Debatte im Bundestag Managergehälter deckeln - geht das?
Der Bundestag debattiert über die Gehälter von Managern. Die Opposition will sie gerne deckeln, die SPD die Steuervergünstigungen dafür abschaffen. Doch geht das so ohne weiteres? Was sagt die Union und was ist das Nettoprinzip?
Worum geht es?
Ein Manager eines Dax-Unternehmens bekam 2015 im Schnitt etwa 3,3 Millionen Euro im Jahr. Das entspricht fast dem sechzigfachen des Durchschnittseinkommens eines normalen Angestellten. Und die Schere geht weiter auseinander: Vor zehn Jahren lag der Faktor laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung noch bei 42.
Laut einer statista-Umfrage finden drei Viertel der Deutschen die Entlohnung der Manager zu hoch - und fast 90 Prozent halten eine Begrenzung der Managergehälter nach Schweizer Vorbild in Deutschland für nötig. Auch der Abgas-Skandal bei VW hat die Debatte über eine angemessene Bezahlung befördert. Der Konzern hatte Milliarden an Verlust eingefahren, ein drastischen Imageschaden erlitten und die Streichung von Zehntausenden Jobs angekündigt - dennoch erhält das Management weiter Millionengehälter. Jüngst sorgte die Abfindung der ehemaligen Ethikchefin für viel Unmut: Christine Hohmann-Dennhardt hatte nach nur 13 Monaten Arbeit zwölf Millionen Euro erhalten.
Was sind die Forderungen?
Die Linkspartei fordert in ihrem Programm eine "verbindliche Obergrenze für Manager- und Vorstandsgehälter: Das Zwanzigfache der niedrigsten Gehaltsstufe im Unternehmen ist mehr als ausreichend für Spitzenpersonal - auf Anstand zu hoffen, wäre naiv". Diese Position unterstützen laut Umfragen 40 Prozent der Bundesbürger; im Parlament ist jedoch wohl nicht mehrheitsfähig.
Ein anderer Vorschlag erhält dagegen mehr Unterstützung: Die steuerliche Absetzbarkeit von Vorstandsgehältern zu deckeln. Denn Löhne können als Betriebsausgaben steuerlich geltend gemacht werden - die Millionengehälter schmälern so die zu versteuernde Gesamtsumme eines Unternehmens. Diese Regelung wird das Nettoprinzip genannt. Die Grünen haben den Vorschlag eingebracht, künftig "nur noch maximal 500.000 Euro pro Kopf von der Steuer absetzen" zu können. Diese Forderung unterstützen auch SPD und Linkspartei.
Eine andere Forderung ist, die Aktionäre stärker in die Gehaltsverhandlungen einzubinden. In der Großen Koalition gibt es wohl eine Mehrheit für diesen Vorstoß. Redner von Union und SPD betonten im Bundestag, dies sei bereits im Koalitionsvertrag festgelegt.
Experten, wie die Volkswirtin Marion Weckes von der Hans-Böckler-Stiftung, äußern sich im Gespräch mit tagesschau.de jedoch kritisch über das Vorhaben: "In der Hauptversammlung haben institutionelle Anleger häufig eine große Macht. Sie haben aber oft eher kurzfristige Unternehmensziele im Auge, die außerdem nicht immer allen Arbeitnehmern Vorteile bringen."
Was ist rechtlich möglich?
Wie sich diese Forderungen in Gesetzesform gießen lassen, ist jedoch fraglich. SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider erklärte bereits, dass eine allgemeine feste Obergrenze für Managergehälter verfassungsrechtlich nicht möglich sei. Auch unter Experten stößt der Vorschlag auf Ablehnung. So sprach sich etwa der Chef der Regierungskommission für gute Unternehmensführung, Manfred Gentz, gegen die Deckelung per Gesetz aus.
Justizminister Maas fordert ein "festgeschriebenes Maximalverhältnis zwischen der Vergütung von Vorständen und dem durchschnittlichen Gehalt ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer".
Eine Grenze für die steuerliche Abschreibbarkeit von Spitzengehältern hätte dagegen bessere Erfolgsaussichten. Allerdings warnte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bereits, ein solches Gesetz sei "nicht trivial". Dies müsse verfassungsrechtlich gut begründet sein. Auch in der Wirtschaft stößt das Vorhaben auf Kritik. So sagte der Vorsitzende des hessischen Dachverbands der Familienunternehmer, Dirk Martin, im Deutschlandfunk, ein solches Vorhaben sei Symbolpolitik. "Wenn sie solche Gehälter nicht mehr absetzen können, reduziert das den Gewinn - das Unternehmen muss dann weniger Gewinnsteuer zahlen", so Martin. "Das zeigt, wie absurd dieser Vorschlag ist."
