Kein Umtausch von Hrywnja Das Bargeld-Problem ukrainischer Flüchtlinge
Erreichen ukrainische Flüchtlinge Deutschland, wollen viele ihr mitgebrachtes Bargeld umtauschen. Das ist aber schwierig, weil es derzeit fast wertlos ist. An ein neues Konto kommen sie meist problemlos.
Ute Theis hat bei sich, in der hessischen Gemeinde Selters, mehrere Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht und mit ihnen auch gleich ein Konto eröffnet. Dafür gingen sie alle zusammen zur Kreissparkasse Limburg. Ganz ohne Übersetzer sei der Termin für sie zwar eine Herausforderung gewesen, erzählt die 73-Jährige. "Aber mit Händen, Füßen, ein paar Brocken Englisch und einem Übersetzungsprogramm auf dem Handy ging es am Ende prima."
Die Flüchtlingsfamilien hatten eine Bestätigung vom Einwohnermeldeamt dabei und ihre Ausweisdokumente. "Dass die ukrainischen Reisepässe in kyrillischer und lateinischer Schrift ausgestellt waren, hat uns das Ganze erleichtert", erzählt die Ehrenamtliche Theis. Das Konto sei ruckzuck freigeschaltet gewesen. Für die Familien ist es laut Theis unverzichtbar, damit sie Leistungen vom Sozialamt beziehen können und vielleicht später ein monatliches Gehalt.
Finanzaufsicht erleichtert Kontoeröffnung
Rund 50 Konten habe man für Menschen aus der Ukraine mittlerweile eröffnet, berichtet Christine Bräunche, bei der Kreissparkasse Limburg Referentin für den Vorstand. Damit die Bankmitarbeiter mit den Ausweisdokumenten zurechtkommen, habe man an alle einen Ausdruck mit einem Beispiel-Pass verteilt. "Da sehen die Bankmitarbeiter genau, wo sie etwa die Passnummer, das Geburtsdatum und den Geburtsort finden", so Bräunche. Das sei in den Originaldokumenten im Übrigen sowohl in ukrainischer als auch in englischer Sprache angegeben. Neben Pässen akzeptiere man mittlerweile auch ukrainische Personalausweise.
"Wir sind der Finanzaufsicht BaFin dankbar, dass sie es uns sehr unbürokratisch ermöglicht, bei der Eröffnung von Konten auf solche Ausweise zurückzugreifen", sagte Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes vorige Woche. Denn Pässe seien in vielen Fällen nicht vorhanden. So würden die Sparkassen für Flüchtlinge landauf, landab aktuell in großer Zahl Konten eröffnen. Das tun auch Privatbanken wie die Commerzbank und die Deutsche Bank.
Unterschiede bei den monatlichen Gebühren
In der Regel handelt es sich dabei um Basis-Konten mit grundlegenden Funktionen wie Geld einzahlen oder überweisen. Ukrainische Geflüchtete hätten grundsätzlich einen Anspruch darauf, aber nur mit einem anerkannten Ausweisdokument wie etwa einem ukrainischen Reisepass oder Personalausweis, meint Sylvie Ernoult, Sprecherin der Deutschen Kreditwirtschaft. Eine Meldeadresse bräuchten sie dagegen nicht, es reiche eine Postanschrift, unter der sie zu erreichen seien.
Für diese Basis-Konten fallen unterschiedlich hohe Gebühren an: Während sie bei der Commerzbank und der Deutschen Bank kostenlos sind, verlangt etwa die Kreissparkasse Limburg monatlich 6,50 Euro.
Banken und Sparkassen wollen Hrywnja nicht
Selbst wenn die Flüchtlinge so ein Konto haben, können sie darauf in der Regel kein ukrainisches Bargeld einzahlen. Das ist ein Riesenproblem, etwa für Stephan Reske aus der hessischen Gemeinde Ronshausen und seine neuen Gäste. Er beherbergt seit einer Woche eine Mutter mit ihrer Tochter aus Kiew. "Das Erste, was sie mich auf der Autofahrt hierher gefragt haben, war, wie sie ihr Bargeld umtauschen können", erzählt Reske, selbst Familienvater mit drei Kindern. Damals sei er noch zuversichtlich gewesen. Aber mittlerweile habe er von allen Banken Absagen kassiert, selbst von der Reisebank.
Zwar gebe es einen Devisenkurs für die ukrainische Währung Hrywnja, demnach wäre er wenige Cents wert, aber in der Realität werde er schlichtweg nicht gehandelt, erklärt Rüdiger Schmitt, Pressesprecher der Reisebank. "Faktisch ist das Geld für uns wertlos, weil wir wiederum dafür keine Abnehmer bei den internationalen Geschäftsbanken finden", so Schmitt. Damit wäre das für die Bank ein hundertprozentiges Verlustgeschäft. Ähnliches ist von vielen anderen Banken zu hören.
Rufe nach einer europäischen Lösung
Aktuell könne niemand die ukrainische Währung bei der ukrainischen Zentralbank eintauschen, heißt es bei der Deutschen Kreditwirtschaft: "Daher bedarf es einer europäischen Lösung, an der nach unserer Erkenntnis die EU-Kommission gemeinsam mit der EZB arbeitet." Denkbar wäre, dass ukrainische Devisen trotz allem in einer im Vorfeld definierten Höhe akzeptiert und die Flüchtlinge damit indirekt subventioniert werden könnten.
Die könnten zwar theoretisch mit ukrainischen Bankkarten hier in Deutschland am Automaten Geld abheben und sich in Euro auszahlen lassen. "Dies ist jedoch nur so lange möglich, wie in der Ukraine die Bank des Karteninhabers antwortet und die Auszahlungen zulässt", erklärt Sylvie Ernoult von der Deutschen Kreditwirtschaft. Sei das Institut jedoch durch die aktuelle Situation nicht mehr besetzt, werde es mit der Auszahlung schwierig.