Bundesagentur für Arbeit Fachkräfte in jedem sechsten Beruf knapp
In 200 von rund 1200 Berufen in Deutschland fehlen der Bundesagentur für Arbeit zufolge Fachkräfte - 52 Berufe mehr als im Vorjahr. Besonders betroffen sind Pflege, Kinderbetreuung und auch die Baubranche.
In jedem sechsten Beruf in Deutschland gibt es einen Mangel an Fachkräften. Das geht aus einer Analyse der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervor. Demnach gab es im vergangenen Jahr in 200 der rund 1200 bewerteten Berufe einen Engpass. Das seien 52 mehr als ein Jahr zuvor, teilte die Behörde in Nürnberg mit. Damit sei die Zahl der Engpassberufe auf einen neuen Höchstwert gestiegen.
Betroffen vom Fachkräftemangel sind der Analyse zufolge vor allem die Pflegeberufe, Berufskraftfahrer, medizinische Fachangestellte, Bau- und Handwerksberufe, Kinderbetreuung, Kraftfahrzeugtechnik und IT-Berufe. Im Vergleich zum Vorjahr sind 2022 Hotel- oder Gastronomieservice, Metallbau und Busfahrer neu hinzugekommen. Die Hälfte der offenen Stellen entfiel im vergangenen Jahr laut der Untersuchung auf einen dieser Berufe mit Fachkräftemangel.
Angebot und Nachfrage driften auseinander
Die Studie macht aber auch klar, wie sehr Angebot und Nachfrage bei der Stellenbesetzung auseinandergehen: Von den arbeitslos gemeldeten Fachkräften suchten nur 26 Prozent eine Beschäftigung in einem der Berufe mit Engpass. Auf diesen Teilarbeitsmarkt für Fachkräfte gebe es daher im Vergleich zu früheren Jahren eine zunehmende Verknappung, hieß es von der BA.
Belege für einen allgemeinen Arbeitskräftemangel gibt es demnach aber nicht. So hätten sich Erwerbstätigkeit und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung 2022 deutlich erhöht. Zuletzt sank die Arbeitslosenquote im Mai leicht auf 5,5 Prozent. Dennoch nahm der Bedarf der Unternehmen nach neuen Arbeitskräften weiter zu. Die IAB-Stellenerhebung vermeldete im vierten Quartal des vergangenen Jahres mit knapp zwei Millionen offenen Stellen einen erneuten Rekord.
Für die Fachkräfteengpassanalyse betrachtet die Bundesagentur für Arbeit rund 1200 Berufsfelder und bewertet diese auf Basis von insgesamt 14 Indikatoren. Von Engpassberuf wird gesprochen, wenn sechs Indikatoren überwiegend auf einen Engpass hindeuten. Dazu zählen zum Beispiel die Besetzungsdauer gemeldeter Stellen, die berufsspezifische Arbeitslosenquote und die Entgeltentwicklung. Zusätzlich zu den Engpassberufen stehen weitere 157 Berufsgattungen der BA zufolge wegen des hohen Punktewertes unter Beobachtung.
Job-Transformation durch Künstliche Intelligenz
Eine weitere Herausforderung auf dem Arbeitsmarkt ist die derzeit boomende Künstliche Intelligenz (KI). Nach Ansicht der UN-Entwicklungsagentur UNDP müssen sich die Länder der Welt individuell auf die zu erwartende Veränderungen besser vorbereiten. Staaten mit einer jungen Bevölkerung hätten ganz andere Herausforderungen durch möglicherweise wegfallende Beschäftigungszweige zu bewältigen als ältere Gesellschaften, sagte UNDP-Chef Achim Steiner der Nachrichtenagentur dpa. "Und wie immer ist es viel wahrscheinlicher, dass die Gesellschaft, die sich darauf vorbereitet, nicht in gewisser Weise automatisch in diese Situation hinein schlittert, sondern Übergangsstrategien entwerfen kann, die Vorteile viel eher nutzen wird."
Bei der Suche nach Möglichkeiten, die neue Technologie zu beherrschen, müsse künftig "viel sorgfältiger und differenzierter" untersucht werden, welche Art von Arbeitsplätzen davon betroffen sein könnten, welche wegfallen und welche neu entstehen könnten. Dabei gehe es auch darum, dass keine falschen Anreize geschaffen würden, um die Automatisierung noch schneller voranzutreiben. Als Beispiel für solche Fehlanreize nannte Steiner, der höchste deutsche UN-Vertreter, dass menschliche Arbeit in der Regel höher besteuert werde als mechanisierte, durch Roboter ausgeführte Arbeit.
Das Weltwirtschaftsforum schätzt, dass es wegen der rasant voranschreitenden KI-Entwicklung innerhalb der nächsten fünf Jahre in einem Viertel aller Jobs deutliche Umwälzungen geben wird. Davon betroffen seien vor allem die Bereiche Medien und Unterhaltung, die öffentliche Verwaltung, Bildung, Landwirtschaft, Gesundheit, Energie, Fertigung bis hin zu Hotellerie und Gastronomie. Neue Rollen werde es demnach vor allem in den Bereichen Technologie und Digitalisierung geben.