Welche anderen Lösungsvorschläge gibt es?
Volkswirtin Weckes regt zwei Änderungen an: Zum einen eine gemäßigte Staffelung der Gehälter zwischen einzelnen Hierarchiestufen. "Damit könnte man etwa festlegen, dass das leitende Personal beispielsweise maximal dreimal mehr verdienen darf, als ein Facharbeiter, und dass die Bezüge des Vorstands wiederum nur um den Faktor fünf über dem des leitenden Personals liegt." Ein solches Modell würde krasse Lohnunterschiede verhindern.
Zum Zweiten könnten die variablen Teile der Managervergütung - die einen großen Teil der Bezüge ausmachen - auch auf alle Arbeitnehmer angewandt werden, und zwar zusätzlich zum Tariflohn. Sprich: Wenn der Vorstandsvorsitzende wegen guter Bilanzzahlen ein Bonus von 50 Prozent seines Fixgehalts erhält, sollte jeder Arbeitnehmer auch 50 Prozent seines Lohns obendrauf bekommen. Das würde die Akzeptanz großer Gehälter verbessern. "Eine gute Unternehmensentwicklung ist immer eine Teamleistung - deshalb sollte nicht nur das Management, sondern alle Angestellten von positiven Kennzahlen profitieren", so Weckes.
Warum verhindern Aufsichtsräte nicht extrem hohe Gehälter?
Die vielzitierte Kontrolle durch Arbeitnehmervertreter funktioniert nur mangelhaft, so Weckes. In vielen Aufsichtsräten gebe es nämlich keine Arbeitnehmervertreter, oder sie stellten nur eine Minderheit der stimmberechtigten Personen. Und selbst in paritätisch besetzten Gremien kann der Aufsichtsratsvorsitzende - den in der Regel die Arbeitgeberseite bestimmt - von seinem Doppelstimmrecht gebrauch machen. Arbeitnehmervertretern haben somit oft nicht die ausreichenden Stimmrechte, um Millionengehälter für die Vorstandsetagen zu verhindern. Zudem sitzen in vielen Aufsichtsräten Personen, die in anderen Unternehmen Vorstandsposten haben. Sie stehen dieser Seite sehr nah und haben deshalb nur wenig Interesse die Bezüge von Vorständen zu begrenzen.
Wo stehen deutsche Manager im internationalen Vergleich?
Die durchschnittlichen Gehälter der Vorstandsvorsitzenden von Dax-Unternehmen liegen laut einer Studie der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz mit 5,1 Millionen Euro im Mittelfeld - in Frankreich lag der Durchschnitt mit 4,7 Millionen Euro etwas niedriger, in der Schweiz mit 6,8 Millionen Euro etwas höher. Deutlich mehr wurde in den USA gezahlt. Die Chefs der Konzerne im Dow Jones Industrial Average (DJIA) bekamen im Schnitt rund 16 Millionen Euro. Die Spitzenverdiener liegen jedoch weit über diesem Durchschnitt: So erhielt Walt-Disney-Chef Robert Iger knapp 40 Millionen Euro.
Daimler-Chef Dieter Zetsche ist der Spitzenverdiener unter den Dax-Managern: Er erhielt 2015 rund 8,5 Millionen.
Was ist mit anderen Spitzenverdienern wie Fußballstars?
Ein großer Kritikpunkt ist die geringe Tragweite der Debatte im Bundestag. Denn sie bezieht sich nur auf börsennotierte Unternehmen. Dabei gibt es noch viele andere Unternehmen und Institutionen, die ihren Spitzenkräften bisweilen Millionengehälter zahlen, etwa Anwaltskanzleien, Sparkassen oder gutgehende GmbH.
Spitzensportler, wie die Fußballer der führenden Bundesliga-Teams und deren Berater, verdienen teilweise sogar deutlich mehr als Dax-Manager. So soll Nationalspieler Thomas Müller laut Medienberichten 16 Millionen Euro von Bayern München bekommen. Inklusive sonstiger Einnahmen, wie Werbeerlösen, beläuft sich sein Jahreseinkommen auf über 23 Millionen Euro. In welchem Faktor das zum Durchschnittseinkommen eines Bayern-Fans steht, wäre sicherlich interessant zu errechnen.
Thomas Müller soll mit rund 23 Millionen Euro der bestverdienendste Fußaller in Deutschland sein.