Steigende Temperaturen Hitzesommer führen zu Klimaanlagen-Boom
Weil die Sommer heißer werden, haben Klimatechniker gut zu tun: Die Nachfrage nach Klimaanlagen für private Haushalte wächst stark. Allerdings sind die Geräte selbst schädlich für das Klima.
36 Grad, und wenn es schlecht lief noch heißer - solche Sommer hielt Robin Müller-Bady in den vergangenen Jahren durch. Sein Büro liegt unter dem Dach des Familienhauses. Beim Bau vor acht Jahren haben sie die Wände gegen Kälte isoliert. Im Sommer ein Nachteil, denn die Wärme hält sich länger im Mauerwerk. Dazu kommt das Flachdach.
"Die Klimaanlage war für uns das letzte Mittel", erzählt der Familienvater. "Eigentlich haben wir versucht, aus Klimaschutzgründen möglichst auf natürlichem Wege die Temperatur zu reduzieren." Er zählt auf, welche Versuche es gab: "Das Dach beregnen, Abdunkelung tagsüber, nasse Handtücher im Raum." Alle Versuche scheiterten. Die Klimaanlage sei der "letzte Ausweg" gewesen, so beschreibt es Müller-Bady.
Volle Auftragsbücher
Durch die heißeren Sommer sind Klimatechnikerinnen und Klimatechniker gefragte Leute. Patrick Wegner, der in Offenbach ein Raumklima-Unternehmen hat, befindet sich gerade im Ausnahmezustand. Was er verkaufe, sei längst "kein Luxusgut mehr, sondern ein üblicher Handelsgegenstand". Seine Auftragsbücher sind voll. Jetzt sollte keiner seiner Monteure krank werden. Kundinnen und Kunden nimmt er nur noch aus dem Rhein-Main-Gebiet an: "Warum weit anfahren, wenn hier sich vor Ort doch alle um uns reißen", sagt er.
Wegner fährt zum nächsten Kunden. Der hatte Glück: Er hatte im März bestellt, Mitte Juni wird die Anlage montiert. "Wir haben gedacht, durch die Inflation werde das Geschäft vielleicht ein bisschen beeinträchtigt. Aber wir stellen fest: im Gegenteil", so Wegner.
Weltweiter Boom
Die Klimabranche verzeichnet ein Umsatzplus von durchschnittlich jährlich 20 Prozent. So geht es Hitzesommer für Hitzesommer. Und Schätzungen besagen, dass sich der Bedarf in den nächsten zehn Jahren verdreifachen wird. Dabei ist Deutschland noch weit von dem entfernt, was sich in vielen anderen Ländern abspielt. Nur etwa drei Prozent der Privathaushalte sind hierzulande klimatisiert.
Weit verbreitet sind Klimaanlagen dagegen beispielsweise in den USA, Japan und China. Nach Prognosen der Internationalen Energieagentur (IAE) wird die Nachfrage nach den Geräten bis 2030 weltweit noch um 40 Prozent ansteigen. Vor allem Brasilien, Mexiko und Indien holen auf.
Anlagen ab 3000 Euro
Familie Müller-Bady hat sich für eine sogenannte Split-Anlage entschieden. Die besteht aus einem Außen- und einem Innengerät. Aufs Dach montiert ist die gesamte Technik plus Kältemittel. An der Wohnzimmerwand hängt der Wärmetauscher. Von der ersten Beratung bis zur Endmontage haben sie 5000 Euro bezahlt. Kleinere, einfachere Anlagen gibt es schon ab 3000 Euro.
Ganz ohne Klimatechniker geht es mit den Monogeräten. Das sind mobile Anlagen, die die Wärme durch einen Abluftschlauch aus dem Fenster pusten. Günstiger zu haben, aber auch weniger effizient, da durch das Fenster immer wieder Luft strömen kann.
Zehn Prozent des Stroms für Klimageräte
Bereits 2018 schätzte die IEA, dass etwa zehn Prozent des globalen Stromverbrauchs auf das Konto von Klimageräten und Ventilatoren gehen. Das Umweltbundesamt attestiert den Klimaanlagen eine schlecht Ökobilanz. Zu den energiebedingten Emissionen, die freigesetzt werden, komme noch ein weiterer Aspekt, sagt Daniel de Graaf, Experte für Klimatechnik der Umweltbehörde: "Die Kältemittel in den Anlagen haben ein tausendfach höheres Treibhauspotenzial als Kohlendioxid, deshalb raten wir davon ab."
Das in den aktuellen Geräten eingesetzte Kältemittel mit der Bezeichnung R32 gehört zur Gruppe der sogenannten F-Gase oder H-FKWs. Im Normalfall befindet sich das Kältemittel in einem geschlossenen Kreislauf, doch durch Leckagen, so der Experte, kann es in die Atmosphäre gelangen. Dazu komme die Entsorgung der Altgeräte. Dabei entwichen immer wieder Kältemittelgase, die zum Treibhauseffekt beitragen, so de Graaf.
Alternativen zu synthetischen Kältemitteln
Längst fordert das Umweltbundesamt, alle Klimaanlagen etwa auf Propan, CO2 oder Ammoniak umzustellen - natürliche Kältemittel. Bei den in Deutschland im Privatbereich genutzten Anlagen passiert hier kaum etwas. Auch weil natürliche Kältemittel Nachteile haben: Sie sind im Regelfall explosiv und brennbar. Synthetische Kältemittel dagegen sind einfacher zu handhaben.
Kältemittel, die F-Gase enthalten, will die EU in Zukunft verbieten. Doch wann es soweit ist und sich Klimaanlagen mit umweltfreundlicheren Kältemitteln auf dem deutschen Markt etablieren, steht noch nicht fest. Nur wer gezielt als Kunde nachfragt, bekommt heute die umweltfreundlichere Variante eines chinesischen Herstellers angeboten.