Globale Konjunktur Weltweite Öl-Nachfrage stockt
Wie es um die globale Wirtschaft steht, lässt sich auch an den Ölmärkten ablesen. Dort ist die Nachfrage gedämpft. Die Förderländer reagieren mit immer neuen Produktionskürzungen. Was heißt das für den Ölpreis?
Die Internationale Energie-Agentur (IEA) geht in ihrem heute veröffentlichten Monatsbericht davon aus, dass die Nachfrage nach Öl nicht mehr so stark zunehmen wird wie zuletzt angenommen. Allerdings treffe eine möglicherweise geringer werdende Nachfrage auch auf sinkende Fördermengen, heißt es dort. Die Experten gehen davon aus, der Markt angespannt bleiben wird. Der Preis für Rohöl der Sorte Brent ist heute erstmals seit Anfang Mai wieder über 80 Dollar je Barrel gestiegen.
Schrumpfende Lagerbestände erwartet
Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, teilt die Einschätzung der IEA. "Was wir sehen, ist, dass die Nachfrage jetzt höher sein sollte als die Produktion." Die Lagerbestände würden in den kommenden zwei, drei Quartalen voraussichtlich weiter schrumpfen. "Das ist ein Argument dafür, dass die Ölpreise vermutlich etwas weiter steigen werden."
Krämer ist bei seiner Einschätzung sehr vorsichtig. Denn was die Internationale Energie-Agentur heute veröffentlicht hat, ist ja nur eine Prognose. Nichts sei sicher, meint auch Stefan Risse von der Fondsgesellschaft Acatis. "Die chemische Industrie hat einen Auftragsrückgang von 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Das ist ein ganz scharfer Einbruch, und die chemische Industrie ist einer der Hauptölabnehmer", so Risse. "Das könnte tatsächlich helfen, dass die Ölpreise zur Sommersaison nicht nach oben gehen."
"Saudi-Arabien braucht das Geld"
Das Kalkül mit der Verknappung der Ölförderung und dadurch steigender Preise muss also nicht aufgehen. Die Preise anzuheben sei angesichts der schwächelnden Konjunktur in vielen Ländern ein Risiko, so Krämer. Wobei einige auf steigende Preise angewiesen seien: "Einige OPEC-Staaten verknappen das Öl bewusst, weil sie einen höheren Ölpreis brauchen. Insbesondere Saudi-Arabien braucht das Geld - allein schon, um ihre Bevölkerung bei Laune zu halten."
Russland spielt nach Einschätzung von Risse eine große Rolle auf dem Welt-Ölmarkt. Öl fließt, aber der Rubel rollt nicht mehr so wie früher. "Russland hat andere Abnehmer gefunden, allerdings nicht zu den Preisen, die sie bekommen würden, wenn sie auf dem Weltmarkt verkaufen würden", so der Fondsmanager. Das wiederum könnte dazu führen, dass diejenigen, die günstig an Öl kommen, etwa Indien oder China, den Rohstoff zu Marktpreisen weiterverkaufen. "Es ist anzunehmen, dass sich nach wie vor russisches Öl - wenn es denn raffiniert wurde - in unseren Autotanks bewegt." Das westliche Ölembargo gegen Russland sei "nur schwer einzuhalten".
Kommt die Öl-Dämmerung?
Es werde die Zeit kommen, in der Öl nicht mehr gebraucht wird - vielleicht in 30 oder 40 Jahren. "Die Welt ist voll mit Energie-Überschuss. Das Zwanzig-, Dreißigfache dessen, was wir an Energie brauchen, kommt täglich durch Sonne und Wind auf diesen Erdball", so Risse. Man müssen es eben nur mit Hilfe von Solarzellen oder Windkraftanlagen nutzen. "Und das dauert noch."
Risse zeichnet also das Bild einer gewissen Öl-Dämmerung. Wohl auch deshalb fährt die arabische Welt zweigleisig: Längst sind die Staatsfonds etwa der Vereinigten Arabischen Emirate massiv in Unternehmen investiert, die auf nachhaltige Energiegewinnung setzen.