Rettungspaket für Hypo Real Estate Der Steuerzahler springt in die Bresche
Der angeschlagene Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate soll mit Kreditgarantien in Höhe von 35 Milliarden Euro gerettet werden. Der Bund übernimmt drei Viertel der Bürgschaften. Dadurch könnte der Haushalt belastet werden, räumte ein Sprecher des Finanzministeriums ein.
Nach den Hilfen für die Mittelstandsbank IKB springt der Bund ein zweites Mal ein, um ein deutsches Institut vor dem Aus zu retten. Die Bundesregierung hat der Hypo Real Estate umfangreiche Kreditbürgschaften gewährt. Gemeinsam mit einem Bankenkonsortium sichert der Bund insgesamt 35 Milliarden Euro ab. Die staatliche Garantie sei "absolut notwendig", um Schaden vom deutschen Finanzmarkt abzuhalten, sagte der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Torsten Albig, in Berlin. Die zuständigen parlamentarischen Gremien müssten den Plänen noch zustimmen.
Bürgschaft kommt in zwei Tranchen
Albigs Aussagen zufolge wird die 35-Milliarden-Bürgschaft in zwei Tranchen gewährt. Im ersten Schritt würden zunächst Zusagen von 14 Milliarden Euro gegeben, von denen der Bund maximal 40 Prozent übernehme. Die verbleibenden 8,4 Milliarden Euro würden von einem Bankenkonsortium getragen. Für die zweite Tranche von 21 Milli arden Euro stehe der Bund allein ein, so der Sprecher weiter. Er räumte ein, dass der Bundeshaushalt von einer Inanspruchnahme der Bürgschaft betroffen wäre. Niemand könne vorhersagen, ob die Rettung der Hypo Real Estate ohne Verluste möglich sei, so Albig.
Mit maximal etwa 26,6 Milliarden Euro an Kreditbürgschaften will die Bundesregierung zur Rettung der angeschlagenen Hypo Real Estate beitragen. Sollte der Kreditrahmen tatsächlich ausgeschöpft werden und im schlimmsten Fall im Totalverlust enden, dann wäre das eine enorme Belastung in der Etatplanung und für das Bundesregierungsziel der Haushaltskonsolidierung. Zum Vergleich: Das Budget des Verkehrsministeriums mit rund 25,6 Milliarden Euro ist der viertgrößte Posten im Bundeshaushalt 2009. Insgesamt beträgt der Etat des Bundes im kommenden Jahr voraussichtlich 288,4 Milliarden Euro.
Am Wochenende habe es "sehr intensive Beratungen" zwischen der Finanzaufsicht Bafin, verschiedenen Unternehmen der Bankenbranche und der Hypo Real Estate gegeben, sagte Albig. Die Bundesregierung habe sich daraufhin bereit erklärt, "die Kreditunterstützung durch einen staatlichen Bürgschaftsrahmen abzusichern".
Steinbrück verteidigt Rettungspaket
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück verteidigte die staatliche Beteiligung am Rettungsplan als "richtig und erforderlich" Hätte man dem Institut nicht geholfen, hätte die Gefahr bestanden, dass andere deutsche Unternehmen und Arbeitsplätze und auch solche jenseits der Grenzen unter Druck gekommen wären. In den Verhandlungen um die Hilfen sei auch das Ansinnen gestellt worden, die Bank zu verstaatlichen, so Steinbrück in Berlin. Das aber habe er ebenso wie Bundeskanzlerin Angela Merkel abgelehnt.
Hypo Real Estate: Bürgschaft ist Zusatzversicherung
Ein Hypo-Real-Estate-Sprecher betonte, die 35-Milliarden-Bürgschaft sei mit 42 Milliarden Euro an erstklassigen Forderungen, meist gegen Staatsschuldner, besichert. Wenn es im laufenden Geschäft zu Kreditrückzahlungsausfällen käme, würden diese Forderungen herangezogen. Die Ausfallbürgschaft von Bund und Bankenkonsortium werde zunächst nicht angetastet, so der Sprecher.
Hypo Real Estate trennt sich von zwei Vorständen
Hypo Real Estate zog derweil personelle Konsequenzen. Bo Heide-Ottosen habe sein Mandat im Vorstand niedergelegt, teilte das Unternehmen mit. Er war für die in der Staatfinanzierung tätige Tochter Depfa zuständig, die die Hypo Real Estate wegen Liquiditätsengpässen an den Rand des Ruins brachte. Zudem werde der Depfa-Manager Paul Leatherdale die Gruppe verlassen, hieß es weiter. Die Aufgaben von Heide-Ottosen übernehme Finanzchef Markus Fell.
EU-Wettbewerbskommissarin weiß nichts
Ein Sprecher von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes sagte: Die EU-Kommission sei von der Bundesregierung in dem Fall nicht zu Rate gezogen worden. "Wenn man über so viel Geld redet, ist es zu empfehlen, die Kommission zu kontaktieren, damit man die gleiche Sicht der Dinge hat", sagte Sprecher Jonathan Todd. Das Verhältnis der Bundesregierung und der Kommission ist bereits wegen des Streits um die Sanierung der WestLB angespannt.
Bundestagsgremien beraten Rettungsplan
Der Haushaltsausschuss des Bundestages wird voraussichtlich am Dienstag in einer Sondersitzung über eine Beteiligung des Bundes an der Rettung der Hypo Real Estate beraten. An der Sitzung sollen die Chefs der Bundesbank und der Börsenaufsicht Bafin, Axel Weber und Jochen Sanio, teilnehmen. Zuvor kommen alle Bundestagsfraktionen zu außerordentlichen Sitzungen zusammen.