Reform der Mehrwertsteuer EU will "Betrugskarussell" stoppen
150 Milliarden Euro gehen der EU jedes Jahr durch die Lappen - und das nur, weil seit 1993 keine vernünftige Regelung zur grenzüberschreitenden Besteuerung existiert. Finanzkommissar Moscovici spricht gar von einem "Betrugskarussell".
Der Vertrag von Maastricht im Jahr 1993 schafft die EU, den gemeinsamen Binnenmarkt und gibt allen EU-Bürgern Freizügigkeit in der gesamten Union. Und die Pet Shop Boys legen mit "Go West" die Blickrichtung der Welt fest.
Eine kleines, aber wichtiges Detail wird nicht geklärt - wie grenzüberschreitende Besteuerung innerhalb der EU geregelt ist. Man einigt sich auf eine Zwischenlösung: keine Mehrwertsteuer auf Warenverkehr zwischen EU-Ländern.
50 Milliarden Euro Betrug?
Und diese Regelung gilt bis heute - sehr zum Ärger von EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici. Weil den EU-Ländern dadurch laut Erhebungen der Kommission 150 Milliarden Euro pro Jahr entgehen. Ein Drittel davon sind Betrug, sagt der Franzose: "Das ist der größte Betrug in der EU überhaupt: 50 Milliarden Euro."
Ein Betrug, der recht einfach funktioniert und sogar einen lustigen Namen trägt: Ein "Betrugskarussell", so Moscovici. Scheinfirmen in verschiedenen EU-Ländern schieben sich gegenseitig Waren zu, ohne Mehrwertsteuer zu bezahlen. Irgendwann werden die Waren dann tatsächlich, also ganz real verkauft - und die Mehrwertsteuer draufgeschlagen. Diese wird dann aber nicht ans Finanzamt weitergegeben, die entsprechende Firma verschwindet oft einfach spurlos. "Das passiert tagtäglich in der EU, deswegen ist der finanzielle Schaden so groß", erklärt Finanzkommissar Moscovici.
"Ein Binnenmarkt, eine Mehrwertsteuerregelung"
Die Kommission will das nun mit einer ambitionierten Reform der Mehrwertsteuer beheben. Im Kern, so Moscovici, steht ein Grundprinzip: "Ein Binnenmarkt, eine Mehrwertsteuerregelung."
In Zukunft soll die Abgabe auch auf Handel zwischen EU-Ländern anfallen, um das "Betrugskarussell" zu stoppen. Abgewickelt werden soll die Mehrwertsteuerbezahlung über ein neues Onlineportal, leicht und unbürokratisch zu nutzen für ehrliche Unternehmer, die dadurch Millionen an Kosten sparen würden.
Gleichzeitig würde sichergestellt, dass die Länder, wo die Mehrwertsteuer bezahlt werden müsste, sie auch gezahlt wird, weil sich die Mitgliedsstaaten gegenseitig unterstützen.
EU-Mitgliedsländer müssen jetzt entscheiden
Alles gar nicht so schwer, erklärt der Finanzkommissar, vor allem der Kampf gegen den Steuerbetrug: "Sofern Mitgliedsländer endlich die Steuerunterschiede an ihren Grenzen aufheben würden."
Das EU-Parlament verlangte die Reform schon 2016, nun liegt die Sache bei den Mitgliedsländern. Die müssen entscheiden, ob sie in Sachen Mehrwertsteuer Kontrolle abgeben. Bis 2019, so die Kommission, könnte das verbesserte System dann an den Start gehen. Egal, wer dann die Charts anführt.