Debatte über Billigangebote Lebensmittel zum Spottpreis?
Bundesregierung, Handel und Industrie diskutieren über angemessene Preise von Lebensmitteln. Wo liegen die Probleme? Wer profitiert von den Billigpreisen? Was können die Beteiligten tun?
Nicht erst seit dem Spitzentreffen im Kanzleramt gibt es eine Debatte darüber, was Lebensmittel kosten dürfen und kosten müssen. Die Landwirte wollen für ihre Arbeit fair bezahlt werden, die Supermarktketten günstige Angebote machen und die Verbraucher müssen den Geldbeutel im Blick behalten.
Niedrige Preise locken Kunden in die Geschäfte, aber am Ende zahlt oft der Bauer drauf, vor allem wenn Lebensmittel wie Fleisch oder Milch unter den Produktionskosten verkauft werden. Seit Jahren protestieren die Landwirte gegen das Preisdumping und fürchten um ihre Existenz. Hinzu kommen Forderungen nach einer nachhaltigeren Landwirtschaft und artgerechterer Tierhaltung. Und die Verbraucher wollen für all das nicht unbedingt mehr bezahlen.
Wie ist das Verhältnis zwischen Handel und Produzenten?
Die führenden Händler - Edeka, Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe mit Lidl - kontrollieren nach Angaben des Bundeskartellamts zusammen mehr als 85 Prozent des Lebensmittelmarktes in Deutschland. Das gibt den "großen Vier" eine gewaltige Einkaufsmacht. Wer bei ihnen nicht gelistet ist, hat es schwer. Bundeslandwirtschafts- und Ernährungsministerin Julia Klöckner spricht von einem Verhältnis wie David gegen Goliath. Augenhöhe sei nicht gegeben. Und das spiegele sich auch bei den Preisen wider.
Wie sind die Bauern davon betroffen?
Das bundeseigene Thünen-Institut hat nach Daten für das Jahr 2018 errechnet, dass von einem Euro, den der Verbraucher für ein Lebensmittel zahlt, im Schnitt nur knapp 21 Cent beim Bauern ankommen. Vor 20 Jahren waren es demnach noch mehr als 25 Cent. Der Deutsche Bauernverband (DBV) schlägt zudem Alarm, weil auch steigende Betriebskosten den Profit immer weiter reduzierten. Es bestehe große Unsicherheit, so der DBV-Experte Peter Pascher. Drei bis fünf Prozent der Betriebe in der Schweine- und Rinderhaltung geben demnach pro Jahr auf.
Warum setzen Supermärkte auf Aktionen mit Billigpreisen?
Trotz aller Debatten zeigt sich: Viele Kunden lieben Schnäppchen. Für fast zwei Drittel der Bundesbürger sind Sonderangebote beim Einkaufen wichtig, berichtet das Marktforschungsunternehmen Nielsen in einer Studie. Wie empfindlich viele Verbraucher beim Preis sind, erlebte vor einigen Monaten Lidl. Der Discounter wollte nur noch Bananen mit Fairtrade-Siegel verkaufen, die 10 bis 20 Cent mehr pro Kilogramm kosten. Die Kunden kauften ihre Bananen daraufhin bei der günstigeren Konkurrenz. Lidl machte die Aktion rückgängig.
Was sagt der Handel?
Die Branche fühlt sich ungerecht behandelt. Man halte sich an Recht und Gesetz, sagt der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland, Stefan Genth. Lebensmittel würden in Deutschland nicht verschleudert. Hierzulande lägen die Preise rund zwei Prozentpunkte über dem Schnitt der übrigen EU-Staaten. Außerdem gebe es "globale Preisabhängigkeiten". Die landwirtschaftliche Produktion gehe zu einem großen Teil ins Ausland. Und was Wertschätzung und Nachhaltigkeit angehe, steige die Zahl der Bio- und Fair-Trade-Produkte immer weiter an.
Was will die Politik nun tun?
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, es gehe darum, gute Lebensmittel zu verkaufen und dafür zu sorgen, dass Landwirte "auskömmlich" ihr Geld verdienten. Qualität und Umweltauflagen hätten aber auch ihren Preis. Ministerin Klöckner will weitere Gespräche führen. Zudem soll es eine "Kommunikationsallianz" von Landwirten und Handel zur Wertschätzung von Lebensmitteln geben. Ihrer Ansicht nach kann beim Verbraucher keine Wertschätzung für Produkte und Erzeuger entstehen, wenn Fleisch, Obst und Gemüse teils verramscht würden. Der Handel erziehe sich seine Verbraucher und stehe deswegen auch ethisch und moralisch in der Pflicht.