Landwirtschaft Das Leid der Spargelbauern
Viele Spargelbauern haben die Saison vorzeitig beendet. Oftmals lohnt sich die Ernte nicht - oder bringt sogar Verluste ein. Landwirte machen dafür auch den Einzelhandel verantwortlich.
In dieser Saison hat Jürgen Jakobs auf 50 Hektar seiner Spargelfelder verzichtet. Normalerweise baut der Spargelbauer aus dem brandenburgischen Beelitz das beliebte Gemüse auf 250 Hektar an. Doch die diesjährige Saison verlief schlecht. Für Jakobs bedeutet das, er wird seinen Spargel nicht los.
Diese Erfahrung machte nicht nur Jakobs. Zahlreiche Spargelbauern aus Deutschland haben ähnliche Probleme: Die Nachfrage nach regional produziertem Spargel ist eingebrochen. Die Ernte habe nur Kosten verursacht - Kosten, die noch so manchen Spargelhof zur Betriebsaufgabe zwingen werden, fürchtet Jakobs. Der Beelitzer Landwirt ist im Verband der Ostdeutschen Spargel- und Beerenobstanbauer (VOSBA) und gut vernetzt in der Branche.
Billigkonkurrenz aus Südeuropa
Eine Umfrage des Netzwerks der Spargel- und Beerenverbände, in dem der VOSBA Mitglied ist, vom Mai zeigt: Mehr als 50 Prozent der Spargelerzeuger schätzen die Absatzsituation als schlecht bis sehr schlecht ein. Und das war schon zu Beginn der Saison.
Für viele Spargelbauern ist der Lebensmitteleinzelhandel das Problem. Anders als bei der Direktvermarktung, bei der die Produzentinnen und Produzenten selbst ihre Preise festlegen können, bieten die Supermärkte Spargel zu niedrigsten Preisen an. Angetrieben von den immer billigeren Angeboten aus Süd- und Südosteuropa, versuchen die Ketten die Abnahmepreise für deutschen Spargel maximal zu drücken. Die meisten deutschen Spargelbauern können da kaum mehr mithalten und geben ihre Ernten auf. Das Ausmaß der aufgegebenen Ernten lässt sich jedoch erst nach Abschluss der Saison einschätzen.
Die Nachfrage ist eingebrochen: Ein nicht abgeerntetes Spargelfeld in Baden-Württemberg.
Von Aufgeben würde Frank Saalfeld allerdings nicht sprechen. Das ist ihm sehr wichtig. Spargel sei eine mehrjährige Pflanze, erklärt der brandenburgische Agrarexperte. Bis zu zehn Jahre kann man ernten. Wenn viele Bauern ihren Spargel jetzt nicht abernten, bleibt die Köstlichkeit trotzdem wertvoll - zumindest aus ökologischer Sicht. Die Spargelpflanze hat mehr Zeit, sich für das nächste Jahr zu regenerieren. Sie treibt aus: Das Spargelkraut schießt in die Höhe und blüht. Gegen Ende des Jahres wird dieses Spargelkraut abgemäht und als natürlicher Dünger untergepflügt.
Günstiger Spargel, trotz gestiegener Kosten
Doch was für die Pflanzen gut ist, bedeutet für die Landwirte erhebliche Einbußen. Wie hoch die sein werden, kann Spargelbauer Jakobs aus Beelitz noch nicht genau beziffern. In den vergangenen Jahren lagen die Produktionskosten für ein Kilo Spargel von hoher Qualität bei fünf bis sechs Euro. Nun werden sie deutlich höher liegen. Inflation, gestiegene Energiepreise, Lieferkettenprobleme wegen Corona und dann auch noch Russlands Krieg gegen die Ukraine - es kommt einiges zusammen.
Die Kosten auf die Verbraucherinnen und Verbraucher umzulegen, kommt für die Spargelbranche allerdings nicht infrage. Die Nachfrage ist ohnehin schon eingebrochen. Und das, obwohl Spargel so günstig sei wie seit fünf Jahren nicht mehr, sagt Jakobs.
Probleme auch bei Erdbeerbauern
Die Ramschpreise des Handels führen nicht nur bei den Spargelbauern zu großen Problemen. Auch die deutschen Erdbeerbauern stöhnen. Den Preiskampf mit den Lebensmittelkonzernen können sie nicht gewinnen. Auch viele Erdbeerbauern ernten deshalb nicht mehr. Und ihr alternatives Geschäftsmodell, die Selbsternte der Verbraucherinnen und Verbraucher gegen Geld, läuft nicht mehr so gut wie in den vergangenen Jahren. Der letzte Sommer war noch von Corona-Einschränkungen geprägt. Entsprechend war das Selbstpflücken eine willkommene Abwechslung.
Jürgen Jakobs hat für seinen Spargelhof im brandenburgischen Beelitz Konsequenzen gezogen. Er wird künftig keine zusätzlichen Flächen mit Spargel mehr bewirtschaften. Noch eine Saison wie diese könnten die meisten Betriebe kaum verkraften, sagt er. Für die nächste Saison sieht die Branche schon das nächste Problem: Den deutschen Mindestlohn. Der sei schon jetzt um das 1,5- bis 2,5-fache höher als etwa in Spanien, Griechenland oder Ungarn. Und er wird weiter steigen - und damit die Produktionskosten für Spargel und Erdbeeren weiter in die Höhe treiben, fürchten die Betriebe.