Antrittsbesuch des Italieners in Berlin Monti geht es bei Merkel um mehr als nur Wirtschaft
Würde Kanzlerin Merkel mit Italiens Regierungschef Monti koalieren statt mit der FDP - die Finanztransaktionssteuer wäre kein Streitthema. Gesprächsstoff haben Merkel und Monti für ihr heutiges Treffen in Berlin dennoch genug, Stichwort: Schuldenkrise. Und dann ist da noch ein ganz anderes Thema...
Von Stefan Troendle, ARD-Hörfunkstudio Rom
Im Mittelpunkt des Gesprächs zwischen Ministerpräsident Mario Monti und Bundeskanzlerin Angela Merkel stünden bilaterale und internationale Themen, die Lage in der Eurozone sowie die wirtschaftliche Entwicklung in Europa, heißt es - hübsch neutral - in der Erklärung des Bundespresseamts.
Tatsächlich geht es um sehr viel mehr. Es geht um die offizielle Normalisierung der deutsch-italienischen Beziehungen nach dem Abtritt von Skandal-Premier Silvio Berlusconi. Noch vor zehn Tagen hatte dessen Familienzeitung "il giornale" tatsächlich das schon lange im Internet kursierende Gerücht bestätigt, Berlusconi habe Merkel einmal als "Culona" - als "Pferdearsch" - beleidigt. "È stata la culona" lautete die Überschrift des Artikels, in dem gemutmaßt wurde, Merkel habe Berlusconi durch Telefonate mit Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano abgesägt. Dass es diese Anrufe gab, unabhängig vom Effekt, war übrigens kein Geheimnis, dass das Klima am Ende ziemlich frostig war, ebenfalls nicht.
Monti für Finanztransaktionssteuer
Wohl nicht ohne Grund hat Monti die Hauptaufgabe seiner Regierung erst kürzlich sehr diplomatisch so beschrieben: "Wir sind alle dabei, Vorurteile abzubauen, die die Welt und Europa über Italien haben. Wir wissen zwar, dass die falsch sind, aber wir müssen auch die anderen davon überzeugen."
Und da dürfte Monti heute vermutlich einen guten Schritt weiterkommen - im Gegensatz zu seinem Vorgänger unterstützt er nämlich die Pläne nach der Einführung einer Finanztransaktionssteuer. "Ich habe signalisiert, dass die italienische Regierung dafür offen ist. Wir sind bereit, daran zu arbeiten, allerdings - und da stimme ich nicht mit Sarkozy überein - niemals im Alleingang nur für Italien. Doch wir sind in einer Phase, wo es uns sehr interessiert mit Deutschland, Frankreich und anderen Ländern eng zusammenzuarbeiten."
Über diese Zusammenarbeit dürften Monti und Merkel heute wohl ausführlicher sprechen und angesichts des Koalitionsstreits wohl auch darüber, in welchem Rahmen - Eurozone oder Gesamt-EU - so eine Steuer denn kommen könnte.
"Italien verhält sich nicht unverantwortlich"
Um das erst vor kurzem verabschiedete Sparpaket dürfte es wohl auch noch einmal gehen - und darum, wie Monti das Wachstum der italienischen Wirtschaft ankurbeln will. Er gibt sich dabei durchaus selbstbewusst: "Ich möchte Deutschland und Frau Merkel zwei Dinge darlegen: Erstens, Italien ist weit davon entfernt, unverantwortliches Verhalten an den Tag zu legen. Die Reife, mit der alle Italiener die harten Sparmaßnahmen, wenn auch ungern, angenommen haben, kann als Vorbild für andere Länder dienen. Zweitens werde ich Frau Merkel beweisen, dass auch und vor allem Deutschland von der europäischen Integration, von dem Europäischen Binnenmarkt und vom Euro profitiert.
Ein Italiener mit britischem Humor
Dass beim gemeinsamen Auftritt mit Italiens Ministerpräsident etwas schief gehen könnte, darüber braucht sich die Kanzlerin jedenfalls künftig keine Sorgen mehr zu machen. Monti verfügt über einen sehr feinen, fast britisch anmutenden Humor und spottet eher über sich selbst: "Eine Zeitung schrieb kürzlich: 'Der neue Ministerpräsident Mario Monti ist der ideale Schwiegersohn, weil er wenig redet, sich seriös und einfach anzieht und keinen Lärm macht.' Ich glaube in den Augen der Deutschen ist damit schon mal das Wichtigste erledigt."