Tsakalotos wird griechischer Finanzminister Varoufakis' rechte Hand soll es richten
Griechenland bekommt einen neuen Finanzminister: den bisherigen Vize-Außenminister Tsakalotos. Er dürfte einen stressigen Start haben. Denn die Euro-Gruppe und Kanzlerin Merkel machen Druck. Alle wollen nun schnell konkrete Pläne sehen.
"Ich hoffe, es ist Euklides": Mit dieser Empfehlung für seine Nachfolge verließ der scheidende griechische Finanzminister Yanis Varoufakis am Mittag sein Ministerium. Mit Euklid meinte Varoufakis Euklides Tsakalotos, den bisherigen stellvertretenden Außenminister Griechenlands. Und tatsächlich: Am frühen Abend wurde der Wirtschaftsprofessor zum neuen Finanzminister auserkoren und sollte offenbar noch am gleichen Tag vereidigt werden.
Wenige Stunden zuvor hatte Varoufakis überraschend seinen Rücktritt verkündet. In einer kurzen Stellungnahme teilte er mit, einige Mitglieder der Euro-Gruppe hätten ihm klargemacht, dass sie es vorziehen würden, wenn er nicht mehr an ihren Treffen teilnehmen werde. Sein Abschied sei von Ministerpräsident Alexis Tsipras als "potenziell hilfreich" betrachtet worden, weshalb er heute das Finanzministerium verlasse.
Varoufakis' Nachfolger Tsakalotos ist mit den aktuellen Herausforderungen, vor denen Griechenland steht, bestens vertraut. Auf Wunsch von Ministerpräsident Tsipras koordinierte er in der Vergangenheit die Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern - an der Seite von Varoufakis. Tsakalotos gilt als zurückhaltender als sein Amtsvorgänger. Seine Ernennung wird daher als Zugeständnis an die Euro-Gruppe verstanden.
In früheren Berichten wird Tsakalotos als überzeugter Keynesianer beschrieben. Das bedeutet: Er glaubt daran, in einer wirtschaftlichen Notsituation Schulden zu machen, um einen Aufschwung zu initiieren. Die Biografie des 55-Jährigen zeichnet zudem das Bild eines Menschen, der eng mit Europa verbunden ist: Geboren wurde Tsakalotos in Rotterdam, studiert hat er in Oxford. Seine Frau ist Schottin.
Euro-Gruppe erwartet neue Vorschläge
Gleich zu Beginn seiner Amtszeit erwartet den neuen Finanzminister eine schwierige Woche. Denn die Euro-Gruppe erwartet von der griechischen Regierung einen neuen Vorschlag, wie der Schuldenstreit mit den internationalen Geldgebern beigelegt werden kann. Die griechische Regierung habe sich "einseitig aus den laufenden Verhandlungen" mit den Gläubigerinstitutionen über die Bedingungen für weitere Finanzhilfe zurückgezogen, hieß es in der EU.
Kanzlerin Angela Merkel bekräftigte diese Forderung und verlangte von Tsipras noch in dieser Woche einen konkreten Plan für die wirtschaftliche Zukunft seines Landes. "Hierbei drängt die Zeit. Wir werden darauf Wert legen, dass in dieser Woche solche Vorschläge auf den Tisch kommen müssen", sagte sie nach einem Treffen mit Frankreichs Präsident François Hollande. Sie erwarte präzise Vorschläge für ein mittelfristiges Programm, das Griechenland wieder Wachstum bringe. "Wir sagen sehr deutlich, dass die Tür für Gespräche offen bleibt", betonte Merkel. Für Verhandlungen über Hilfen unter dem Dach des Euro-Rettungsschirms ESM seien die Voraussetzungen aber zurzeit nicht gegeben.
Das "Nein" der Griechen zum Sparpaket erschwert nach Ansicht von Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem die Lösung der Finanzkrise zusätzlich. Er wolle sich weiter dafür einsetzen, dass Griechenland in der Eurozone bleiben könne, sagte Dijsselbloem. "Aber ob das gelingt, müssen wir sehen." Griechenland müsse bereit sein, schwierige Maßnahmen zu ergreifen, wiederholte der Sozialdemokrat. "Einfache Lösungen gibt es nicht."
"Es gibt keinen leichten Weg aus der Krise"
Bei dem Referendum am Sonntag in Griechenland hatten gut 61 Prozent gegen die Forderungen der internationalen Gläubiger votiert. Die Griechen unterstützten damit klar das Vorgehen der Regierung von Ministerpräsident Tsipras im Schuldenstreit mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF).
Die EU-Kommission warnte die griechische Regierung davor, auf einfache Lösungen im Schuldenstreit zu setzen. "Es gibt keinen leichten Weg aus der Krise", sagte der für den Euro zuständige Vizepräsident der Kommission, Valdis Dombrovskis. Brüssel respektiere die Entscheidung der griechischen Bevölkerung beim Referendum. Die Ablehnung der bisherigen Reform- und Sparvorschläge der Gläubiger habe aber "unglücklicherweise die Kluft zwischen Griechenland und anderen Ländern der Eurozone vergrößert".
Die Stabilität der Währungsunion stehe durch die Griechenlandkrise "nicht infrage", sagte Dombrovskis. "Wir haben alles, um die Lage im Griff zu behalten."
Finanzministerium lehnt Schuldenschnitt ab
Auch die Bundesregierung reagierte auf das Referendum. Trotz des "Nein" der Griechen ist sie nach eigenen Angaben weiter gesprächsbereit. "Die Tür für Gespräche bleibt immer offen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Allerdings lägen die Voraussetzungen für Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket derzeit nicht vor. Eine entscheidende Bedeutung komme jetzt der Haltung der griechischen Regierung zu.
Das Bundesfinanzministerium lehnt nach eigenen Angaben einen Schuldenschnitt für Griechenland ab. Dies sei kein Thema, erklärte ein Sprecher.
Vorbereitungen für Sondergipfel in Brüssel
Anders als die Bundesregierung zeigte sich Spanien sofort bereit, über "ein drittes Rettungspaket" für Griechenland zu verhandeln. Die Regierung in Athen habe das Recht, ein solches zu beantragen, sagte der spanische Wirtschaftsminister Luis de Guindos. Reformauflagen seien dabei aber "unvermeidbar".
Wegen der angespannten Lage kommen am Dienstagmittag Euro-Finanzminister zu einem Sondertreffen in Brüssel zusammen, um über die Schuldenkrise in Griechenland nach dem Referendum zu diskutieren. Die Ressortchefs bereiten damit einen Sondergipfel ihrer Staats- und Regierungschefs am Abend vor.