Haushaltsdefizite und Verschuldung Die Probleme in Portugal, Spanien und Italien
PIIGS - mit diesem Kürzel werden die Euro-Staaten abgekürzt, die aufgrund ihrer Haushaltsprobleme in den Schlagzeilen stehen. Griechenland und Irland nehmen bereits den Rettungsschirm in Anspruch. Wie sehen die Haushalte in Portugal, Italien und Spanien aus? Die ARD-Hörfunkkorrespondenten fassen die Probleme zusammen.
Portugal hat ein Strukturproblem
Von Reinhard Spiegelhauer, ARD-Hörfunkstudio Madrid
Portugal hat in erster Linie ein Strukturproblem in der Wirtschaft. Zu Zeiten des EU-Beitritts 1986 war Portugal ein Niedriglohnland. Damals gelang es, produzierende Industrie anzusiedeln und auszubauen, beispielsweise im Textil- und Elektrogeräte-Bereich. Schon vor der Osterweiterung der EU begann sich dieser Standortvorteil abzuschwächen - heute kann Portugal mit den Lohnstückkosten der Konkurrenz aus dem Osten oder aus Asien nicht mehr mithalten. Die Versuche der vergangenen Jahre, die Wirtschaft zu modernisieren, hatten bislang nur mäßigen Erfolg.
Die schlechte Wirtschaftsleistung, hohe Arbeitslosigkeit und eine aufgeblähte öffentliche Verwaltung belasten den Staatshaushalt. Die Verschuldung ist angestiegen und wird in diesem Jahr den EU-Durchschnitt übertreffen. Das Haushaltsdefizit in Höhe von rund acht Prozent will die Regierung mit einem engagierten Sparprogramm senken. Die Sparmaßnahmen drohen jedoch, die ohnehin schwächelnde Wirtschaft weiter zu belasten. Die andauernden Zweifel an Portugals Stabilität treiben außerdem die Kosten für Kredite in die Höhe - dadurch droht ein wachsender Teil der eingeleiteten Sparmaßnahmen aufgefressen zu werden.
Italiens erdrückender Schuldenberg
Von Tilmann Kleinjung, ARD-Hörfunkstudio Rom
Italiens Schuldenlast ist gigantisch. Mit etwa 1800 Milliarden Euro ist das Land verschuldet. Damit ist Italien der Schuldenmacher Nummer eins in der Eurozone und hat noch einmal 150 Milliarden Euro mehr Verbindlichkeiten als das größere und leistungsstärkere Deutschland. Ein Rettungsschirm, unter den dieser gewaltige Schuldenberg passt, den gibt es nicht, sagen Experten. Die Regierungskrise verschärft das Problem. Seit Silvio Berlusconi über keine eigene Mehrheit im Parlament mehr verfügt, ist er praktisch handlungsunfähig. Und das verunsichert Märkte und Anleger. Der Risikoaufschlag für zehnjährige italienische Staatsanleihen stieg zwischenzeitlich auf den höchsten Stand seit Einführung des Euro.
Und dennoch verbreitet die OECD Zuversicht. Weder kurz- noch langfristig würden Italien aus seinen Verbindlichkeiten ernsthafte Probleme erwachsen, wird der Chef-Volkswirt der Organisation zitiert, und auch dafür gibt es einige gute Gründe. Der hohen Staatsverschuldung steht eine geringe private Pro-Kopf-Verschuldung gegenüber und eine hohe Sparquote. Außerdem: Italiens Banken sind relativ unbeschadet durch die Krise gekommen, mussten keine Staatshilfe in Anspruch nehmen. Und schließlich hat Italien mit Giulio Tremonti einen Finanzminister, der die öffentlichen Ausgaben massiv gekürzt hat.
Das Hauptproblem Italiens ist und bleibt allerdings die schwächelnde Konjunktur. Der italienischen Wirtschaft wird gerade einmal ein Wachstum von einem Prozent zugetraut, das ist deutlich weniger als beispielsweise in Deutschland.
Spanien: Die Krise nach dem Immobilienboom
Von Reinhard Spiegelhauer, ARD-Hörfunkstudio Madrid
Spanien ist in erster Linie durch das lange absehbare Platzen der Immobilienblase in Bedrängnis gekommen. Die Baubranche war mehr als zehn Jahre lang Motor der spanischen Wirtschaft, hatte traumhafte Renditen und Wachstumsraten beschert. Die extrem hohe Arbeitslosenquote von rund 20 Prozent ist zu großen Teilen auf verloren gegangene Jobs im Bausektor zurückzuführen. Zusammen mit der weltweiten Krise wirkte sich das auch auf einen anderen bedeutenden Wirtschaftszweig Spaniens aus, den Tourismussektor. Dort ist eine erste Erholung erkennbar. Spaniens Regierung will die Wirtschaft in den kommenden Jahren zukunftsfähig machen – ein überzeugendes Konzept dafür fehlt bislang jedoch.
Spaniens Verschuldung steigt, liegt aber auch in diesem Jahr noch unter dem EU-Durchschnitt und unter der Verschuldung Deutschlands. Hoch ist dagegen das Haushaltsdefizit. Die Regierung hat deswegen Sparprogramme im Volumen von 65 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Die anhaltenden Spekulationen über die Stabilität Spaniens verteuern allerdings die Refinanzierung des Haushaltes immer weiter. Auch hier drohen - ähnlich wie in Portugal - Teile der Einsparungen dadurch aufgefressen zu werden.