Generalstreik in Italien Montis erste große Hürde
Italiens Ministerpräsident Monti hat sich mit seinem 30-Milliarden-Sparpaket jetzt schon mächtige Feinde gemacht: Erstmals seit Jahren gab es einen Generalstreik, an dem sich alle Gewerkschaften beteiligten. Die Auswirkungen waren zwar mäßig - doch eine Eskalation scheint sicher.
Von Tilmann Kleinjung, ARD-Hörfunkstudio Rom
Es ist die erste große Hürde, die Italiens Ministerpräsident Mario Monti überwinden muss: Der Widerstand der Gewerkschaften gegen sein Sparpaket ist gewaltig.
"Eine Regierung, die sich als Retterin der Nation sieht, darf das Land dann nicht so behandeln, als müsse es umgebracht werden", sagt Susanna Camusso, die Chefin des größten italienischen Gewerkschaftsbundes. Es gehe um die Lebensbedingungen von Menschen, um ihre Einkünfte, um ihre Arbeit, ihre Hoffnung auf eine Rente.
Demonstranten: Monti geht den bequemen Weg
Monti ist angetreten mit dem Vorsatz, Italien einem rigiden Sparkurs zu unterziehen. Der aber - so sein Versprechen beim Regierungsantritt - sollte sozial ausgewogen sein.
An dieses Versprechen erinnerten ihn heute zigtausende Beschäftigte, die sich in ganz Italien dem Generalstreik angeschlossen haben, und so wie Giacomo in Rom gegen den Sparkurs demonstrierten: "Wir haben nichts gegen Monti persönlich." Er sei sicherlich fachkundig, intelligent und auch vertrauenserweckender als die, die vorher da waren. "Das Problem ist, dass er kassieren will und zwar sofort", meint Giacomo. "Er holt sich das Geld da, wo er sicher ist, es zu bekommen. Und nicht dort, wo er sich anstrengen müsste."
Mini-Luxussteuer statt Vermögenssteuer
Bis zuletzt hatten die Gewerkschaften versucht, den Ministerpräsidenten von ihrer Idee einer Vermögenssteuer zu überzeugen. Herausgekommen ist nur eine Art Mini-Luxussteuer auf Edelyachten und Privatflieger. Auch bei den Politikergehältern gebe es bisher keinerlei Abstriche, ärgert sich Giacomo: "Dann hörst du, dass die Abgeordneten in Deutschland acht, neun oder zehntausend Euro verdienen. Und euch geht es nicht so schlecht wie uns." Italiens Politiker aber verdienten 15.000 Euro. "Und wir sind ruiniert", meint er. "Warum machen wir es nicht wie die Spanier, wo die Abgeordneten 4000 Euro im Monat verdienen?"
Alle Italiener fühlen sich betroffen
Insgesamt 30 Milliarden Euro umfasst das Sparpaket Montis, das er mit Einsparungen und Mehreinnahmen zusammenbekommen will. Die Einsparungen treffen vor allem die Rentner, die auf einen Inflationsausgleich verzichten müssen. Die Mehreinnahmen holt sich Monti von allen Bürgern: Die Mehrwertsteuer wird um zwei Prozent erhöht, die Mineralölsteuer wurde bereits in der vergangenen Woche massiv angehoben und eine unter seinem Vorgänger Silvio Berlusconi abgeschaffte Immobiliensteuer wird wieder eingeführt.
Das treffe alle Italiener, sagt die Demonstrantin Giovanna: In Italien besäßen die meisten Leute eine Wohnung - sie hätten sie erspart oder die Ersparnisse der Eltern bekommen. "Wir werden wohl für unsere Kinder keine Wohnung zusammensparen können. Aber unsere Eltern konnten uns noch eine hinterlassen."
Dezenter Auftakt mit gewaltigem Eskalationspotenzial
Eines hat Monti jetzt schon geschafft: Er hat die gespaltene Gewerkschaftsszene in Italien wieder geeint. Zum ersten Mal seit Jahren beteiligen sich alle großen Gewerkschaften wieder an einem Generalstreik. Der Auftakt fiel eher verhalten aus, im öffentlichen Leben gab es nur wenige Auswirkungen und keine großen Massenkundgebungen. Man könnte auch sagen: Es war eine dezente Kampfansage an Monti.
Das soll sich ändern. In den kommenden Tagen streiken immer wieder verschiedene Branchen. Und am kommenden Montag wollen die Gewerkschaften ein richtiges Ausrufezeichen setzen: Dann sollen auch Schulen, Krankenhäuser und Verkehrsbetriebe bestreikt werden.