Entwicklerkonferenz I/O in San Francisco Google drängt in letzte Alltagslücken
Vernetzte Autos, Computer-Uhren, Fernsehgeräte: Googles Betriebssysstem Android wird allgegenwärtig. Die Smartwatch am Handgelenk soll die Eingangstür sein. Doch bei der Entwicklerkonferenz in San Francisco regt sich auch Widerstand.
Wenn es nach Google geht, leben wir in Zukunft in der Android-Welt: Bislang war das erfolgreiche Betriebssystem vor allem auf Mobiltelefonen und Tablets zu finden. Im Smartphone-Bereich hat es eine absolute Vormachtstellung: Rund 80 Prozent aller Smartphones laufen mit dem Betriebssystem aus dem Hause Google. Rund eine Milliarde Menschen sind mit Android vertraut.
Beste Voraussetzungen, um Android auch in anderen Bereichen einzusetzen - und genau das hat Google vor. Die Auftaktveranstaltung der Entwicklerkonferenz Google I/O in San Francisco glich einem Marathon: Wie am Fließband stellten Manager und Ingenieure knapp drei Stunden lang Verbesserungen und Neuheiten vor. Das Wort des Tages hieß Android.
Die Uhr soll es möglich machen
Googles Betriebssystem soll umziehen: ins Auto, ans Handgelenk, in unsere Wohnzimmer - aufs Armaturenbrett, den Flachbildschirm, die Uhr. Die Smartwatch, Android Wear genannt, soll die Eingangstür in die Android-Welt sein. Schluss mit dem Gekrame nach dem Handy - wer schnell wissen will, was anliegt, könne nun auf die Uhr gucken, so Manager David Singleton: "Im Durchschnitt schauen wir 125 Mal am Tag auf unser Handy. Wir haben die Android-Uhr entwickelt, so dass wichtige Infos schnell zu sehen sind."
Ein Blick aufs Handgelenk bietet Wetter- und Verkehrsinformationen oder eingegangene Textnachrichten. Per Sprachbefehl lassen sich Kalendereinträge vornehmen. Anrufe können per Smartwatch abgelehnt werden. Zunächst läuft die Anwendung auf zwei eckigen Smartwatch-Modellen der Hersteller LG und Samsung. Und scheinbar hat Google auch in Sachen Stilfragen gelernt: im Herbst folgt ein rundes, weitaus unauffälligeres Model von Motorola.
Android im Auto: 40 weitere Hersteller ziehen mit
Schon lange ist bekannt, dass Google sich im Auto breitmachen will. Bereits Anfang des Jahres hatte der Konzern die so genannte "Offene Auto-Allianz", die Open Automotive Alliance, bekannt gegeben. Nun teilte der Konzern mit, dass 40 weitere Autobauer, darunter Audi, Opel und Volkswagen, daran mitarbeiten, das Google-Betriebssystem Android ins Auto zu bringen. Eine Verbindung zum Android-Mobiltelefon liefert Musik oder Informationen zu Verkehr oder Wetter auf den Bildschirm im Auto.
Das alles lässt sich per Sprachbefehl steuern, hob der leitende Google-Ingenieur Patrick Brady und erwähnte, dass ein Viertel aller Unfälle in den USA geschehen, weil die Fahrer durch ihr Handy abgelenkt werden.
Und Google will es wissen: Zum dritten Mal versucht der Konzern aus Mountain View in die Wohnzimmer zu kommen. Dieses Mal mit dem Namen Android TV. Auch hier soll es das hauseigene Betriebssystem richten, entweder per separater Android TV-Box oder auf einem der - bislang wenigen - Android-fähigen Flachbildschirme. Wie bei den Konkurrenten von Apple oder Amazon ließen sich so Filme, Spiele oder Videos aus dem Netz auf die großen Bildschirme bringen.
Zwischenruf und Kritik an Datensammelwut
Google am Körper, im Auto und im Wohnzimmer: So manchem ist die Rundumversorgung unheimlich. Ein Besucher der Google I/O störte einen Vortrag und rief den Anwesenden zu, sie würden für ein totalitäres Unternehmen arbeiten.
So praktisch die technischen Möglichkeiten auch sein mögen, fassten die Reporter des Technologieblogs C-Net Donald Bell und Sharon Profis zusammen - eines müsse man sich immer wieder vor Augen führen: "Es gibt einen Grund, warum Google überall da sein möchte, wo wir sind, und alles wissen will, was wir tun. Je mehr sie wissen, desto zielgerichteter können sie ihre Werbung schalten - deshalb soll ihr Betriebssystem überall laufen: im Fernsehen, am Handgelenk, im Mobiltelefon."