Abstimmung im italienischen Abgeordnetenhaus Vertrauensfrage soll Montis Sparpaket retten
Nicht nur pöbelnde Abgeordnete der Lega Nord und Berlusconis Gefolgsleute machen Druck auf den neuen italienischen Ministerpräsidenten Monti. Das Abgeordnetenhaus entscheidet heute über sein von vielen kritisiertes Sparpaket. Monti verbindet die Abstimmung mit einer Vertrauensfrage.
Von Tilmann Kleinjung, ARD-Hörfunkstudio Rom
Die Flitterwochen sind vorbei. Der neue Ministerpräsident Mario Monti ist in der harten Wirklichkeit der italienischen Politik angekommen. Im Senat ließen die Senatoren der Lega Nord Monti kaum zu Wort kommen. Der Senatspräsident musste die Sitzung schließlich unterbrechen. Dabei dürfte die rüpelhafte Fundamentalopposition der Lega noch das geringste Problem des italienischen Ministerpräsidenten sein. Sehr viel mehr Sorgen sollte ihm der Widerstand machen, der ihm von den Parteien entgegenschlägt, die seine Übergangsregierung eigentlich unterstützen wollen. Allen voran die PdL von Ex Premier Silvio Berlusconi.
Berlusconi erhebt Vorwürfe
Der meldete lautstark Zweifel am Sparpaket an und sagte, Monti habe praktisch in allen Punkten einen Rückzieher gemacht. "Wenn es keinen Konsens mehr zwischen uns und der Linken gibt bei den Vorschlägen, die die Regierung macht, dann würde man die Kammern auflösen und Neuwahlen einleiten", sagte er. "Das kann bald passieren. Es gibt keinerlei Garantie, dass diese Regierung die Legislaturperiode beendet."
Doch in der Kritik am Sparpaket sind sich die PdL und die sozialdemokratische PD ausnahmsweise einmal einig. Denn Monti ist es nicht gelungen, den Widerstand einzelner Berufsgruppen wie der Taxifahrer und Apotheker zu brechen. Deren Branchen werden nicht - wie angekündigt - liberalisiert. PD Chef Pierluigi Bersani findet das halbherzig. "Wir sind ganz schön erstaunt über diese zögerliche Haltung der Regierung, was den Wettbewerb betrifft", sagte er. Dafür bestrafe die Regierung aber Arbeiter und Rentner. "Die Erhöhung des Rentenalters ist nicht gerecht", sagte Bersani.
Protest der Gewerkschaften gegen Sparpläne
Monti hat das Renteneintrittsalter noch einmal angehoben, die Mineralölsteuer massiv erhöht und auch die Mehrwertsteuer noch einmal um zwei Prozentpunkte. Seit Tagen protestieren die Gewerkschaften mit Streiks und Demonstrationen gegen diese Maßnahmen. "Welche Schuld hat ein durchschnittlicher Bürger an dieser Misere?", fragt ein Demonstrant. "Sie ist doch nicht von denen verursacht worden, die immer gearbeitet und Steuern gezahlt haben. Andere sind schuld und die sollten jetzt zahlen."
Doch Monti lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Zu den pöbelnden Politikern von der Lega Nord sagt er, es stehe ihm nicht zu, das Verhalten von Parlamentariern zu kritisieren. Berlusconis Mannen sagt er, dass das Land gar nicht an diesem Punkt wäre, wenn sie anständig regiert hätten. Und bei der Bevölkerung wirbt er um Vertrauen: "Die Zentralbank und auch andere haben deutlich gemacht, wie riskant neue Steuern für die Binnennachfrage sind. Das leugne ich gar nicht. Aber die Alternative wäre eine Verschärfung unserer Schuldenkrise, und die führt nicht in die Rezession, sondern zur Zerstörung des Vermögens und des Einkommens der Italiener."
Monti kann mit Erfolg bei Vertrauensfrage rechnen
Soll heißen: Die Abgeordneten haben heute die Wahl zwischen Pest und Cholera und sie werden aller Voraussicht nach Monti mehrheitlich das Vertrauen aussprechen. Vor allem angesichts der negativen Aussichten, die gestern der Unternehmerverband Confindustria veröffentlicht hat. Der senkte seine Konjunkturpprognose für das nächste Jahr und sagt ein Minus des Bruttoinlandsprodukts von 1,6 Prozent voraus.