Sondergipfel zum griechischen Schuldenstreit Merkel spricht nur noch von "Beratungsgipfel"
Im griechischen Schuldendrama beraten die Euro-Staats- und Regierungschefs seit dem frühen Abend. Kanzlerin Merkel stufte das Treffen bereits vorher zu einem "Beratungsgipfel" herab, auf dem es keine Ergebnisse geben werde. Möglicherweise werden aber Ende der Woche Beschlüsse gefasst.
Im griechischen Schuldenstreit sitzen seit 19 Uhr die Staats- und Regierungschefs der Eurozone zusammen. Dass es bei dem heutigen Treffen eine abschließende Einigung geben wird, ist allerdings nicht zu erwarten.
"Nach (der Sitzung) der Eurogruppe liegt keine Entscheidungsgrundlage vor und deshalb kann dies heute nur ein Beratungsgipfel sein", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel kurz vor Beginn der Gespräche in Brüssel. Zuvor hatten die Euro-Finanzminister erklärt, sie müssten die neuen Reformvorschläge der griechischen Regierung noch eingehender bewerten.
Einigung in dieser Woche möglich?
Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem sagte, die Euro-Finanzminister könnten im Laufe der Woche erneut zusammenkommen. Er bezeichnete die überarbeiteten Pläne aus Athen als "willkommenen Schritt" und eine "Möglichkeit, eine Einigung später in dieser Woche zu erzielen". Auch Frankreichs Präsident François Hollande bewertete die jüngste Entwicklung positiv. Es gebe Verbesserungen bei den Vorschlägen Griechenlands. Einige Punkte seien jedoch noch nicht geklärt, so Hollande.
Die Institutionen der Griechenland-Gläubiger - EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF) - sollen nun mit Athen auch eine Liste mit Reformvorhaben erstellen, deren Umsetzung Griechenland schnell auf den Weg bringen muss - etwa durch Parlamentsbeschlüsse.
"Ich gehe davon aus, dass wir diese Woche eine Einigung mit Griechenland finden", sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Brüssel. Er schränkte jedoch ein: "Das wird nicht einfach sein." Noch müsse viel Arbeit erledigt werden.
Hilfsprogramm läuft Ende Juni aus
EU-Vertretern zufolge soll beim Euro-Sondergipfel dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras noch einmal deutlich gemacht werden, dass seine Regierung zunächst eine Einigung mit den drei Institutionen erzielen muss. Eine Entscheidung muss fallen, bis das griechische Hilfsprogramm Ende Juni ausläuft. Sonst droht dem Land die Pleite und der Austritt aus der Eurozone.
"Keine substanziellen Vorschläge"
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte die Hoffnung auf eine rasche Lösung gedämpft: "Wir haben keine substanziellen Vorschläge bekommen", sagte der CDU-Politiker.
Griechenland hatte erst in der Nacht zu Montag neue Vorschläge eingereicht, um mit seinen Gläubigern einen Kompromiss zu erzielen und so an dringend benötigte neue Finanzhilfen zu kommen. Athener Medien zufolge enthalten die neuen griechischen Vorschläge erstmals substanzielle Zugeständnisse an die Gläubiger.
Die Athener Zeitung "Kathimerini" veröffentlichte eine Kopie der letzten Seite der Sparvorhaben, die den Gläubigern vorgelegt worden sein soll. Daraus geht hervor, dass Griechenland dieses Jahr 1,51 Prozent seines Bruttoinlandproduktes (BIP) und 2016 weitere 2,87 Prozent des BIP sparen will. Geplant ist außerdem offenbar, die Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel, Restaurants und Hotels zu verdoppeln. Zudem wolle die Regierung die meisten Frühverrentungen abschaffen und eine Art Sondersteuer für Reiche einführen.
EZB erhöht Notkredite
Die EZB hob derweil den Umfang der Notkredite für griechische Banken zum dritten Mal binnen einer Woche an, weil Kunden immer mehr Geld von den Konten abheben. Die sogenannten ELA-Kredite ("Emergency Liquidity Assistance") seien auf 87,8 Milliarden Euro angehoben worden, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Am vergangenen Mittwoch waren die Kredite noch auf 84,1 Milliarden Euro ausgeweitet worden. Allerdings hatte die EZB auch am Freitag den Rahmen wohl angehoben.
In Athen demonstrierten am Abend derweil nach Polizeiangaben rund 7000 Menschen vor dem Parlament für den Verbleib ihres Landes im Euro. An der Kundgebung nahm auch der frühere griechische Ministerpräsident Konstantinos Mitsotakis teil. Der 96-jährige konservative Politiker sprach von einer "Demonstration der Einheit", von der die Botschaft ausgehe, dass Griechenland in der EU bleiben solle.