Containerterminal im Hamburger Hafen
analyse

Folgen der Fed-Entscheidung US-Zinswende hilft auch der deutschen Wirtschaft

Stand: 19.09.2024 14:26 Uhr

Nicht nur die Aktienkurse steigen, weil die US-Notenbank den Leitzins erstmals seit Jahren deutlich gesenkt hat. Der Schritt hat noch viel weitreichendere Folgen - auch für die deutsche Wirtschaft.

Von Claudia Wehrle, ARD-Finanzredaktion

Die US-Notenbank Federal Reserve hat geliefert und die Zinswende eingeleitet. Um 0,5 Prozentpunkte geht der Leitzins nach unten, verkündete US-Notenbankchef Jerome Powell gestern Abend. Das ist mehr, als viele im Vorfeld erwartet haben.

Großer Teil der Ausfuhren in die Vereinigten Staaten

Für die US-Wirtschaft ist das zunächst einmal eine gute Nachricht, denn dadurch wird das Investieren, Kredite-Aufnehmen und Refinanzieren für Unternehmen wieder attraktiver. Auch Firmen hierzulande dürften profitieren, glaubt Hans-Jörg Naumer von Allianz Global Investors.

Denn ihren gestiegenen Bedarf an Investitionsgütern und anderen Produkten decken die amerikanischen Unternehmen häufig auch in Deutschland. Für viele deutsche Firmen sind die Vereinigten Staaten mittlerweile zum wichtigsten Handelspartner geworden.

"Knapp zehn Prozent unserer Exporte fließen dorthin", sagt Naumer und verweist auf die Dringlichkeit guter Handelsbeziehungen, vor allem für exportorientierte Staaten. "Wir können ja froh sein, wenn wir die schwarze Null schreiben auf der Wachstumsseite in Deutschland."

Fed will die Rezession abwenden

Die Zinswende in den Vereinigten Staaten signalisiert aber noch viel mehr. Die vielleicht wichtigste Botschaft ist, dass die Notenbanker in den USA allem Anschein nach davon ausgehen, in Sachen Inflationsbekämpfung einen großen Schritt weitergekommen zu sein. Noch ist das Ziel nicht erreicht, aber die hohen Teuerungsraten gibt es nicht mehr. Und das ist eine gute Nachricht.

Eine weitere wichtige Botschaft ist, dass die US-Notenbank scheinbar mit allen Mitteln versuchen will, eine Rezession in den USA zu verhindern.

Zuletzt gab es immer wieder Probleme. Aus der High-Tech-Branche kamen schlechte Nachrichten. Das ist eine der Branchen, die für die gesamte wirtschaftliche Entwicklung eine wichtige Rolle spielt. Google, Microsoft & Co. haben tausende Mitarbeiter entlassen. In Sachen Künstlicher Intelligenz wurden viele auf dem falschen Fuß erwischt. Mit dieser neuen Technik lassen sich zwar neue Geschäftsfelder erschließen und Bereiche effizienter gestalten, aber das alles braucht Zeit und ist zudem noch ziemlich teuer. Diese Investitionen müssen sich erst einmal amortisieren.

Firmen müssen sich neu ausrichten

Ein anderes Problem ist, dass derzeit nicht nur in Deutschland oder in vielen europäischen Staaten, sondern auch in den USA große Transformationsprozesse stattfinden. Das bedeutet, alte Geschäftsmodelle funktionieren nicht mehr. Unternehmen müssen sich neu ausrichten. Ob das gelingen kann, ist keine ausgemachte Sache.  

Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Hamburger Privatbank Donner & Reuschel, glaubt trotzdem nicht, dass es in den USA zum Schlimmsten in Sachen Konjunkturentwicklung kommen wird. "Die USA können einen Großteil der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage selbst steuern", sagt er und verweist auf den privaten Konsum. "Und den kann die Fed tatsächlich über Zinssenkungen relativ gut selbst mit beeinflussen." Mumm ist zuversichtlich, glaubt, "dass wir eine Rezession vermeiden können".

Viel hängt von der US-Wahl ab

Man muss sich das so vorstellen: Viele Amerikaner leben auf Pump. Sie machen Schulden - sei es, um sich etwas leisten zu können, sei es, um ein Studium zu finanzieren oder für den Hauskauf. Anders als bei uns sind Immobilienkredite oft mit einem variablen Zinssatz versehen. Deshalb kommen Zinssenkungen bei den Bürgern oft direkt an. 

Allerdings warnen Experten vor allzu großer Euphorie. Eine Zinssenkung mag zwar eine gute Nachricht sein für viele Unternehmen und für viele Bürger, die hohe Schulden haben. Aber letztendlich wird vieles in den USA auch vom Ausgang der Präsidentschaftswahlen abhängen. US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump macht beispielsweise kein Geheimnis daraus, dass er in die Politik der US-Notenbank eingreifen will. Weitere Zölle sind im Gespräch. Und das wiederum hat Auswirkungen auf den weltweiten Handel.

Claudia Wehrle, HR, tagesschau, 19.09.2024 13:53 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 19. September 2024 um 14:00 Uhr.