Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf Richter kippen Befreiung von Netzentgelten
Dass die größten Stromverbraucher in Deutschland von der Gebühr für die Nutzung der Stromnetze befreit sind, sorgt seit langem für Diskussionen. Nun kippte das Oberlandesgericht Düsseldorf diese Regelung. Zwar ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig. Doch die Argumente des Gerichts sind eindeutig.
Die von der schwarz-gelben Koalition beschlossene Befreiung der größten Stromkunden von den Netzengelten ist vor Gericht gescheitert. Das Oberlandesgericht Düsseldorf erklärte die entsprechende Verordnungsregelung für nichtig. Der Vorsitzende Richter Wiegand Laubenstein erklärte in seiner Begründung, dass das Energiewirtschaftsgesetz in seiner derzeitigen Fassung keine ausreichende Grundlage für die Befreiung von Netzentgelten biete. Durch eine Verordnung könne lediglich die Berechnungsmethode und damit die Höhe der Gebühr festgelegt werden. Eine vollständige Befreiung, von der seit dem Jahr 2011 stromintensive Unternehmen profitierten, sei dagegen nicht möglich.
Formale Fehler bei Bundestagsbeschluss
Darüber hinaus entschied das Gericht, dass schon die Änderung der zugrundeliegenden Verordnung durch den Bundestag formale Fehler aufwies und nicht korrekt zustande gekommen sei. Zudem sei eine vollständige Befreiung von den Netzentgelten aus Gleichheitsgründen nicht zulässig. Überdies meldete das Gericht noch europarechtliche Bedenken an.
Fünf Netzbetreiber hatten gegen die Befreiung der großen Stromverbraucher von der Netzgebühr geklagt. Sie erhielten nun vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf Recht. Allerdings ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig. Innerhalb eines Monats kann dagegen Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt werden.
EU-Kommission leitet Beihilfeverfahren ein
Wenige Stunden vor der Entscheidung hatte die EU-Kommission angekündigt, die Befreiung der Strom-Großverbraucher von Netzentgelten prüfen zu wollen. In einem Verfahren solle untersucht werden, ob es sich um verbotene staatliche Beihilfen handle, die zu einer Wettbewerbsverzerrung führen könnten.
Unternehmen und andere große Stromverbraucher müssen seit 2011 die Netzengelte in Deutschland nicht bezahlen. Teilweise werden auch Rabatte gewährt. Die Gebühr wird für die Nutzung des Stromnetzes erhoben. Das durch die Priviliegien für Großkunden fehlende Geld müssen Privatkunden und andere Stromverbraucher durch eine Umlage auffangen und mitfinanzieren. 2011 wurden laut Bundesnetzagentur 202 Unternehmen ganz von den Netzentgelten befreit. Für 2012 liegen noch keine Zahlen vor. Schätzungen zufolge sparten die größten Abnehmer durch die Komplettbefreiung von den Netzentgelten insgesamt etwa 300 Millionen Euro.
Aktenzeichen: VI-3 Kart 14/12, VI-3 Kart 65/12, VI-3 Kart 49/12, VI-3 Kart 43/12, VI-3 Kart 57/12