Verhandlungen über griechisches Hilfsprogramm Eine Einigung scheint möglich
Beim Treffen der Euro-Finanzminister zu Griechenland haben sich mehrere Delegationen vorsichtig optimistisch gezeigt. Nach langen Vorgesprächen mit Griechenland und Deutschland legte Eurogruppen-Chef Dijsselbloem mehreren Quellen zufolge einen Text vor, der nun mit allen abgestimmt wird.
Im Ringen um die Fortsetzung der Finanzhilfen für Griechenland scheint eine Einigung möglich. Bei den Gesprächen der Euro-Finanzminister zeigten sich mehrere Delegationen optimistisch. EU-Währungskommissar Pierre Moscovici twitterte von dem Treffen: "On avance, on avance, on avance ... " (Wir kommen voran, voran, voran ... ). Ein Diplomat sagte, es herrsche allgemeiner Optimismus.
Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem hatte den Beginn des eigentlichen Finanzministertreffens am Nachmittag um dreieinhalb Stunden verschoben, um getrennte Gespräche mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und dem griechischen Vertreter Yannis Varoufakis zu ermöglichen.
ARD-Korrespondent Rolf-Dieter Krause berichtete aus Brüssel, der von Griechenland vorgelegte Brief sei vom Tisch. Statt dessen habe Dijsselbloem den Griechen einen Text vorgelegt, in dem die Forderungen der anderen 18 Euroländer zusammengefasst seien. In Verhandlungskreisen hieß es, die Griechen müssten bei diesem Text "schwere Kost schlucken" und es bleibe ihnen keine Wahl: "Das ist es oder Schluss", habe Dijsselbloem dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras am Telefon gesagt.
Dieser hatte offenbar Vorsorge für ein Scheitern der Gespräche treffen wollen. Tsipras habe telefonisch den EU-Ratspräsidenten Donald Tusk informiert, dass er in diesem Fall einen Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Eurozone beantragen wolle, teilte dessen Büro mit.
Zum Auftakt des Treffens hatte Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis den Umfang seiner Kompromissbereitschaft abzustecken versucht: Die griechische Regierung habe sich bereits zehn Meilen bewegt. "Jetzt erwarte ich von unseren Partnern, dass sie uns auch entgegenkommen, nicht auf halbem Wege, sondern bei einem Fünftel." Das würde bedeuten, dass auch Griechenland noch nachgeben könnte. "Ich hoffe, dass wir zu einer Vereinbarung kommen und ich glaube auch daran", fügte er hinzu.
Merkel fordert mehr Substanz von Athen
Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte Nachbesserungen von der griechischen Regierung. "Es bedarf noch erheblicher Verbesserung bei der Substanz dessen, was da beraten wird", sagte Merkel nach einem Treffen mit dem französischen Präsidenten François Hollande in Paris. Ziel sei es aber, dass Griechenland im Euroraum bleibe. Das Land habe Opfer gebracht und Reformen in Angriff genommen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble betonte, nicht allein Griechenland stehe zur Debatte: "Es geht nicht nur um einen Einzelnen, es geht um Europa." Er sagte: "Es geht darum, dass wir uns gegenseitig vertrauen können und dass wir das Vertrauen der Menschen in allen europäischen Ländern für den Fortgang des europäischen Einigungswerks bestärken."
Schäubles Sprecher hatte gestern den Antrag Athens auf Fortsetzung der Hilfen als "substanzlos" zurückgewiesen. Die Kriterien der Eurogruppe seien nicht erfüllt.
EU-Staaten fordern Bekenntnis zu Reformen
Nicht nur die Bundesregierung fordert von Griechenland ein Bekenntnis zu den zugesagten Reformschritten als Gegenleistung für weitere Kredite. Portugals Regierungschef Pedro Passos Coelho sagte, es sei klar, dass Athen ein weiteres Paket mit Finanzhilfen benötige. Das Land wolle das Geld, aber sich "nicht auf ein Paket von Verpflichtungen festlegen, das Grundlage für den Kredit ist", sagte Coelho im portugiesischen Parlament - das sei "nicht hinnehmbar".
Der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling sagte, das von Athen vorgelegte Schreiben lasse zu viel Interpretationsspielraum. Aber er gehe davon aus, dass bei gutem Willen eine Lösung gefunden werde.
"Einigung ist möglich, wenn alle vernünftig sind"
Die EU-Kommission zeigte sich optimistisch, dass ein Kompromiss erzielt werden kann. "Wir sind zuversichtlich, dass eine Einigung in absehbarer Zeit möglich ist, wenn alle vernünftig sind", sagte ein Sprecher. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sei in ständigem Kontakt mit allen Beteiligten.
Unklar ist, ob die griechische Regierung nicht nur die Kreditbedingungen, sondern auch alle Reformauflagen der internationalen Geldgeber akzeptiert. Denn die Milliardenhilfen des ersten und zweiten Griechenland-Rettungspakets wurden von Beginn an nur unter der Voraussetzung bewilligt, dass die Regierung in Athen gleichzeitig die vereinbarten Reformen und Auflagen zur Konsolidierung der Staatsfinanzen erfüllt.