine geringere Vergleichsbasis im August 2022. Dies führte jetzt zu einem deutlichen Plus bei Lohn-, Umsatz- , Energie- und Kapitalertragssteuer.
Anstieg ohne Basiseffekt bei vier Prozent
Ökonomen warnten aufgrund des statistischen Effekts davor, den deutlichen Anstieg überzubewerten. "Die Vorjahresmonate sind von den ad-hoc-Maßnahmen während der Energiekrise geprägt", erklärte der Steuerschätzer Jens Boysen-Hogrefe vom Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) gegenüber Reuters. Entsprechend solle der merkliche Anstieg im August nicht dahingehend fehlgedeutet werden, dass hier zusätzliche Spielräume in den öffentlichen Haushalten angezeigt werden.
Im September dürfte der Zuwachs sogar noch kräftiger ausfallen. "Das spätsommerliche Plus ist bereits in der Haushaltsplanung berücksichtigt", so der Experte. "Eine positive Überraschung ist das also leider nicht."
Bereinigt um den Basiseffekt lag der Zuwachs bei den Steuern bei geschätzten vier Prozent, erklärte das BMF. In den ersten acht Monaten des laufenden Jahres wuchsen die Steuereinnahmen demnach insgesamt nur um 1,1 Prozent auf knapp 528 Milliarden Euro. Experten rechnen im Gesamtjahr mit einem Plus von knapp drei Prozent auf 838 Milliarden Euro.
Finanzministerium erwartet weiterhin schwache Wirtschaftsdynamik
Die jüngsten Konjunkturindikatoren deuten weiterhin auf eine schwache Dynamik hin, nachdem die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal stagnierte, hieß es darüber hinaus im Monatsbericht. "Impulse für die weitere Entwicklung sind eher aus der Entwicklung des privaten Konsums zu erwarten, da der Arbeitsmarkt weiterhin robust ist." Zwar gehe die konjunkturelle Flaute nicht mehr spurlos am Jobmarkt vorbei, die Arbeitslosigkeit sei aber weiter auf einem niedrigen Niveau.
Die Inflationsrate in den kommenden Monaten dürfte noch hoch bleiben, aber zumindest rückläufig sein. Umfragen unter Firmen des ifo-Instituts zeigten zuletzt einen weiteren Rückgang beim Anteil an Unternehmen, die in den kommenden Monaten Preiserhöhungen planen, berichtete das BMF. Aktuell planen offenbar noch knapp 15 Prozent Erhöhungen. Neue Prognosen der Bundesregierung zur wirtschaftlichen Lage werden am 11. Oktober erwartet.
Ex-Finanzminister Steinbrück fordert "bessere Schuldenbremse"
Mehrere Wirtschaftsinstitute hatten zuletzt ihre Prognosen gesenkt. So rechnet das ifo-Institut mit einem Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent in diesem Jahr. Die Fachleute vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erwartet ebenfalls ein Minus von 0,4 Prozent. Noch pessimistischer ist das RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, das eine um 0,6 Prozent schrumpfenden Wirtschaft prognostiziert.
Um die Konjunktur anzukurbeln, hat sich der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück nun für eine Reform der Schuldenbremse ausgesprochen, die während seiner Amtszeit im Grundgesetz verankert wurde. "Wir brauchen eine bessere Schuldenbremse", sagte der Sozialdemokrat dem "Tagesspiegel". "Sie sollte mehr öffentliche Investitionen - nicht konsumptive Ausgaben! - erlauben." Die Begrenzung der Nettokreditaufnahme des Bundes auf 0,35 Prozent der Wirtschaftskraft sei "bei unserer schlechten Infrastruktur nicht durchzuhalten", so Steinbrück weiter.